Samstag, 18. Dezember 2010

Winterpaddeln

Nach einer langen Pause bin ich heute mal wieder aufs Wasser gekommen. Dieser Winter läuft paddeltechnisch nicht optimal. Das Wetter ist entweder allzu widrig oder ich habe keine Zeit oder ich bin krank. Diesen Umständen ist es auch geschuldet, dass ich eine Jahresabschlussfahrt immer noch nicht machen konnte. Aber heute sind alle Unebenheiten geglättet und ich habe mich mit Jörg und Sabine zum Paddeln verabredet.

Die Boote zum Steg zu schaffen ist wieder sehr einfach, weil der Weg dorthin fast vollständig dick mit Schnee bedeckt ist. Nur direkt an der Kiellinie ist allzu gut geräumt, so dass man sie ein paar Meter tragen muss. Der Steg ist natürlich auch dick verschneit und man muss höllisch aufpassen, das man beim Einsteigen nicht direkt in die Förde glitscht.



Wir sind dick eingepummelt und nehmen uns vor, nicht allzu schnell zu paddeln, damit wir nicht über die Maßen in Schweiß kommen. Man muss übrigens wissen, dass rote Tonnen im Winter ziemlich weiß sind, ebenso wie grüne, wobei die grünen noch grüner sind als die roten rot. Die Ufer sind romantisch weiß und es herrscht eine unglaubliche Stille. Keine Schiffe auf dem Wasser, keine Spaziergänger an Land. So als  wären alle am letzten Samstag vor Weihnachten noch einmal unterwegs, die restlichen Geschenke kaufen oder Glühwein nachtanken. Wir freuen uns drüber.



Im Windschatten des Friedrichsorter Leuchtturmes machen wir kurz Pause und lassen und den heißen Tee und den Honigkuchen schmecken. Aber schnell kriecht die Kälte durch die kleinsten Ritzen und vertreibt die Behaglichkeit aus dem Trockenanzug. In Bewegung war uns warm, aber hier kann man es nicht mehr länger leugnen: die Lufttemperatur ist minus vier Grad. Da werden die ungeschützten Hände im Nu eiskalt. So bleibt die Pause nur von kurzer Dauer und es braucht ein paar Meter in Wallung, bevor uns wieder einigermaßen warm ist.


Auf der Rücktour kommt sogar die Sonne für drei Sekunden hinter den Wolken hervor - kurz bevor wir einem Frachter, der aus der Kanalschleuse ausfährt, die Vorbeifahrt ermöglichen müssen. Mit der Color Fantasy, die uns kurz vor Schluss unserer Fahrt noch entgegenkommt, waren dies die beiden einzigen Schiffe, die auf der Förde unterwegs waren. Das Weihnachtsgeschäft ist im Schiffsverkehr wohl längst abgewickelt.An Sabines Mütze haben sich Einzapfen gebildet und alle Aufbauten unserer Boote sind dick mit Eis überzogen.



Das Wasser ist dieses Jahr schon verdammt früh sehr kalt: 2 Grad hat es noch. So kalt ist es sonst erst im Januar, in milden Jahren nie. Ich fürchte, es wird nicht mehr lange dauern, bis das erste Eis auf der Förde auftaucht. Aber heute will ich noch kurz eine Rolle machen, um mal zu sehen, wie sehr denn zwei Grad so in die Stirn beißen - und wie gut mein Trockenanzug bei solchen Temperaturen ist. Jörg und Sabine halten sich vornehm zurück und sind voller Respekt, dass ich so tapfer bin. Aber nachdem ich mich ins Wasser geschmissen habe, kurz unterm Boot hänge und hochgerollt bin, finde ich es eigentlich etwas zu harmlos, mit einem pottendichten Anzug und eng anliegender Neoprenhaube solche Spielchen zu machen. Ein ausgesprochen beruhigendes Gefühl, auch in einem Unglücksfall fern der Heimat nicht soviel Wärme verlieren zu müssen, das ein Nach-Hause-Paddeln schwerlich möglich wäre. Bleibt nur die Frage, ob sich der Unglücksfall immer rechtzeitig genug ankündigt, damit ich hinreichend Zeit habe, meine Neoprenhaube aufzusetzen!