Die Sache mit der logistischen Organisation der Rückfahrt ist immer etwas aufwendig, aber letztlich nicht wirklich kompliziert. Allerdings hat die Stadt diesmal alles daran gesetzt, mich daran zu hindern, rechtzeitig zum Treffzeitpunkt am Klub zu erscheinen: Im Vorfeld der Feierlichkeiten zum 30. Jubiläum der Deutschen Wiedervereinigung waren alle Straßen, die ich hätte nehmen können, gesperrt. Letztlich habe ich mein Auto irgendwo in der Reventlou-Allee geparkt und bin die letzten fünfhundert Meter mit meiner Paddelkiste unterm Arm zu Fuß zum Klub gelatscht. Die anderen kamen von Süden und hatten mehr Glück mit dem Durchkommen. Auch um die drei Autos dann aus Kiel rauszuwinden, müssen wir uns einiger Verbotsübertretungen bedienen, weil wir sonst nie zum Ziel gekommen wären. Dafür lässt sich bei der Rückfahrt der grimmig dreinblickende Wächter an der Absperrung in Sichtweite vor unserem Vereinsgelände überraschend schnell überreden, uns Durchlass zu gewähren.
Die Boote werden sorgfältig mit unterschiedlichen Ausführungen von Leuchtmitteln geschmückt und (fast) pünktlich um 17 Uhr legen wir ab in Richtung Norden. Als erstes müssen wir uns durch ein Feld von Segelyachten kämpfen, die offensichtlich an einer Regatta teilnehmen. Im Eifer des Gefechts hat eine Yacht ihren Spinnacker falsch herum montiert! Funktioniert aber auch so!
Das Wasser der Förde ist heute unheimlich braun. Eine Folge des vielen Regens der vergangenen Tage. Aber entgegen der Wettervorhersage von gestern hat bis jetzt den ganzen Tag die Sonne geschienen. Allerdings ist nach der heutigen Vorhersage für den späteren Abend doch noch ergiebiger Regen angekündigt. Der Wind kommt erstaunlich südlich und schiebt uns mit frischen fünf Beaufort aus der Förde heraus.
Nördlich des Friedrichsorter Leuchtturms habe ich ordentliche Wellen erwartet, aber komischerweise sind sie hier kleiner als in der Heikendorfer Bucht. Der Himmel hat sich mittlerweile ziemlich zugezogen und ich versuche verzweifelt, die Glockentonne auszumachen. Es sind unheimlich viele Tonnen zu sehen, die da eigentlich gar nicht hingehören, aber die Glockentonne ist nicht darunter. Des Rätsels Lösung ist, dass mal wieder ein umfangreiches Sperrgebiet eingerichtet wurde, in dem der Meeresgrund nach unguten Hinterlassenschaften aus dem Krieg abgesucht wird. Dort, wo normalerweise unsere klingelnde Wendemarke liegt, dümpelt nun eine rot gestreifte, gelbe Sperrgebietstonne rum.
Die Yacht birgt gerade den Kite-Surfer - die Stena tuckert nach Schweden |
Im Hintergrund die krass beleuchtete Aida (Foto: Mona) |
Obwohl wir nach der Pause an der Ansteuertonne deutlich langsamer unterwegs sind, sind wir bereits um halb neun am Strand zwischen der 13. und 14. Laterne. Der Regen, der quasi mit dem Sonnenuntergang eingesetzt hatte, hatte in der Zwischenzeit ausgesetzt - nur um genau jetzt wieder anzufangen! Zum Glück gibt es hinterm Deich ein Toilettenhäuschen, das wir nutzen, um uns in trockene Kleider zu schmeißen. Die Kleider bleiben allerdings nicht wirklich trocken, weil das Verstauen der Boote auf mein Auto seeehr lange dauert - und der Regen seeehr ergiebig ist. So muss ich Ingrid um ein Handtuch bitten, das ich mir unterlegen kann, um nicht ihre schönen Polsterstühle zu ruinieren.
Ingrid freut sich sichtlich, dass es geklappt hat mit dem Besuch und sie mal wieder "junge" Leute in der Bude hat. Um diese Jahreszeit tanzt in Schönberg nicht unbedingt der Bär und sie ist meist recht alleine in dem Haus. Sie versorgt uns mit Unmengen leckeren und heißen Tees - wir steuern Bienenstich und Negerküsse bei. Es wird wild geschnattert über dies und das und vor allem übers Paddeln, und Mona und Ingrid stellen fest, dass sie gemeinsame Bekannte in Hamburg haben. Als wir uns nach elf auf den Heimweg machen, haben wir die Einladung im Gepäck, nächstes Jahr wiederkommen zu dürfen. Das will ich gerne in Angriff nehmen!