Sonntag, 22. Mai 2011

"Heute wird es schön...

... aber morgen wird's ungemütlich!" So lautete gestern die Schlagzeile der Kieler Nachrichten. "Morgen" ist also heute und wir sind gespannt, was da so auf uns zukommt. Für eine Fahrt zum Leuchtturm stehen die Zeichen nicht günstig, denn es soll Gewitter geben und Böen mit sieben bis acht Beaufort. Gestern wäre ganz klar die bessere Wahl gewesen - ging aber nicht.
Zu Beginn herrschte eitel Sonnenschein

Wie immer stellt sich die Frage nach der Kleidung, weil es bei der Abfahrt zwar mollig warm ist, die Aussicht auf Gewitterschauer aber damit konkurriert. Wir entschließen uns für leichte Kleidung, führen aber Paddeljacke und Südwester griffbereit mit (auch ich habe ihn diesmal dabei!). Ein kaum spürbarer Südwind unterstützt uns auf dem Weg nach Norden, so dass wir beständig über acht Stundenkilometer fahren, wie mir mein GPS mitteilt. Ich lasse es die ganze Zeit mitlaufen, merke aber erst hinterher, dass ich das Aufzeichnen des Tracks nicht eingeschaltet habe. Das lag schlicht daran, dass ich die kleine Schrift auf dem Gerät nicht lesen konnte und die beiden Optionen "An" und "Aus" verwechselt habe. Ich muss auf lange Sicht mal sehen, wie ich mir eine Brille an die Schwimmweste binden kann. Zum Glück ist Jörg kurzsichtig und ich bin weitsichtig, so dass wir uns im Ernstfall, sollten wir beide unserer Brillen verlustig gehen, gegenseitig helfen könnten. So ist das, wenn Greise aufs Wasser gehen!

Ankunft in Bülk
Vor Bülk machen wir eine ausgiebige Pause, bleiben aber im Boot. Während wir unseren Proviant verputzen, treiben wir langsam auf den mit Anglern besetzten Molenkopf zu. Ich wundere mich, dass wir nicht angepfiffen werden, aber wir machen uns schließlich freiwillig aus dem Staube.

Als wir unsere Rücktour antreten, sind wir noch guter Hoffnung, dass wir es vielleicht komplett im Trockenen zurück schaffen könnten. Es ist lediglich eine einzige Kummuluswolke zu sehen, und die sieht noch nicht sehr bedrohlich aus. Als wir in der Strander Bucht eine Segelyacht überholen, auf der ein Regattaschiedsgericht postiert ist, machen sie uns drauf aufmerksam, dass "Schietwetter aufzieht". Es ist nun nicht mehr zu übersehen, dass sich hinter Schilksee etwas zusammenbraut. Der Wind hat auch deutlich aufgefrischt. Aber es ist noch nicht akut. Ich beobachte die Szenerie die ganze Zeit und muss erkennen, dass es sich - natürlich wie immer - schneller entwickelt, als man glauben will. Da wir recht weit draußen fahren und ich weiß, dass Gewitterböen, wenn sie denn einmal kommen, heftig sind, ändere ich meinen Kurs, um schneller dicht unter Land zu kommen.
Das Wasser kocht!

In unmittelbarer Nähe zum Strand kramen wir unsere Paddeljacken und Südwester raus. Wir haben sie gerade auf, da setzt auch schon heftigster Gewitterregen ein mit böigem Wind aus einer um 180 Grad geänderten Richtung. Es grummelt auch schon, aber wir wollen, solange es geht, noch weiterfahren. Hier gibt es absolut keine Möglichkeit, sich unterzustellen. In ein paar hundert Metern ist eine Segelschule, dort könnten wir mehr Glück haben. Während wir im komfortablen Schutz des Steilufers durch den fulminanten Regen paddeln, beobachtet Jörg eine Jolle, die von einer Bö jäh umgerissen wird. Die beiden Segler schwimmen im Wasser Richtung Ufer. Sie könnten es leicht schaffen, aber sie versuchen, ihre Jolle zu ziehen und gegen die heftigen Böen haben sie nicht den Hauch einer Chance. Als ich sehe, dass sie mit der Jolle rausgetrieben werden, fahre ich hin. Das Wasser ist immer noch zu kalt, um hier lange Spierenzchen zu machen. Die beiden wollen ihre Jolle aber nicht aufgeben und bitten mich, ihnen beim Ziehen zu helfen. So schleppen wir unerwarteter Weise ein Segelboot hinter uns her und ich ärgere mich, dass ich mein erstklassiges Schleppgeschirr zu Hause gelassen habe und stattdessen mit einer zweitklassigen Gummileine von Jörg agieren muss!
Da hinten war eben noch Schilksee!

Nach der Front klart die Sicht in wenigen Minuten auf und der Wind legt sich wieder. Den Rest der Strecke legen wir wieder bei bestem Wetter zurück. Die schöne Tour wird mit einem Stück Kuchen und Kaffee bzw. Kakao im Pennekamp gemütlich beendet. Erst als ich mit dem Fahrrad nach Hause fahre, werde ich von einem ausgedehnten Wolkenbruch geduscht.

Sonntag, 15. Mai 2011

Mit GPS zur Tonne 4

Unser Nachbarverein feiert heute seinen 90. Geburtstag. Da bin ich eingeladen und da will ich auch gerne hingehen. Und wenn ich schon mal am Klub bin, kann ich ja auch gleich die Gelegenheit nutzen und paddeln gehen. Zuerst muss ich aber noch geduldig die vielen Reden durchstehen, die sich natürlich alle etwas in die Länge ziehen. Ich hätte nach den Bootstaufen gehen können, aber da wir eine lange Tour machen wollten, musste ich unbedingt noch mal hochgehen, um mir mit "ein paar" Schnittchen eine solide Grundlage für das Kommende zu verschaffen.

Außer Jörg ist heute mein frisch programmiertes GPS-Gerät mit von der Partie. Ich muss schließlich den Umgang damit üben, damit er mir im realen Einsatzfall leicht von der Hand geht. Ich habe eine Route eingegeben, der ich gerne folgen möchte, um zu sehen, wie sich das anfühlt und wie man mit Änderungen umgeht.

Wir hatten überlegt, die Tour am Samstag zu machen, haben sie aber wegen der Wettervorhersage, die mit Gewitterschauern drohte, um einen Tag auf den Sonntag verschoben. Wir sind etwas am zweifeln, ob das eine gute Idee war, denn nur wenige Minuten, nachdem wir auf dem Wasser sind, setzt der erste heftige Regenschauer ein. Und der Wind ist irgendwie auch nicht von schlechten Eltern. Da ich natürlich wieder viel zu hektisch meine Sachen gepackt habe, habe ich auch wieder etwas vergessen: meinen Südwester. Ich bereue es schmerzlich!

Und natürlich fallen wir wieder in unseren alten Trott, dass wir viel zu schnell fahren und uns verausgaben. Jörg ist es diesmal, der darauf aufmerksam macht und ein langsameres Tempo anmahnt. Das müssen wir echt üben! Es gehen noch hin und wieder einige Schauer über uns nieder aber wir folgen stur der durch das GPS vorgegebenen Route. Es ist wirklich praktisch, immer genau die Abdrift erkennen zu können - aber mit der Auswahl der angezeigten Daten muss ich noch experimentieren. Wir wollen zwar ausdrücklich etwas weiter als bis zur Glockentonne fahren, aber da Kiel Leuchtturm für heute außer Frage steht, loche ich die Tonne 4 als nächsten Wegpunkt ein. Etwa 20 Minute bis wir da sind, sagt mein GPS. Es soll verdammt genau recht behalten!
Jenseits von Laboe geht eine wirklich lebhafte See. War der Wind vorhin zwischen den Schauerfronten immer recht schwach, so ist er jetzt auf hohem Niveau eingerastet. Es macht Spaß, in den Wellen zu spielen. Für eine Pause am Scheitelpunkt unserer Tour ist das Wasser aber allzu ungemütlich. So fahren wir wieder bis zum Strand nach Möltenort zurück, wo wir die Boote nur auf den Sand setzen aber nicht aussteigen.
Natürlich hat sich die Windrichtung nicht die Spur zu unseren Gunsten entwickelt, so dass wir die ganze Zeit gegenan keulen müssen. Die Windgeschwindigkeit liegt leider auch deutlich über den vorhergesagten vier Beaufort. Am Ende der Tour waren es laut GPS gute 25 Kilometer bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 6,9km/h. Das ist ziemlich hurtig. Aber auf Helgoland bezogen ist es leider nur die halbe Miete - und eine zweite solche Hälfte ist bei derartigen Verhältnissen nicht drin!