Wie es aussieht, geht es uns allen dreien ganz ähnlich - nur dass wir nicht wie Ismael unseren ganzen Lebensweg umbiegen, um fortan auf der "Pequot" einem weißen Wal hinterher zu jagen. Wir begnügen uns damit, ein klitzekeines Wochenende dem Alltag zu entkommen, in unseren klitzekleinen Booten über die Ostsee zu schippern, ein bisschen Wind der ganz großen Freiheit durch unsere Gemüter wehen und unsere Seelen durch die Sonne von Samsö wärmen zu lassen.
Die Wettervorhersage hat für das gesamte Wochenende sehr südliche und ein wenig östliche Winde angekündigt, aber alles innerhalb eines zu bewältigenden Rahmens. So müssen wir uns also nicht wie vor zwei Jahren ein neues Ziel suchen, sondern können die im Laufe der lockeren Abstimmung aufgekommene Option "Samsö" tatsächlich in Angriff nehmen. "100 Kilometer - drei Tage? Das kann man doch schaffen!" Trenk ist noch im "Was kostet die Welt?"- und "Wir sind schließlich starke Paddler!"-Modus als ich ihm am Donnerstag Abend die Komplett-Umrundung Samsös ausreden will. "Okay - wir fahren los und sehen, wie weit wir kommen.". Er wäre auch schon am Donnerstag Abend losgefahren, aber auch das hatten wir bereits als nicht "urlaubskompatibel" abgelehnt. So mache ich mich mit Peter am Freitag Morgen daran, unsere Navi-Apps dazu zu überreden, uns zu Trenks Domizil zu leiten. Das beginnt schon mal mit einer Auseinandersetzung mit der Navi-Stimme darüber, wie man am besten aus Kiel heraus findet. Wir machen der Dame im Gerät auf höfliche Art klar, dass wir uns hier besser auskennen und hoffen, dass sie uns diese Überheblichkeit nicht übel nimmt, wenn wir uns später auf uns unbekanntem Terrain befinden. Nach Passieren der Landesgrenze muss Peters App die Navigation übernehmen, denn die hat Offline-Karten zur Verfügung - und außerdem hat sie auch die angenehmere Stimme!
In Hov steht uns eine neue Mauer im Weg, die verhindert, dass wir bequem nahe am Strand parken können. Hier sollen neue Ferienhäuser gebaut werden, also müssen wir auf dem Parkplatz des Fähranlegers bleiben. Wir machen noch einen halbherzigen Versuch, die Abfahrtzeiten der Fähre von Samsö herauszubekommen, haben aber keinen wirklichen Erfolg. Das hätte man natürlich auch im Internet nachsehen können, aber Planung - das Thema hatten wir ja schon. Die großen Mengen angespülten Tangs und Seegrases stinken bestialisch, als wir unsere fertig gepackten Boote darüber tragen. Von unserem Ziel ist nicht das geringste zu sehen - die Sicht beträgt nur eine halbe Handvoll Kilometer. Weil heute der Tag mit dem schwächsten Wind sein soll und er durchgehend von Süden wehen wird, wollen wir erst einmal bis zum Leuchtturn Vesborg, ganz im Süden von Samsö fahren. Das sind etwa 24 Kilometer, danach sehen wir, wie weit Tagesform und -licht uns noch lassen.
Den Rest des Abends genießen wir die untergehende Sonne, die Stille, die Rouladen mit Spätzle und den aufgehenden Mond. Allerdings zeigen der lange Arm des Alltags und die nicht anstrengungsfreie Überfahrt bald ihre Wirkung: um halb Acht stellen meine Begleiter fest, dass es bereits stockduster und damit Zeit ist, ins Bett zu gehen! Ich liege noch eine Weile im offenen Zelteingang und schaue dem Halbmond dabei zu, wie er seine Bahn über das Firmament zieht und das Wasser dabei zum Funkeln bringt. Das Rauschen der Wellen gehört zur Stille, die durch nichts sonst gestört wird. Nur ab und zu tuckert eine Fähre vorbei.
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