Sonntag, 26. März 2017

Zelt und Schlafsack? Hoffnungslos überbewertet! (3/3)

Da wir heute eine erkleckliche Strecke bewältigen müssen, haben wir uns vorgenommen, früh aufzustehen und um 9 Uhr auf dem Wasser zu sein. Bis nach Fynshav sind es fast dreißig Kilometer, und die zurückzulegen, dauert seine Weile. Es ist wieder leidlich frisch heute Morgen und diesig, so dass die Sicht nicht sonderlich weit reicht. Aber es ist windstill - absolut windstill!

Es steht nichts mehr auf dem Programm, was wir erledigen müssten. Da Trenk mich davon überzeugen konnte, dass ich meine Paddelstulpen gar nicht mit auf die Tour genommen sondern sie im Auto gelassen habe, müssen wir auch nicht mehr Lyö anlaufen um nachzusehen, ob ich sie dort liegen gelassen habe. Das einzige, was es zu bewältigen gibt, sind die 30 Kilometer bis zu unseren Autos. Ich nehme erstmalig auf dieser Tour mein GPS zu Hilfe, um die Peilung auszumessen, denn wir wollen direktemong fahren. Im Rahmen unserer Navigationsgenauigkeit ist das 270 Grad, oder anders gesagt, genau West. Das ist einfach zu steuern und erleichtert das Kurshalten. Aber die Angelegenheit wird eine gute Übung in Geduld werden, denn es  wird sich über gute vier Stunden nichts ändern und wegen der trüben Sicht und des großen Abstandes zum Ufer auch dem Auge kein Reiz bieten. Am Ende des Tages wird eine "270" fest auf meiner Netzhaut eingebrannt sein!

Die erste Abwechslung ergibt sich, als ich nach zwei Stunden mitten auf dem kleinen Belt meine Pause einfordere. Ich mache immer nach zwei Stunden eine Pause und schließlich habe ich meine Stulle geschmiert, die vor Ankunft gegessen sein will! Die nächste Abwechslung folgt, als sich das Wetter ziemlich unvermittelt und ziemlich durchgreifend "bessert". Die Sonne bricht durch und bald ist der Himmel mehr Blau als Weiß. Allein, wir wissen nicht, ob wir uns darüber freuen sollen. Jedesmal, wenn die Wolken die Sonne freigeben und sie ungehindert auf uns niedersengt, geht meine Lust, das Paddel beherzt und mit Druck durchs Wasser zu ziehen, gegen Null. Immer, wenn sich eine Wolke vor den Heizstrahler schiebt, fällt es mir erheblich leichter, das Tempo zu halten. 

Apropos Tempo: Flaute, volle Boote, 28 Kilometer - 7,4 km/h - brutto, ohne die Pausen herauszurechnen. Der Rückenwind gestern hat also ganze 0,2 km/h gebracht! Unterm Strich muss ich sagen, dass ich meine Formkrise, in die mich dieser Winter gestürzt hat, ziemlich gut überwunden habe.

Die gesamte Tour
Und unterm Strich hat sich das Fehlen meines Schlafsacks und die Nicht-Einsetzbarkeit meines Zeltes überhaupt nicht genussmindernd bemerkbar gemacht. Allen auf den Inselchen verteilten Hütten und Gegenständen, die das möglich gemacht haben, sei Dank - vor allem aber der Tatsache, dass Trenk seinen Sommerschlafsack mitgenommen hat!

Samstag, 25. März 2017

Zelt und Schlafsack? Hoffnungslos überbewertet! (2/3)

In der unentschiedenen Phase zwischen Noch-Nicht-Wachsein und Nicht-Mehr-Tiefselig-Schnorcheln dringt ein permanentes Tackern an ein Ohr. Ich gebe mir große Mühe, es zu ignorieren. Aber es lässt mir keine Ruhe, dass ich dem Geräusch so gar keine Ursache zuordnen kann. Dass Trenk es im Kopf gekriegt hat und aus lauter Langeweile die Holzbänke in der Hütte mit Polstern betackert, ziehe ich nur kurz in Erwägung - das ist schließlich so gar nicht seine Art. Es ist gegen sieben Uhr und damit für Urlaub eindeutig zu früh zum Aufstehen - zumal ich ja nicht friere. Andererseits ist es bereits hell und das mit dem Ignorieren des stetigen "tackack"s funktioniert auch nur semi-optimal. Als ich schließlich Trenks Schritte draußen höre, trete ich auch vor die Tür meiner Schlaf-Sauna.

Das Tackern ist weg. Die einzig weltliche Erklärung, die mir einfällt, ist ein Vogel, der vielleicht auf dem Dach nach irgendwelchen Körnern gepickt und uns damit den Schlaf geraubt hat. Mein erster Gang geht zum Wasser, um das überschüssige zu lassen und das andere zu begutachten. Es ist Wind aufgekommen - genau wie in der Vorhersage angegeben und genau aus der richtigen Richtung! Unsere Sachen sind über Nacht wenigstens nicht feuchter geworden und gestern haben wir ja auch nicht übermäßig geschwitzt. Beim Zusammenpacken und Wiederherrichten des Holzschuppens klauben wir eine Reihe von liebevoll bemalten Steinen und Muscheln aus dem Gras. Wir drapieren sie etwas repräsentativer auf der Bank vor der Hütte.

Das Packen geht heute doppelt zügig bei mir, denn ich muss ja weder mein Zelt abbauen noch meine Isomatte einrollen! Geduldig warte ich, bis auch Trenk endlich fertig ist. Er hatte heute Nacht etwas Probleme mit seiner Downmat: im Laufe der Zeit hat sie Luft verloren, so dass er am Ende mit der Hüfte auf dem blanken Boden aufgesetzt und die Kälte dadurch übermäßig ins Gemark gekrochen ist. Aber dagegen hätte vermutlich auch sein Sommerschlafsack nicht wirklich geholfen. So war der doch besser bei mir aufgehoben!

Das Wetter ist nicht wirklich klar, aber auch nicht trübe. Es weht mit fünf bis sechs Metern pro Sekunde aus West und wir wollen nach Osten. Die neuen Shelter auf Drejö sind unser Ziel - nicht etwa weil ich kein Zelt mit habe, sondern weil sie uns natürlich brennend interessieren! Wir fahren mehr oder weniger schnurgerade dahin. Wir können sogar den einen oder anderen Surf mitnehmen, aber unsere vollbeladenen Booten agieren halt nicht besonders leichtfüßig. Trenk fährt heute einen "Latitude" von Nigel Dennis. Unter Fachleuten nennt man so etwas "Bulk Carrier". So gestaltet sich unsere Geschwindigkeit nicht besonders beeindruckend: 7,6 km/h im Schnitt. Das ist nicht schlecht, aber die 7,2 km/h von gestern haben wir bei Flaute ohne die geringste Anstrengung hinbekommen, während wir heute zwar Rückenwind haben, aber trotzdem erheblich mehr ins Schwitzen kommen. Zugegeben, wir fahren heute die doppelte Strecke, aber es zeigt sich immer wieder, dass Rückenwind gar nicht so viel bringt, wie man vermuten möchte.

Um halb eins haben wir unser Ziel erreicht, aber Trenk fragt gleich, ob das nur eine erste Etappe war, der wir vielleicht noch weitere folgen lassen möchten. Ich verspüre gerade keinen so übermäßigen Drang, noch "mal eben nach Skarö" und vor allem wieder zurück zu paddeln. Wir könnten noch nach Avernakö fahren, dann hätten wir am letzten Tag eine nicht ganz so weite Strecke zu bewältigen. Aber heute soll der Wind den ganzen Tag stramm aus Westen blasen, so dass Avernakö eine rechte Schinderei wäre. Morgen hingegen soll wieder absolute Flaute herrschen, was einen deutlich geringeren Aufwand bedeuten würde. So einigen wir uns darauf, die Trockenanzüge auszuziehen und auf Entspannung zu schalten.

Die erste Begehung des Platzes zeigt ein üppiges Angebot: Da ist ein geräumiger Esszimmershelter mit solidem Holztisch, ein Toilettenshelter, zwei Schlafshelter und ein  leider verschlossener Sauna-Shelter. Sogar einen Abfalleimer gibt es - fehlt eigentlich nur ein Frischwasseranschluss zum Fünf-Sterne-Übernachtungsplatz! Wir speisen die aufgehängte Blechbox mit dem nötigen Obulus, denn wir möchten, dass so eine tolle Idee auch weiter unterstützt wird.

Während ich schon mal eine Vorerkundung der Insel unternehme, haut Trenk sich eine Weile aufs Ohr. Später umrunden wir die Hälfte der halben Doppelinsel und sind ganz begeistert, dass es auf diesem Eiland sage und schreibe drei Übernachtungsplätze gibt: einen im neuen Segelhafen, einen im alten und den Shelter-Platz. Eigentlich ein idealer Standort für einen längeren Kajak-Urlaub, denn hier ist man genau mitten im südfünschen Inselmeer! Außerdem gibt es auf der Insel so viele Wegweiser, dass sich sogar Blinde hier nicht verirren könnten!

Zum Abendessen spendiert Trenk Eierpfannkuchen, die wir mit Kirsch-Brombeermarmelade von mir bestreichen. Ich habe mir extra nur einen Teil meiner Bratkartoffeln gemacht, damit ich mehr Platz für den Nachtisch habe!

Freitag, 24. März 2017

Zelt und Schlafsack? Hoffnungslos überbewertet! (1/3)

Lange habe ich diesem Tag entgegen gefiebert! Habe mich gefreut, mal wieder raus zu kommen, nach allzu langer Zeit mal wieder mit Trenk zusammen auf Tour zu gehen, mal wieder meine Wangen nur durch einen Zeltboden getrennt an die geliebte Welt zu schmiegen! Und dann die Wettervorhersage! Als unser Wochenende bei Windfinder in den Vorhersagefokus rückte, sah es noch zu schön aus, um wirklich wahr sein zu können: Freitag absolute Flaute und Samstag und Sonntag mäßige Winde bei durchgehend gutem Wetter! Zwar zappelte die Vorhersage in den folgenden Tagen noch ein bisschen hin und her, aber die vom Freitag Morgen hätten wir uns nicht besser aussuchen können!

Mit bekannt-berüchtigt knappen Worten erfolgte die Abstimmung - lieber spontan und aus dem Bauch heraus improvisiert als geplant und aus dem Internet heraus irgendwelche Shelter im Voraus gebucht. Freitag 16:15 Uhr Fynshav, Richtung Ost - und gut is!

Da ich einerseits mittlerweile ein richtiger Profi bin, was Tourendurchführung und Vorbereitung angeht, und ich andererseits nicht erst auf den letzten Drücker packen und dann die Hälfte vergessen will, sammele ich meine Ausrüstung immer schon Tage vorher zusammen auf einen - oder besser gesagt ziemlich viele Haufen. Schon beim Wegräumen meiner Sachen nach der vorherigen Tour achte ich peinlich darauf, alle Gegenstände immer am selben Ort zu lagern und zwingend zusammengehörende Elemente auch so wegzupacken, dass sie eine Einheit bilden: der Brenner ist grundsätzlich im Kocher deponiert, das gesamte Küchenzubehör im Kochbeutel, wobei Verbrauchsmaterialien (wie Salz, Zucker, Öl ...) immer sofort nach der Tour wieder aufgefüllt werden. Tarp mit Stangen und Heringen werden in einem Beutel untergebracht ebenso wie Zelt, Gestänge und Unterlage. Mein ausgeklügeltes System reicht so an den Sicherheitsstandard von Atomkraftwerken.

Trenk ist schon da, als ich - mit dem akademischen Viertel Verspätung, das ich in Kiel im Stau verdödelt habe - in Fynshav eintrudele. Wir sind beide euphorisch wegen der Vorfreude und des tollen Wetters. "Und heute Morgen, auf dem Weg zur Arbeit, waren die Felder noch richtig dick mit Raureif überzogen!", sage ich. "Deshalb habe ich diesmal sogar noch meinen Sommerschlafsack zusätzlich mitgenommen!", entgegnet Trenk. Bei der Erwähnung des Wortes "Schlafsack" wird mir augenblicklich und vollkommen unromantisch klar, dass ich meinen bauschigen Begleiter nicht eingepackt habe! Das einzige Ausrüstungsstück, dass ich nicht im "Paddelkeller" lagere, sondern im Schlafzimmer! Kein Wunder, dass dauernd irgendwelche Atomkraftwerke explodieren! Naja, dann muss man eben improvisieren - und zur Not mal frieren, was ist schon groß dabei? Und außerdem habe ich eine Fliesdecke mit! Damals - auf der Flucht - hatte man auch nicht mehr!

Das erste Ausrüstungsteil, dass ich ins Boot packe - hinter den Skeg-Kasten, wo man kaum noch hinlangen kann - ist mein Zeltgestänge. Das ist ja nach meiner ausgeklügelten Packstrategie in der Wurst des Zeltstoffes eingewickelt. Die Wurst fühlt sich aber bedrohlich schlapp an! Da ist nix, was einem Knicken entschiedenen Widerstand entgegensetzen würde! Eine halbe Sekunde ungläubiges Zweifeln - dann ist mir augenblicklich und vollkommen unromantisch klar, dass ich das Gestänge nicht dabei habe! Eigentlich eher verwunderlich, dass Atomkraftwerke nicht noch öfter explodieren! Naja, dann muss man eben improvisieren  - und damals - auf der Flucht ...

Das Wasser ist sowas von unbewegt, wie es unbewegter nicht sein kann. Fast hat man Angst die glatte Fläche mit dem Paddel zu zerstören. Aber wenn wir voran kommen wollen, dürfen wir da nicht zimperlich sein. Und wir kommen gut voran! Um kurz nach fünf sind wir auf dem Wasser - und um halb sieben laufen wir bereits im Getränkekistenhafen auf Lyö ein. Dazwischen werden wir mehrfach von einem vierköpfigen Schwarm von Tordalken umschwirrt, der immer genau dann auftaucht, wenn man es nicht erwartet und die Kamera gerade nicht einsatzbereit hat! Mir fällt auf, dass wir sonst hier eher immer in totaler Dunkelheit unterwegs waren und deswegen keine Seevögel gesehen haben. Heute herrscht in dieser Hinsicht recht große Geschäftigkeit. Außer den Tordalken sehen wir natürlich jede Menge Eiderenten, aber auch Eisenten und Samtenten.

Unsere schon lieb gewonnene Holzhütte können wir diesmal noch bei Tageslicht so herrichten, dass wir sie als Aufenthaltsraum nutzen können. Auch sind die Bänke darin diesmal längst nicht so lieblos angeordnet wie sonst schon. Die Nudel-Bolognese-Kombi, die ich diesmal zum Ausprobieren mitgenommen habe, ist geschmacklich leider nicht empfehlenswert, von der Menge her aber so viel, dass mir hinterher fast schlecht ist, als ich sie verputzt habe.

Für die Nacht richte ich mir die "Sauna" her. Das ist ein Raum in der Holzhütte, in dem tatsächlich ein Saunaofen steht, und der wenigstens etwas gegen den Rest der Welt abgedichtet ist. Leider sind die Bänke dermaßen schmal, dass man unter keinen Umständen darauf schlafen kann, ohne herunter zu fallen. Eine eingehende Begehung des Geländes bringt allerlei Materialien zum Vorschein, mit denen ich dem Missstand abhelfen kann. Da Trenk mir außerdem seinen Sommerschlafsack überlassen hat, steht einer muckeligen Nacht nichts mehr im Wege! Allerdings ist zwischen meinen Wangen und meiner geliebten Welt nun doch mehr als ein dünner Zeltboden!

Samstag, 18. März 2017

Huiuiui!

Ende des Monats will ich mit Trenk übers Wochenende auf Tour gehen. Da ich diesen Winter extrem wenig auf dem Wasser war (ich bin in der vereinsinternen Kilometerliste gerade eben noch unter den Top-Ten!), versuche ich, in den vergangenen Wochen wieder etwas regelmäßiger zu trainieren.

Heute Morgen bedarf es aber einiger abstrakter Gedanken, die Notwendigkeit, aufs Wasser zu kommen, so zwingend zu begründen, dass ich mich trotz lausiger Temperaturen, frischen Windes und dazugehörigen Regens auf den Weg zur Bootshalle mache.

Die dort bereits versammelten Polospieler sind allesamt in ihre Smartphones vertieft, um die nächstgelegene Sauna ausfindig zu machen, in die sie sich statt eines Trainings zurückziehen können. Wenigstens komme ich dadurch in den Genuss, dass ich die Reifen des Bootswagens mit Martins Luftpumpe aufpumpen kann und Lennard mein Boot mit mir zum Steg runter trägt.

Dass ein leicht nördlicher, vor allem aber westlicher Wind wehen würde, hatte ich vorher schon auf Windfinder gesehen. Also bleibe ich erst einmal auf dem westlichen Fördeufer, damit ich zuerst den Schutz des Düsternbooker Hügels ausnutzen und später einen leichten Schub auskosten kann.

So nördlich, dass der Wind Schub gemacht hätte, kommt er dann leider doch nicht. Es ist eher genau querab, was dazu führt, dass ich beim Kreuzen des Fahrwassers mächtig versetzt werde. Aber das ist kein großes Problem, denn dadurch bin ich eher schneller am anderen Ufer als entlang meines Plankurses. Wenn ich über die freie Wasserfläche in Richtung Friedrichsorter Leuchtturm blicke, sind da viel mehr weiß brechende Wellen zu sehen, als in meiner unmittelbaren Umgebung. "Da wird wohl gerade eine heftige Bö durchgehen", denke ich mir, "aber die wird sich schon wieder beruhigen".

Ich bin mir nicht sicher, ob kurz darauf der Wind auch in meiner unmittelbaren Nähe deutlich stärker geworden ist, oder ich nur mittlerweile in das Gebiet mit strammerem Wind gelangt bin - unter Strich ist es einerlei: es schäumt und schwallt um mich herum, dass ich mich wirklich konzentrieren muss. Meine schrillgelbe Schirmmütze macht mir etwas Sorgen. Sie sitzt zwar eigentlich wunderbar sicher am Kopf, aber dieser Wind hier ist doch eine Nummer zu viel, als dass ich mir sicher sein könnte, dass sie unter allen Umständen bei mir bleibt. Ich muss mir unbedingt eine Sicherungsleine dafür zulegen. Meinen Versuch, sie durch das Aufsetzen meiner Kapuze am Wegfliegen zu hindern, muss ich beinahe mit einem unfreiwilligen Bad bezahlen: Zum Anfassen der Kapuze muss ich eine Hand vom Paddel lösen, was der Wind sofort ausnutzt, um wild daran zu zerren. Dadurch taucht es unkontrolliert auf der Lee-Seite unter Wasser, was wiederum mörderisch bremst und keinen guten Einfluss auf meine Balance hat. Ich lasse die Sache mit der Kapuze erst einmal auf sich beruhen und halte den Schirm der Mütze möglichst weit nach unten geneigt.

Es sieht irgendwie überhaupt nicht danach aus, als wenn der Wind nur kurz aufgefrischt sei und sich demnächst wieder beruhigt. Eigentlich sieht es eher so aus, als wenn der Wind stetig zunimmt. Ich habe keine Sorgen, dass ich in eine Notsituation kommen könnte, schließlich bin ich auf der Ostseite des Fahrwassers und würde irgendwann einfach ans Ufer gespült. Aber an meinen ursprünglichen Plan, wie üblich zur Tonne 12 zu fahren, glaube ich nicht mehr wirklich. Die Wellen vor der Spundwand, die den Möltenorter Hafen einsäumt, spritzen über die Hafenmauer und davor bildet sich ein wild klapotierendes Inferno. Da möchte ich nicht wirklich hindurch fahren.

Also peile ich das südliche Ende des Hafens an, wo sich zwischen Hafenmauer und Ufer ein kleines Dreieck bildet, in dem es nicht so schauderlich schäumt und spritzt. Ein Fahrradfahrer am Ufer hält an und beobachtet mich eine Weile. Vielleicht nutzt er auch nur die Gelegenheit, etwas zu verschnaufen, denn er muss sich auch gegen den Wind plagen. Ob er innerlich den Kopf darüber schüttelt, dass man bei solchen Bedingungen unbedingt paddeln muss, kann ich nicht erkennen.

In den paar Minuten, die ich im fast friedlichen Dreieck damit verbringe, nicht auf die seitliche Steinschüttung gespült zu werden, gewinne ich den Eindruck, dass die Windstärke hier keine kurzfristige Erscheinung ist, sondern dass ich mich mit ihr für den Rest meiner Tour arrangieren muss. Die Tonne 12 lasse ich mal, wo sie ist und mache mich stattdessen auf den Rückweg.

Die Heikendorfer Bucht zu queren, ist kein großes Kunststück, allerdings fahre ich wegen der erheblichen Abdrift eine ziemliche Hundekurve. Kurz vor Kitzeberg liegen die zwei "Übungsfelsen", die nur leicht aus dem Wasser ragen, und ich bin mir nicht sicher, wo genau sie sich befinden. Das macht es erst etwas spannend, aber schließlich erkenne ich sie doch deutlich und komme ungefährdet an ihnen vorbei. Die Frage von vorhin, ob der strammere Wind eine örtliche oder zeitliche Ursache hatte, kann ich mittlerweile eindeutig beantworten: auch südlich von Kitzeberg schäumt es nun frohgemut vor sich her. Die beiden Spundwände vor dem Mönkeberger Segelhafen und dem Ölberg sehen nicht so aus, als wenn ich davor entlang paddeln möchte. Ich fahre kurzzeitig direkt auf das gegenüberliegende Ufer zu, bis ich es mir anders überlege und erst einmal durch den Mönkeberger Hafen fahre. Dort habe ich Windschutz und bin danach schon wieder ein Stückchen weiter und kann dann immer noch die Förde direkt queren und so dem Ölberg entgehen.

Die Durchfahrt unter dem flachen Steg hindurch ist bei dem herrschenden Wind und Seegang nicht einfach, aber ich bekomme es hin, ohne mit dem Kopf gegen die Querträger zu dengeln. Im Hafen sieht man die Wellen von außen über die Hafenmauer spritzen - gut, dass ich hier drinnen fahre! Am Hafenausgang hat man einen prima Blick auf die hohe rostige Spundwand des Ölberges. Bei 20 Grad Wassertemperatur würde ich die Gelegenheit gerne nutzen, durch das Wellenchaos davor zu fahren. Heute eher nicht.

Ich visiere das Maritim am anderen Ufer an und zentimetere mich ihm entgegen. Bis zur roten Fahrwassertonne spürt man immer noch die reflektierten Wellen, die auch hier eine erhöhte Konzentration erfordern. Danach lassen Anspannung und Anstrengung nach. Zwar bin ich mit meiner Kondition weit von irgendeinem Zenit entfernt, aber ich bin doch ganz zufrieden, dass ich mich in diesen Bedingungen zwar nicht gerade wohl aber auch keinesfalls unwohl gefühlt habe. Aber auf der Tour mit Trenk möchte ich solche Verhältnisse nicht haben! Sonst müssen wir uns eine geeignete Sauna als Alternativprogramm suchen!
Innerhalb der eingerahmten Zeit war ich unterwegs