Ende des Monats will ich mit Trenk übers Wochenende auf Tour gehen. Da ich diesen Winter extrem wenig auf dem Wasser war (ich bin in der vereinsinternen Kilometerliste gerade eben noch unter den Top-Ten!), versuche ich, in den vergangenen Wochen wieder etwas regelmäßiger zu trainieren.
Heute Morgen bedarf es aber einiger abstrakter Gedanken, die Notwendigkeit, aufs Wasser zu kommen, so zwingend zu begründen, dass ich mich trotz lausiger Temperaturen, frischen Windes und dazugehörigen Regens auf den Weg zur Bootshalle mache.
Die dort bereits versammelten Polospieler sind allesamt in ihre Smartphones vertieft, um die nächstgelegene Sauna ausfindig zu machen, in die sie sich statt eines Trainings zurückziehen können. Wenigstens komme ich dadurch in den Genuss, dass ich die Reifen des Bootswagens mit Martins Luftpumpe aufpumpen kann und Lennard mein Boot mit mir zum Steg runter trägt.
Dass ein leicht nördlicher, vor allem aber westlicher Wind wehen würde, hatte ich vorher schon auf Windfinder gesehen. Also bleibe ich erst einmal auf dem westlichen Fördeufer, damit ich zuerst den Schutz des Düsternbooker Hügels ausnutzen und später einen leichten Schub auskosten kann.
So nördlich, dass der Wind Schub gemacht hätte, kommt er dann leider doch nicht. Es ist eher genau querab, was dazu führt, dass ich beim Kreuzen des Fahrwassers mächtig versetzt werde. Aber das ist kein großes Problem, denn dadurch bin ich eher schneller am anderen Ufer als entlang meines Plankurses. Wenn ich über die freie Wasserfläche in Richtung Friedrichsorter Leuchtturm blicke, sind da viel mehr weiß brechende Wellen zu sehen, als in meiner unmittelbaren Umgebung. "Da wird wohl gerade eine heftige Bö durchgehen", denke ich mir, "aber die wird sich schon wieder beruhigen".
Ich bin mir nicht sicher, ob kurz darauf der Wind auch in meiner unmittelbaren Nähe deutlich stärker geworden ist, oder ich nur mittlerweile in das Gebiet mit strammerem Wind gelangt bin - unter Strich ist es einerlei: es schäumt und schwallt um mich herum, dass ich mich wirklich konzentrieren muss. Meine schrillgelbe Schirmmütze macht mir etwas Sorgen. Sie sitzt zwar eigentlich wunderbar sicher am Kopf, aber dieser Wind hier ist doch eine Nummer zu viel, als dass ich mir sicher sein könnte, dass sie unter allen Umständen bei mir bleibt. Ich muss mir unbedingt eine Sicherungsleine dafür zulegen. Meinen Versuch, sie durch das Aufsetzen meiner Kapuze am Wegfliegen zu hindern, muss ich beinahe mit einem unfreiwilligen Bad bezahlen: Zum Anfassen der Kapuze muss ich eine Hand vom Paddel lösen, was der Wind sofort ausnutzt, um wild daran zu zerren. Dadurch taucht es unkontrolliert auf der Lee-Seite unter Wasser, was wiederum mörderisch bremst und keinen guten Einfluss auf meine Balance hat. Ich lasse die Sache mit der Kapuze erst einmal auf sich beruhen und halte den Schirm der Mütze möglichst weit nach unten geneigt.
Es sieht irgendwie überhaupt nicht danach aus, als wenn der Wind nur kurz aufgefrischt sei und sich demnächst wieder beruhigt. Eigentlich sieht es eher so aus, als wenn der Wind stetig zunimmt. Ich habe keine Sorgen, dass ich in eine Notsituation kommen könnte, schließlich bin ich auf der Ostseite des Fahrwassers und würde irgendwann einfach ans Ufer gespült. Aber an meinen ursprünglichen Plan, wie üblich zur Tonne 12 zu fahren, glaube ich nicht mehr wirklich. Die Wellen vor der Spundwand, die den Möltenorter Hafen einsäumt, spritzen über die Hafenmauer und davor bildet sich ein wild klapotierendes Inferno. Da möchte ich nicht wirklich hindurch fahren.
Also peile ich das südliche Ende des Hafens an, wo sich zwischen Hafenmauer und Ufer ein kleines Dreieck bildet, in dem es nicht so schauderlich schäumt und spritzt. Ein Fahrradfahrer am Ufer hält an und beobachtet mich eine Weile. Vielleicht nutzt er auch nur die Gelegenheit, etwas zu verschnaufen, denn er muss sich auch gegen den Wind plagen. Ob er innerlich den Kopf darüber schüttelt, dass man bei solchen Bedingungen unbedingt paddeln muss, kann ich nicht erkennen.
In den paar Minuten, die ich im fast friedlichen Dreieck damit verbringe, nicht auf die seitliche Steinschüttung gespült zu werden, gewinne ich den Eindruck, dass die Windstärke hier keine kurzfristige Erscheinung ist, sondern dass ich mich mit ihr für den Rest meiner Tour arrangieren muss. Die Tonne 12 lasse ich mal, wo sie ist und mache mich stattdessen auf den Rückweg.
Die Heikendorfer Bucht zu queren, ist kein großes Kunststück, allerdings fahre ich wegen der erheblichen Abdrift eine ziemliche Hundekurve. Kurz vor Kitzeberg liegen die zwei "Übungsfelsen", die nur leicht aus dem Wasser ragen, und ich bin mir nicht sicher, wo genau sie sich befinden. Das macht es erst etwas spannend, aber schließlich erkenne ich sie doch deutlich und komme ungefährdet an ihnen vorbei. Die Frage von vorhin, ob der strammere Wind eine örtliche oder zeitliche Ursache hatte, kann ich mittlerweile eindeutig beantworten: auch südlich von Kitzeberg schäumt es nun frohgemut vor sich her. Die beiden Spundwände vor dem Mönkeberger Segelhafen und dem Ölberg sehen nicht so aus, als wenn ich davor entlang paddeln möchte. Ich fahre kurzzeitig direkt auf das gegenüberliegende Ufer zu, bis ich es mir anders überlege und erst einmal durch den Mönkeberger Hafen fahre. Dort habe ich Windschutz und bin danach schon wieder ein Stückchen weiter und kann dann immer noch die Förde direkt queren und so dem Ölberg entgehen.
Die Durchfahrt unter dem flachen Steg hindurch ist bei dem herrschenden Wind und Seegang nicht einfach, aber ich bekomme es hin, ohne mit dem Kopf gegen die Querträger zu dengeln. Im Hafen sieht man die Wellen von außen über die Hafenmauer spritzen - gut, dass ich hier drinnen fahre! Am Hafenausgang hat man einen prima Blick auf die hohe rostige Spundwand des Ölberges. Bei 20 Grad Wassertemperatur würde ich die Gelegenheit gerne nutzen, durch das Wellenchaos davor zu fahren. Heute eher nicht.
Ich visiere das Maritim am anderen Ufer an und zentimetere mich ihm entgegen. Bis zur roten Fahrwassertonne spürt man immer noch die reflektierten Wellen, die auch hier eine erhöhte Konzentration erfordern. Danach lassen Anspannung und Anstrengung nach. Zwar bin ich mit meiner Kondition weit von irgendeinem Zenit entfernt, aber ich bin doch ganz zufrieden, dass ich mich in diesen Bedingungen zwar nicht gerade wohl aber auch keinesfalls unwohl gefühlt habe. Aber auf der Tour mit Trenk möchte ich solche Verhältnisse nicht haben! Sonst müssen wir uns eine geeignete Sauna als Alternativprogramm suchen!
Innerhalb der eingerahmten Zeit war ich unterwegs |
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