Lange habe ich diesem Tag entgegen gefiebert! Habe mich gefreut, mal wieder raus zu kommen, nach allzu langer Zeit mal wieder mit Trenk zusammen auf Tour zu gehen, mal wieder meine Wangen nur durch einen Zeltboden getrennt an die geliebte Welt zu schmiegen! Und dann die Wettervorhersage! Als unser Wochenende bei
Windfinder in den Vorhersagefokus rückte, sah es noch zu schön aus, um wirklich wahr sein zu können: Freitag absolute Flaute und Samstag und Sonntag mäßige Winde bei durchgehend gutem Wetter! Zwar zappelte die Vorhersage in den folgenden Tagen noch ein bisschen hin und her, aber die vom Freitag Morgen hätten wir uns nicht besser aussuchen können!
Mit bekannt-berüchtigt knappen Worten erfolgte die Abstimmung - lieber spontan und aus dem Bauch heraus improvisiert als geplant und aus dem Internet heraus irgendwelche Shelter im Voraus gebucht. Freitag 16:15 Uhr Fynshav, Richtung Ost - und gut is!
Da ich einerseits mittlerweile ein richtiger Profi bin, was Tourendurchführung und Vorbereitung angeht, und ich andererseits nicht erst auf den letzten Drücker packen und dann die Hälfte vergessen will, sammele ich meine Ausrüstung immer schon Tage vorher zusammen auf einen - oder besser gesagt ziemlich viele Haufen. Schon beim Wegräumen meiner Sachen nach der vorherigen Tour achte ich peinlich darauf, alle Gegenstände immer am selben Ort zu lagern und zwingend zusammengehörende Elemente auch so wegzupacken, dass sie eine Einheit bilden: der Brenner ist grundsätzlich im Kocher deponiert, das gesamte Küchenzubehör im Kochbeutel, wobei Verbrauchsmaterialien (wie Salz, Zucker, Öl ...) immer sofort nach der Tour wieder aufgefüllt werden. Tarp mit Stangen und Heringen werden in einem Beutel untergebracht ebenso wie Zelt, Gestänge und Unterlage. Mein ausgeklügeltes System reicht so an den Sicherheitsstandard von Atomkraftwerken.
Trenk ist schon da, als ich - mit dem akademischen Viertel Verspätung, das ich in Kiel im Stau verdödelt habe - in Fynshav eintrudele. Wir sind beide euphorisch wegen der Vorfreude und des tollen Wetters. "Und heute Morgen, auf dem Weg zur Arbeit, waren die Felder noch richtig dick mit Raureif überzogen!", sage ich. "Deshalb habe ich diesmal sogar noch meinen Sommerschlafsack zusätzlich mitgenommen!", entgegnet Trenk. Bei der Erwähnung des Wortes "Schlafsack" wird mir augenblicklich und vollkommen unromantisch klar, dass ich meinen bauschigen Begleiter nicht eingepackt habe! Das einzige Ausrüstungsstück, dass ich nicht im "Paddelkeller" lagere, sondern im Schlafzimmer! Kein Wunder, dass dauernd irgendwelche Atomkraftwerke explodieren! Naja, dann muss man eben improvisieren - und zur Not mal frieren, was ist schon groß dabei? Und außerdem habe ich eine Fliesdecke mit! Damals - auf der Flucht - hatte man auch nicht mehr!
Das erste Ausrüstungsteil, dass ich ins Boot packe - hinter den Skeg-Kasten, wo man kaum noch hinlangen kann - ist mein Zeltgestänge. Das ist ja nach meiner ausgeklügelten Packstrategie in der Wurst des Zeltstoffes eingewickelt. Die Wurst fühlt sich aber bedrohlich schlapp an! Da ist nix, was einem Knicken entschiedenen Widerstand entgegensetzen würde! Eine halbe Sekunde ungläubiges Zweifeln - dann ist mir augenblicklich und vollkommen unromantisch klar, dass ich das Gestänge nicht dabei habe! Eigentlich eher verwunderlich, dass Atomkraftwerke nicht noch öfter explodieren! Naja, dann muss man eben improvisieren - und damals - auf der Flucht ...
Das Wasser ist sowas von unbewegt, wie es unbewegter nicht sein kann. Fast hat man Angst die glatte Fläche mit dem Paddel zu zerstören. Aber wenn wir voran kommen wollen, dürfen wir da nicht zimperlich sein. Und wir kommen gut voran! Um kurz nach fünf sind wir auf dem Wasser - und um halb sieben laufen wir bereits im Getränkekistenhafen auf Lyö ein. Dazwischen werden wir mehrfach von einem vierköpfigen Schwarm von Tordalken umschwirrt, der immer genau dann auftaucht, wenn man es nicht erwartet und die Kamera gerade nicht einsatzbereit hat! Mir fällt auf, dass wir sonst hier eher immer in totaler Dunkelheit unterwegs waren und deswegen keine Seevögel gesehen haben. Heute herrscht in dieser Hinsicht recht große Geschäftigkeit. Außer den
Tordalken sehen wir natürlich jede Menge
Eiderenten, aber auch
Eisenten und
Samtenten.
Unsere schon lieb gewonnene Holzhütte können wir diesmal noch bei Tageslicht so herrichten, dass wir sie als Aufenthaltsraum nutzen können. Auch sind die Bänke darin diesmal längst nicht so lieblos angeordnet wie sonst schon. Die Nudel-Bolognese-Kombi, die ich diesmal zum Ausprobieren mitgenommen habe, ist geschmacklich leider nicht empfehlenswert, von der Menge her aber so viel, dass mir hinterher fast schlecht ist, als ich sie verputzt habe.
Für die Nacht richte ich mir die "Sauna" her. Das ist ein Raum in der Holzhütte, in dem tatsächlich ein Saunaofen steht, und der wenigstens etwas gegen den Rest der Welt abgedichtet ist. Leider sind die Bänke dermaßen schmal, dass man unter keinen Umständen darauf schlafen kann, ohne herunter zu fallen. Eine eingehende Begehung des Geländes bringt allerlei Materialien zum Vorschein, mit denen ich dem Missstand abhelfen kann. Da Trenk mir außerdem seinen Sommerschlafsack überlassen hat, steht einer muckeligen Nacht nichts mehr im Wege! Allerdings ist zwischen meinen Wangen und meiner geliebten Welt nun doch mehr als ein dünner Zeltboden!
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