In der unentschiedenen Phase zwischen Noch-Nicht-Wachsein und Nicht-Mehr-Tiefselig-Schnorcheln dringt ein permanentes Tackern an ein Ohr. Ich gebe mir große Mühe, es zu ignorieren. Aber es lässt mir keine Ruhe, dass ich dem Geräusch so gar keine Ursache zuordnen kann. Dass Trenk es im Kopf gekriegt hat und aus lauter Langeweile die Holzbänke in der Hütte mit Polstern betackert, ziehe ich nur kurz in Erwägung - das ist schließlich so gar nicht seine Art. Es ist gegen sieben Uhr und damit für Urlaub eindeutig zu früh zum Aufstehen - zumal ich ja nicht friere. Andererseits ist es bereits hell und das mit dem Ignorieren des stetigen "tackack"s funktioniert auch nur semi-optimal. Als ich schließlich Trenks Schritte draußen höre, trete ich auch vor die Tür meiner Schlaf-Sauna.
Das Tackern ist weg. Die einzig weltliche Erklärung, die mir einfällt, ist ein Vogel, der vielleicht auf dem Dach nach irgendwelchen Körnern gepickt und uns damit den Schlaf geraubt hat. Mein erster Gang geht zum Wasser, um das überschüssige zu lassen und das andere zu begutachten. Es ist Wind aufgekommen - genau wie in der Vorhersage angegeben und genau aus der richtigen Richtung! Unsere Sachen sind über Nacht wenigstens nicht feuchter geworden und gestern haben wir ja auch nicht übermäßig geschwitzt. Beim Zusammenpacken und Wiederherrichten des Holzschuppens klauben wir eine Reihe von liebevoll bemalten Steinen und Muscheln aus dem Gras. Wir drapieren sie etwas repräsentativer auf der Bank vor der Hütte.
Das Packen geht heute doppelt zügig bei mir, denn ich muss ja weder mein Zelt abbauen noch meine Isomatte einrollen! Geduldig warte ich, bis auch Trenk endlich fertig ist. Er hatte heute Nacht etwas Probleme mit seiner Downmat: im Laufe der Zeit hat sie Luft verloren, so dass er am Ende mit der Hüfte auf dem blanken Boden aufgesetzt und die Kälte dadurch übermäßig ins Gemark gekrochen ist. Aber dagegen hätte vermutlich auch sein Sommerschlafsack nicht wirklich geholfen. So war der doch besser bei mir aufgehoben!
Das Wetter ist nicht wirklich klar, aber auch nicht trübe. Es weht mit fünf bis sechs Metern pro Sekunde aus West und wir wollen nach Osten. Die neuen Shelter auf Drejö sind unser Ziel - nicht etwa weil ich kein Zelt mit habe, sondern weil sie uns natürlich brennend interessieren! Wir fahren mehr oder weniger schnurgerade dahin. Wir können sogar den einen oder anderen Surf mitnehmen, aber unsere vollbeladenen Booten agieren halt nicht besonders leichtfüßig. Trenk fährt heute einen "Latitude" von Nigel Dennis. Unter Fachleuten nennt man so etwas "Bulk Carrier". So gestaltet sich unsere Geschwindigkeit nicht besonders beeindruckend: 7,6 km/h im Schnitt. Das ist nicht schlecht, aber die 7,2 km/h von gestern haben wir bei Flaute ohne die geringste Anstrengung hinbekommen, während wir heute zwar Rückenwind haben, aber trotzdem erheblich mehr ins Schwitzen kommen. Zugegeben, wir fahren heute die doppelte Strecke, aber es zeigt sich immer wieder, dass Rückenwind gar nicht so viel bringt, wie man vermuten möchte.
Um halb eins haben wir unser Ziel erreicht, aber Trenk fragt gleich, ob das nur eine erste Etappe war, der wir vielleicht noch weitere folgen lassen möchten. Ich verspüre gerade keinen so übermäßigen Drang, noch "mal eben nach Skarö" und vor allem wieder zurück zu paddeln. Wir könnten noch nach Avernakö fahren, dann hätten wir am letzten Tag eine nicht ganz so weite Strecke zu bewältigen. Aber heute soll der Wind den ganzen Tag stramm aus Westen blasen, so dass Avernakö eine rechte Schinderei wäre. Morgen hingegen soll wieder absolute Flaute herrschen, was einen deutlich geringeren Aufwand bedeuten würde. So einigen wir uns darauf, die Trockenanzüge auszuziehen und auf Entspannung zu schalten.
Die erste Begehung des Platzes zeigt ein üppiges Angebot: Da ist ein geräumiger Esszimmershelter mit solidem Holztisch, ein Toilettenshelter, zwei Schlafshelter und ein leider verschlossener Sauna-Shelter. Sogar einen Abfalleimer gibt es - fehlt eigentlich nur ein Frischwasseranschluss zum Fünf-Sterne-Übernachtungsplatz! Wir speisen die aufgehängte Blechbox mit dem nötigen Obulus, denn wir möchten, dass so eine tolle Idee auch weiter unterstützt wird.
Während ich schon mal eine Vorerkundung der Insel unternehme, haut Trenk sich eine Weile aufs Ohr. Später umrunden wir die Hälfte der halben Doppelinsel und sind ganz begeistert, dass es auf diesem Eiland sage und schreibe drei Übernachtungsplätze gibt: einen im neuen Segelhafen, einen im alten und den Shelter-Platz. Eigentlich ein idealer Standort für einen längeren Kajak-Urlaub, denn hier ist man genau mitten im südfünschen Inselmeer! Außerdem gibt es auf der Insel so viele Wegweiser, dass sich sogar Blinde hier nicht verirren könnten!
Zum Abendessen spendiert Trenk Eierpfannkuchen, die wir mit Kirsch-Brombeermarmelade von mir bestreichen. Ich habe mir extra nur einen Teil meiner Bratkartoffeln gemacht, damit ich mehr Platz für den Nachtisch habe!
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