Mittwoch, 8. September 2021

Mein erstes Mal mit Maditha...

Ich habe seit zwei Wochen Urlaub und will gerne eine längere Paddeltour machen. Aber das Wetter bietet leider immer nur zwei Tage in Reihe mit akzeptablen Bedingungen an. Am Wochenende steht das Techniktraining in Flensburg an, für das ich mich als Unterstützung angeboten habe - vielleicht bietet sich ja im Anschluss die Möglichkeit in die Dänische Südsee zu fahren, wenn ich doch schon mal in der Nähe bin. Maditha hat auch Zeit, Lust und jede Menge Bedarf, etwas die Seele Entspannendes zu unternehmen. Sie muss eh nach Flensburg, um ihr neues Boot abzuholen und will dann auch gleich am Techniktraining teilnehmen. Ich bin noch nie mit ihr alleine auf Tour gegangen, aber mit ihr gibt es wenig Grenzen, das macht es ausgesprochen reizvoll. Als ich sie in der Bootshalle abhole, hat sie gerade die Bestätigung von Trenk erhalten, dass ihr Boot eingetroffen ist. Sie ist ganz aufgeregt!

Leider gibt sich die Windvorhersage auch während der Trainingstage maximal unkooperativ: Am Sonntag, wenn wir nach Osten wollen: Ostwind mit fünf Beaufort - am Dienstag, wenn wir zurück nach Westen müssten: Westwind der Stärke sechs. 

Am tatsächlichen Sonntag bläst der Ostwind wie vorhergesagt - die Vorhersage für den Westwind am Dienstag hat sich aber auf vier bis fünf Beaufort abgeschwächt. Wir fahren also nach Mommark, um drei Tage durchs südfünische Inselmeer zu cruisen.

Der Parkplatz in Mommark ist brechend voll, die Autos stehen sogar ein ganzes Stück die Straße hoch. Es tobt eine Art Hochzeits- oder Geburtstagsveranstaltung im Restaurant. Zum Glück wird gerade ein Parkplatz direkt am Durchgang zum Strand frei, so dass wir Boote und Gepäck nicht kilometerweit durch die Landschaft tragen müssen. Seit meinem letzten Besuch sind hier übrigens drei Palmen am Strand gewachsen - Südsee eben!

Die Sicht ist supergut, wir können unser Ziel problemlos ausmachen. Die Wellen, die hier auf den Strand laufen, versprechen einigen Spaß unterwegs. Da der Wind erst seit heute aus dieser Richtung weht, sind die Wellen nicht ganz so groß, aber es sind nicht wenige dabei, die über die Ein-Meter-Marke gehen und uns die Sicht auf Ärö und sogar den Mitpaddler nehmen. Nach etwas mehr als der Hälfte der Strecke dreht der Wind noch mal etwas auf, was sich auch in unserer Geschwindigkeit bemerkbar macht. Nach zweieinviertel Stunden sind wir am Weststrand von Skjoldnäs.

 Randvoll mit Ostsee!
(man muss schon genau hinsehen, um das Wasser im Cockpit zu erkennen!)
Hier könnte man zelten, obwohl der Strand durchweg aus bis zu faustgroßen Steinen besteht. Aber darauf lässt sich erstaunlich gut schlafen, denn die Steine sind klein genug, dass sie sich unter dem Körpergewicht wegdrücken und groß genug, dass sie nicht wie Sand an der kompletten Ausrüstung kleben bleiben. Ich sage das Maditha und sage auch, dass auf der anderen Seite ein viel lauschigerer Zeltplatz lauert, für den wir aber nochmals zwei Kilometer gegen den Wind und schäumende Brandung fahren müssten, was eben nicht jeder nach der Anstrengung unbedingt möchte. Sie ist sofort einverstanden, noch weiter zu fahren!

Die Brandung ist nicht nennenswert, aber sie schafft es immerhin, mein Cockpit bis zum Anschlag zu fluten. Da Maditha ihrem nagelneuen Boot noch nicht zumuten möchte, auf den Strand zu schrammen, steigt sie vorher im Wasser aus. Ich helfe ihr, das Boot unbeschadet an Land zu tragen.

Der Wind pfeift recht ordentlich - und steht direkt auf den Strand. Aber der Heckenrosenbusch, den ich mir ausgesucht habe, schafft ein vollkommen windstilles Refugium, wo wir unsere Zelte aufbauen können. Man hört hier nur die Wellen auf den Strand donnern, spürt aber absolut keinen Wind. Während wir gemütlich unser Abendbrot einnehmen, setzt sich keine zehn Meter entfernt von uns ein Sperber auf die Paddelwäsche, die Maditha zum Trocknen in die Büsche gehängt hat. Leider flüchtet er irritiert wieder, bevor ich meinen Foto-Apparat in Stellung gebracht habe.

Der Montag Morgen beginnt vollkommen windstill und sonnig - obwohl die Vorhersage ein Abflauen des Windes erst gegen Mittag voraussah und den ganzen Tag keine Sonne scheinen sollte. Da wollen wir uns mal nicht beschweren! 

Nach dem ausgiebigen Frühstück sind wir erst kurz vor elf auf dem Wasser und nehmen Kurs auf Drejö. Als Ziel haben wir uns Lyö gesetzt, denn wir wollen keine so große Strecke mehr vor uns haben, wenn wir morgen gegen den heftigen Wind zurück über den Belt möchten. Außerdem hegt Maditha die ganze Zeit schon den dringlichen Wunsch, ihr Boot komplett bis nach Kiel zurück zu paddeln. Da sie aber schon am Mittwoch wieder dort sein muss, hätte sie nur den Dienstag und allenfalls noch den Mittwoch Morgen zur Verfügung. Sie überprüft ständig, wie weit es bis Kiel ist und welchen Kurs sie bei welchen Windstärken noch fahren kann. Von Lyö über Mommark bis Bülk mit einem kleinen Schlenker in die Flensburger Förde, um dem Westwind Tribut zu zollen, sind es immerhin 80 Kilometer! "Das ist doch eine gute Entfernung!", sagt Maditha! Nun ja, das muss man wollen! Und können! Aber Maditha traue ich das zu. Nur dass sie mit dem Gedanken spielt, am selben Tag auch noch von Bülk nach Kiel rein zu fahren, behagt mir nicht. Die Förde im Dunkeln ist auch mit der zugehörigen Beleuchtung kein Spaß - und ohne wirklich nicht ratsam.

Auf Drejö gehen wir kurz an Land, und ich zeige Maditha den schönen Shelter-Platz. Vielleicht hat sie ja mal Gelegenheit, ihn irgendwann zu nutzen. Der Platz ist von einer Gruppe Fahrrad-Wanderer besiedelt, die aber wohl gerade einen Ausflug zu Fuß machen. Außer ihrer kompletten Ausrüstung und den Fahrrädern ist nichts von ihnen zu sehen. Wir lassen die Ausrüstung mal unberührt, weil wir eh nicht wüssten, wie wir die Fahrräder auf den Booten mitnehmen sollten und machen uns an die Umrundung von Drejö.

Kohlrabi, Messer - Aua!
Unsere Mittagspause machen wir am Südende von Korshavn, dem zweiten Teil von Avernakö. Dort leihe ich Maditha mein Messer, damit sie ihren Kohlrabi schälen kann. Das beschert uns die Gelegenheit, mein wasserfestes Pflaster zum Einsatz zu bringen!

Der Wind ist den ganzen Tag nur ein laues Lüftchen, und ich habe immer wieder gecheckt, wie die Vorhersage für morgen ist. Die ursprünglichen sechs Beaufort sind erst auf vier zusammengeschrumpft und nun sieht es eher nach drei aus. Daher habe ich mir überlegt, dass wir eventuell schon heute die Querung zurück nach Alsen machen könnten. Dann hätte Maditha für ihre Bootsüberführung nach Kiel morgen erheblich gewonnen. Dass sie das Unternehmen angehen würde, steht für mich fest, und wenn sie es schon macht, soll sie wenigstens eine Chance haben, nicht in die Dunkelheit kommen zu müssen. Wir wollen, wie geplant, erst einmal nach Lyö fahren, uns dort in die Augen sehen und dann entscheiden, ob wir heute noch rübermachen.

Wir sind bereits vor halb sechs am Westende von Lyö. Die Entfernung bis zum Übernachtungsplatz Blommeskobbel sind gute elf Kilometer - also etwa knappe zwei Stunden. Wie ich mir das bei Gruppenfahrten angewöhnt habe, versuche ich die Befindlichkeit meiner Mitpaddler zu ergründen, ohne Druck aufkommen zu lassen. Immerhin könnten wir hier den lieben Gott einen guten Mann sein lassen und direkt unsere Zelte aufbauen. Es besteht also keine Notwendigkeit, weiter zu fahren - ich würde es aber machen, wenn "alle" damit einverstanden sind. Es sind alle damit einverstanden!

Leider kann man mit meiner Navigations-App nicht wirklich gut Peilungen nehmen. Aber ich bin ganz gut darin, eine Peilung einfach von der Karte zu schätzen. Die Richtung zu unserem Ziel schätze ich auf 45 Grad südlicher als West, was 225 Grad entspricht (es sind 221, wie ich später mit meiner richtigen Navigations-App nachprüfe). Zur Sicherheit schnalle ich mir noch mein Handy um den Hals, das durch eine wasserdichte Hülle vor dem Schicksal seines Vorgängers geschützt ist. Damit habe ich mein VHF-Funkgerät, meine Kamera, mein Handy und meine "Blue Bull"-Flasche zwischen Rippen und Schwimmweste stecken. Alles - bis auf die Flasche - mit Benzeln oder Karabiner gesichert. Da ist es beruhigend, ein scharfes Messer griffbereit mitzuführen - und damit selbstverständlich wasserfestes Pflaster in einer der Taschen der Schwimmweste 😎.

Die Überprüfung unseres gesteuerten Kurses mittels Handy-App ergibt, dass wir deutlich nach Norden versetzt werden - warum auch immer. Erst als wir uns auf "den anderen" Wald als anzusteuerndes Ziel einigen, fallen Kurs über Grund und Zielrichtung überein. Um kurz vor halb acht erreichen den Übernachtungsplatz. Es fehlen nur 800 Meter zu einem Tagespensum von 50 Kilometern.

Wegen der schützenden Bäume sind die Zelte am nächsten Morgen praktisch trocken. Das ist auch gut so, denn zwar zeigt sich die Sonne am Horizont, aber sie hat keinen richtigen Wumms, weil ihre Strahlen sich erst durch eine dicke Dunstschicht arbeiten müssen. So schafft sie es kaum, unsere aufgehängte Wäsche zu trocken. Wir sind recht früh aus den Zelten gekrochen und die notwendigen Verrichtungen gehen recht zügig vonstatten, so dass wir bereits um neun Uhr auf dem Wasser dümpeln. Die Entfernung bis zum Hafen von Mommark beträgt gute drei Kilometer - das sollte uns nicht lange aufhalten. Die ursprünglich angesagten sechs Windstärken sind allesamt spurlos verdunstet - es herrscht klassische Flaute!

In Mommark entladen wir mein Boot komplett und Madithas soweit, dass sie nur das absolut Notwendigste übrig behält. Sollte sie in Bülk übernachten müssen, will sie eben im Biwaksack schlafen.

Zum Abschied drücke ich Maditha noch einmal und wünsche ihr eine gute Fahrt. Ich weiß aber, dass sie die optimalen Bedingungen hat - und den notwendigen Willen, ihr Boot nach Kiel zu paddeln!

Unterwegs haben wir festgestellt, dass ich genau so  alt bin wie ihr Vater! Wie schön, wenn die Begeisterung für das Paddeln zwei so weit entfernte Generationen zusammenbringt und beiden eine so schöne Fahrt beschert!

... nur noch 72 Kilometer!



Sonntag, 15. August 2021

Rund Broager Land

Jahrelang habe ich immer eine Tour im Bereich der Flensburger Förde für Einsteiger angeboten, die den Namen "Grenzüberschreitendes Paddeln" trug. Und jahrelang habe ich immer gedacht, dass es doch auch einmal reizvoll wäre, dabei über den kleinen Belt in die Dänische Südsee zu fahren. Dieses Jahr habe ich die Tour gleich mit "Dänische Südsee" überschrieben!

Das hat mir auch eine erkleckliche Anzahl von Anmeldungen eingebracht: bis kurz vor dem Termin wollten sechs Interessenten mit mir auf Tour gehen. Damit war genau die Gruppengröße beisammen, die ich mir vorgestellt hatte. Dann kamen aber noch Berhard und Isabelle dazu, und ich dachte mir, acht geht auch noch gerade so. Als sich dann aber noch zwei weitere Kandidaten meldeten, musste ich sie schweren Herzen auf die Warteliste setzen. Ich möchte nicht mit einer Bande von zehn Leuten auf einem der primitiven Übernachtungsplätze in Dänemark auflaufen.

Die legendäre Querung des kleinen Beltes 2013
Aufgrund meiner nun doch schon langjährigen Erfahrung muss ich leider sagen, dass das Wetter im August sich entgegen der Erwartung häufig ungemein garstig gibt. Zumindest wenn ich auf Paddeltour gehe! Eine Woche vorher ist für das avisierte Wochenende am Freitag noch akzeptabler Wind vorhergesagt, aber für Samstag fünf bis sechs Beaufort aus West und für Sonntag dann sechs bis sieben ebenfalls aus West.

Sich gegen sechs bis sieben Beaufort von Osten zurück über den Belt zu kämpfen, ist eine reizvolle Herausforderung. Aber ich werde sie nicht einer Gruppe zumuten, von der ich weiß, dass sie noch nie in solchen Bedingungen gepaddelt ist und vor allem nicht über eine so weite so ausgesetzte Strecke. Aber die Wettervorhersage hat ja noch eine Woche Zeit, sich zu bessern. Jedenfalls kündigte ich den Teilnehmern schon mal vorsorglich an, dass wir bei widriger Witterung nicht in die Dänische Südsee fahren, sondern im Bereich der Flensburger Förde bleiben würden

Ich beobachte die Wettervorhersage jeden Tag aufmerksam. Was sich dabei entwickelt, habe ich noch nie vorher erlebt: eine über eine Woche so komplett unbrauchbare Vorhersage - jeden Tag eine Lage, die die des Vortages komplett auf den Kopf stellt! Zwischenzeitlich ergibt sich sogar die Situation, dass wir bei Querung des Beltes sowohl auf der Hintour wie auch bei der Rücktour Rückenwind haben sollen! 

Am Freitag unserer Abfahrt ist die Vorhersage immer noch so, dass recht strammer Westwind herrschen soll, am Samstag noch mehr und am Sonntag dann richtig viel. Wir fahren erst einmal nach Habernis, meinem klassischen Startort für diese Tour und nehmen uns vor, heute nur bis zum Übernachtungsplatz an der Steilküste auf Broager zu fahren.

Es geht ein durchaus lebhafter Wind aus West - also recht genau quer zu unserer Fahrtrichtung. Natürlich ruft der einen deutlichen Versatz hervor und wenn wir nicht aufmerksam fahren, würde unsere Spur eine deutliche Hundekurve ergeben und damit länger werden als notwendig. Zum Glück ragt ein prägnanter Busch über den Horizont bei den Dybbeler Schanzen, den ich als Haltepunkt anbiete: wenn der immer in Deckung mit der äußersten Spitze von Broager bleibt, fahren wir einen geraden Kurs. Diese Ansage war eigentlich nur als grober Anhaltspunkt gemeint, aber alle folgen ihr mit einer bewundernswerten Präzision, so dass unsere GPS-Spur vorbildlich gerade verläuft und sich in ihr nicht der geringste Anhaltspunkt für Seitenwind finden lässt!

Es ist schon eine Gruppe deutscher Radfahrer auf dem Übernachtungsplatz versammelt. Sie sind aus Husum, haben ihre Autos unweit abgestellt und wollten eigentlich von Platz zu Platz wandern. Aber hier gefällt es ihnen so gut, dass sie nun doch länger bleiben wollen. Kann ich gut verstehen.

Es ist angenehm lau und vor allem trocken, so dass wir problemlos zusammen am Holztisch sitzen und unser Abendbrot zubereiten können. Leider gibt es hier den Treppenbaum nicht mehr und auch keinen Abfalleimer wie früher. Aber es ist immer noch einer meiner Lieblingsplätze - weil er so schön geschützt ist und natürlich und vor allem wegen des Ausblicks. Als es dunkel wird, verkriechen sich die anderen nacheinander in ihre Stoffhütten - ich sitze noch lange am Waldrand und blicke in den Himmel. Es ist Perseiden-Hochzeit. Nach der zehnten Sternschnuppe gehe ich dann auch ins Zelt.

Am nächsten Morgen checke ich als erstes die Wettervorhersage. Der Wind soll wie gehabt frisch aus West wehen. Und es ist ein einziger klitzekleiner Regentropfen am Nachmittag vorhergesagt. Ich gehe so meinen Verrichtungen nach, während die anderen noch in ihren Zelten mümmeln. Nachdem ich meinen zweiten Tee intus habe, kommt ein Wanderer den Gendarmen-Stig entlang marschiert. Er biegt gleich ab auf mich zu und setzt sich neben mich auf die Bank. Seine erste Frage auf dänisch, ob das unsere Kajaks am Strand sind, kann ich noch beantworten. Aber danach muss ich ihm eröffnen, dass dänisch eher nicht meine Paradedisziplin ist. Er denkt eine Weile nach und schaltet dann auf englisch um. Mir gefällt, dass er sich Zeit lässt. Das scheint er mit großer Sorgfalt zu tun, denn er ist seit fünf Wochen zu Fuß durch Dänemark unterwegs. Er kommt von Skagen und ist bereits auf dem Rückweg. Morgen will er bis Sonderburg gehen und dann von dort mit dem Zug zurück nach Aarhus fahren, wo er wohnt. Er wandert mit absolut kleinem Gepäck, Proviant kauft er sich, wenn er ihn braucht, am Wege und für Wasser klopft er an die nächste Tür. Wir reden eine gute Weile - über vieles, aber vor allem über das einfache Leben. Zum Abschied beantworte ich noch seine Frage, ob es heute Regen geben wird: "Nicht wirklich - höchstens mal ein kurzer, leichter Schauer!". Er wünscht mir zum Abschied alles Gute.

Während des Frühstücks mit den anderen werfe ich die beiden Optionen, die wir haben, auf den Holztisch: Nach Norden in den Alsensund oder nach Westen ins Noor hinter Egernsund. Alsensund hat den Vorteil, dass wir nur in geschützten Gewässern fahren und keinen wesentlichen Gegenwind haben. Auf der anderen Seite kommen wir dann am Sonntag auch nicht in den Genuss des ordentlich vorhergesagten Westwindes, weil der uns dann eben genau von der Seite treffen würde.

Egernsund bedeutet gute zehn Kilometer gegen einen Wind von fünf Beaufort - hat aber den Vorteil, dass wir auf einem wunderbar geschützten Platz übernachten und am Tag drauf mit einem kräftigen Rückenwind nach Hause surfen können. Die Gruppe ist sich überraschend schnell einig, dass die Karte mit der Hasenvariante nicht gezogen wird.

Das Verfrachten der Ausrüstung in die Boote gestaltet sich länglich, weil man ja immer gute hundert Meter latschen muss, bis man vom Zelt über das Steilufer zum Strand gelangt. Außerdem sind wir voll im Urlaubs- und Entspannungsmodus, und es gibt keine drängelnde Tide hier! So zeigt die Uhr bereits High Noon, als wir endlich auf dem Wasser dümpeln.

Durch die Anstrengung beim häufigen An- und Abstieg des Steilufers kommt man hier in der Windabdeckung leicht ins Schwitzen und man ist geneigt, nur leichte Bekleidung anzulegen. Aber ich weise darauf hin, dass sich das mit der Hitze sofort legen wird, wenn wir um die nächste Ecke biegen. Hier haben sich schon mehrfach einzelne Leute "verkleidet", weil sie den lokalen Verhältnissen aufgesessen sind. Beim Leuchtturm Kalkgrund geht schon ein Regenschauer nieder.

Bis zum südlichsten Zipfel von Broager Land genießen wir noch etwas Windschutz. Aber die dort tobenden Kite-Surfer haben sich nicht ohne Grund hier versammelt. Danach geht es mit etwa vier Stundenkilometern stoisch weiter Richtung Westen, zum Ort, wo der Wind herkommt!

Nach eindreiviertel Stunden signalisiert Elli mir, dass sie sich über ein Pause freuen würde. Das kommt mir ganz gelegen, denn erst am westlichen Zipfel der Halbinsel eine Rast einzulegen, hat das Problem, dass man dort schlecht einen geschützen Ort findet, an dem der Wind nicht jede Freude an der Entspannung wegweht. Ich erblicke ein Gehöft, bei dem ein Schuppen dicht am Ufer steht. Vielleicht kann uns der als Windschutz dienen - ich halte straks drauf zu.

Richtig gemütlich ist die Pause nicht, weil die Sonne nicht scheint und der Wind garstig weht. Aber wir können uns mit den vorbereiteten Stullen oder einfachen Nüssen stärken. Als dann recht bald Regen einsetzt, ist die Gemütlichkeit endgültig im Eimer und wir satteln die Boote für den Rest der Etappe. Weil mir etwas kalt geworden ist, muss ich als erstes einen Schnörkel paddeln und wenig später etwas schneller und dann mit einem Schörkel wieder zur Gruppe zurück. Danach bin ich wieder auf Betriebstemperatur.

Die brauche ich auch, denn nun straft das Wetter meine Aussage von heute Morgen endgültig Lügen: es schüttet wie aus Kübeln! Ich muntere Lykke neben mir auf, dass es ja zum Glück Süßwasser ist, was da runter kommt, und das spült schließlich das ganze, gräßliche Salz ab! Ich weiß nicht, ob sie das überzeugt, aber sie lächelt zurück! Der Regen ist zwar heftig - der wandernde Däne tut mir echt leid! - aber er dauert nicht übermäßig lange. Direkt danach reißt der Himmel auf, und die Sonne strahlt scheinheilig aus einem blauen Himmel!

Die Einfahrt ins Noor ist aus dieser Richtung kommend erst sehr spät zu sehen, aber irgendwann erreichen wir sie und paddeln in ein absolut ruhig daliegendes Gewässer.

Ich steuere zuerst eine Stelle am Ufer an, von der ich meine, dass es sich um den Zugang zum Zeltplatz handelt, muss aber feststellen, dass der noch 100 Meter weiter nooreinwärts liegt. Der Platz ist in einem super Zustand - der Rasen ist gemäht, es gibt einen nagelneuen Holztisch und einen Abfalleimer! 

Es ist noch etwas früh für das Abendessen und so müssen wir uns die Zeit bis dahin etwas vertreiben. Dazu erkunden wir die nähere Umgebung und versuchen, nach Downtown-Egernsund zu gelangen. Aber das ist uns dann doch etwas zu weit und wir drehen auf halber Strecke um. Unterwegs treffen wir noch einen Tigerschniedel, den Freund aller Schrebergärtner, weil der ja diese ekligen braunen Wegschnecken frisst! Sympatischer kleiner Kerl!

Als es an das Bereiten des Abendbrotes geht, müssen Lykke und Simon feststellen, dass irgendjemand ihre Speiseölflasche nicht korrekt zugedreht hat, so dass sich ihr Inhalt davon gemacht hat. Die gute Nachricht ist, dass der Packsack erstaunlich dicht gehalten hat! Es ist allerdings einiges an Klopapier notwendig, um die Spuren dieser Ölkrise zu beseitigen.

Den ganzen Abend über scheint die Sonne und es ist leidlich lau - auch wenn die Auffassungen darüber möglicherweise auseinandergehen. Ich koche mit einen Tee nach dem anderen Kakao - denn meine Gaskartusche ist so gut wie leer und ich würde sie gerne in den bereits verstohlen danach gierenden Abfallbehälter entsorgen. Aber noch gibt sie sich nicht geschlagen.

Am nächsten Morgen ist mein Zelt das einzige, das von der Sonne beschienen wird. Dementsprechend bin ich der erste, der am Frühstückstisch sitzt und die Gaskartusche abermals testet. Es ist einfach unglaublich, wie lange aus der quasi leeren Blechdose noch brennbares Gas strömt! Elke nimmt als erstes ein Bad im Noor, nachdem sie in der Senkrechten ist. Ich halte das für übertrieben bei den herrschenden Temperaturen! 

Dank der Mülltonne, in der schließlich doch noch meine erfolgreich entleerte Kartusche landet, sind unsere Boote heute spürbar leichter, als wir sie ins Wasser heben. Nach Wettervorhersage soll ja ein ordentlicher Westwind herrschen, aber hier ist davon noch absolut nichts zu spüren. Über glattes Wasser paddeln wir zur Zugbrücke in Egernsund. Dort wartet schon eine Segelyacht namens "Lykke" darauf, dass die Straße hochgeklappt wird, damit sie in die Förde passieren kann. Wir ziehen einfach unsere Köpfe ein wenig ein und fahren unter durch.

Es herrscht heute deutlich mehr Schiffsverkehr in Form von heimkehrenden Segelyachten. Natürlich fahren die alle quer zu unserer Fahrtrichtung, weil sie um die "Schwiegermutter-Tonne" herum müssen und nicht wie wir durch das Flach vor Holnis fahren können. Da die Yachten wegen des guten Windes einigermaßen Tempo drauf haben, ist es nicht leicht einzuschätzen, ob man noch vor ihnen durch kommt oder sie besser passieren lässt. Für manche Querläufer müssen wir nach rechts schwenken und beschleunigen, für manche nach links und verzögern. Entsprechend stellt sich unsere GPS-Spur für diesen Bereich wie eine Schlangenlinie dar.

In Langballigau gehen wir für eine Pause an Land. Das Wetter ist nicht gemacht, um gemütlich in der Sonne zu sitzen und ein Fischbrötchen zu essen. Trotzdem ist es im Ort voll wie auf dem Kuhdamm. Es wird mir ein ewiges Rätsel bleiben, warum die halbe Welt sonntags immer nach Langballigau reist, um hier zu flanieren.

Leider hält der Wind nicht, was die Vorhersage versprochen hat - er weht mit höchstens vier Beaufort! Aber immerhin wie versprochen aus Westen. Bei diesen Bedingungen hätte man durchaus über den Belt fahren können! Nun ja - es ist, wie es ist. Nächstes Mal!

GPS-Daten


Sonntag, 18. Juli 2021

Rund Alsen

Durch die durchweg positiven Erfahrungen im Vorjahr angefixt wollte ich auch dieses Jahr wieder eine Tour Anfang Juli auf der Nordseetour unternehmen. In der Hoffnung auf ein Corona-Wellental hatte ich sie schon Anfang April als Vereinsfahrt angeboten. Irgendwie habe ich mich bei dem ins Auge gefassten Termin aber mit der Tide vertan: am ursprünglich ausgesuchten ersten Wochenende im Juli war das Schwappen des Wassers einer entspannten Tour ganz und gar nicht gewogen. Ohne eine rechte Erklärung für meine anfängliche Wahl, die mein Ansehen und das Vertrauen in meine Kompetenz bezüglich Tourenplanung hätte retten können, musste ich den Termin dann um eine Woche verschieben. Dadurch verlor ich aber zwei Interessentinnen, die das dann gewählte Wochenende schon anderweitig verplant hatten. Immerhin konnte ich dadurch aber auch Ulrich und Peter noch als Mitfahrer gewinnen.

Vorhersage am Mittwoch, den 14.07.
Durch diese kleine Rochade klang die Gruppenzusammensetzung - Sabine, Jörg, Peter, Ulrich und ich - wie man sie gestalten würde, wenn man Größeres vorhätte. Hatte ich aber eigentlich nicht. Allerdings zeigte sich die Wettervorhersage, sobald das Wochenende in ihre Reichweite rutschte, wenig verlockend. Wind konstant mindestens sechs Beaufort - und konstant aus nordwestlichen Richtungen. Trotzig Verdrängung übend versuchten Peter, Jörg und ich noch am Mittwoch der Vorwoche eine Umrundung von Amrum zu planen. Das war im Prinzip auch kein unüberwindliches Problem. Allein die Windvorhersage müsste sich noch drastisch ändern. Wird schon.

Wurde aber nicht. Am darauffolgenden Mittwoch war die Vorhersage für die Nordsee immer noch so, dass ich dort keine Paddeltour veranstalten wollte - auch nicht, wenn sich mit der Gruppenzusammensetzung prinzipiell Größeres bewältigen ließe. Zusammen mit Peter entsteht die Idee, Alsen zu umrunden, was ich am nächsten Tag noch detailliert ausarbeite und den anderen mitteile.

Es soll gegen den Uhrzeigersinn um Alsen herum gehen. Das ist kein Pappenstiel, denn es sind über 100 Kilometer. Es gibt ja Leute, die diese Insel an einem Tag umrunden, wie ich in der letzten Ausgabe unserer Vereinszeitung lesen musste - aber die starten dann nicht in Deutschland - und die müssen sich auch nicht mit einem sechser Wind auseinandersetzen.

Zur Ausarbeitung gehört auch, dass ich mir Übernachtungsplätze an geeigneten Positionen raussuche, so dass die Gesamtstrecke in zu bewältigende Etappen zerfällt. Für Freitag habe ich mir den Platz Taksensand rausgesucht, bis zu dem es aber 37 Kilometer sind, wenn wir von Wackerballig aus starten. Da wir dort aber erst am späten Nachmittag starten können, ist das vielleicht etwas zu ehrgeizig, so dass ich noch Blommeskobbel ins Auge fasse, wohin es auch schon sportliche 29 Kilometer sind. Die Koordinaten beider Plätze übernehme ich sorgfältig in mein GPS-Gerät.

Der Samstag würde dann ausgiebig Gelegenheit bieten, seine eigene Gegenwindfestigkeit zu testen, bevor wir dann gegen Ende des Tages in den Alsenfjord einbiegen und von da an Rückenwind haben würden. Die Überfahrt von Sonderburg nach Wackerballig - 18 Kilometer vor einem steifen Wind - die sind es, worauf ich mich freue und was die Tour lohnenswert macht!

Die Anreise ist einigermaßen zäh - in Eckernförde bremst uns ein Stau und auf der Bundesstraße nach Kappeln flutscht es auch nicht wirklich. Die uneingeschränkt gute Nachricht ist, dass das Parken in Wackerballig nichts kostet! Überhaupt wirkt der Ort, als würde das Leben der restlichen Welt im wesentlichen an ihm vorbeitoben.

Davon träumen Babies!
Das Wasser am Strand hier wird so seicht tiefer, dass die Badegäste gute hundert Meter waten müssen, bevor sie in knietiefem Wasser endlich etwas schwimmen können. Dafür ist es so unglaublich warm, dass sogar das Mittelmeer neidisch werden würde! Nachdem ich mein Babythermometer ins Wasser gehalten habe, will ich es kaum glauben: 27° Wassertemperatur!

Es herrscht kaum Wind, wir gleiten zügig nach Norden. Ulrich hat ein funktionierendes GPS dabei und unsere Position, Geschwindigkeit und noch zu bewältigende Entfernung ständig im Blick, Sabine trägt eine GPS-Uhr am Arm, mit der sie unsere zurückgelegte Entfernung und die aktuelle Geschwindigkeit checken kann, und Jörg hat ein Handy und eine App, mit der er nachsehen könnte, wo wir sind und was wir da wollen! Peter fährt nach Bauchgefühl  und ich - sagte ich schon, dass mein sorgfältig mit den Koordinaten der Übernachtungsplätze programmiertes GPS-Gerät immer noch am USB-Port meines heimischen Rechners hängt?

Ulrich fährt vorschriftsmäßig soweit vom Ufer entfernt, dass er außerhalb der Grenzen des Naturschutzgebietes Geltinger Birk bleibt, während wir anderen einfach einen plausibel weiten Abstand zum Ufer halten, so dass kein Kormoran auf die Idee kommt, unsretwegen auffliegen zu müssen.

Hinter der Spitze der Birk müssen wir noch einmal deutlich nach Osten abbiegen, denn die Süd-Ost-Spitze von Alsen ragt noch eine ganze Ecke in diese Richtung über die Halbinsel Kegnäs hinaus. Das Queren der Flensburger Förde ist hier sehr meditativ, da sich kaum ein Wellchen regt oder ein Lüftchen weht. Ulrich macht die Hitze etwas zu schaffen. Er verschafft sich Linderung, indem er hin und wieder seinen Hut mit Ostseewasser tränkt.

Als wir etwa querab Kegnäs Fyr sind, fragt Sabine mich nach einer Schätzung der Entfernung bis zur gut sichtbaren grünen Fahrwassertonne. "Zwei Kilometer" ist meine Antwort. Als wir sie dann erreichen, zeigt ihre Uhr dann aber doch 150 Meter mehr an! "Und wieweit ist es nun bis zur Landspitze?" Die meisten schätzen das auf drei Kilometer - aber Ulrich raubt uns gleich die Illusion, er kann als einziger auf seinem GPS-Gerät sehen, dass es ziemlich genau fünf Kilometer sind. So verlässlich ist die Entfernungsschätzung auf See eben leider doch nicht.

Wir fahren hier zeitweise ziemlich weit verstreut auf der Wasserfläche umher - teilweise mit 500 und mehr Metern Abstand. Das ist für mich unter diesen Bedingungen aber überhaupt kein Problem. Solange sich die Teilnehmer in Sichtweite befinden, kann ich jeden jederzeit erreichen, wenn einer trotz fehlender Anlässe Probleme bekommen sollte - und er kann bei 24° Wassertemperatur gerne eine Weile im Wasser schwimmen, bevor ich ihn erreiche.

Bei Poelshuk, dem südöstlichen Zipfel von Alsen, beschließe ich, dass wir heute doch "nur" bis Blommeskobbel fahren. Wir würden sonst erst im Dunkeln ankommen und morgen haben wir halt den ganzen Tag Zeit und da können wir die "verlorenen" acht Kilometer leicht wieder reinpaddeln.

Ulrich benutzt wegen der Hitze sein Camel-Back häufig und intensiv - was ja gut ist. Aber es ist wohl noch recht neu - und schmeckt deshalb deutlich danach. Das führt schließlich dazu,  dass ihm total kodderig ist und wir kurz an Land müssen, um seinen inneren Zusammenhalt wiederherzustellen. Aber die wenigen Kilometer bis zum Übernachtungsplatz kann er danach ohne weitere Probleme aus eigener Kraft zurücklegen.

Nachdem wir an Mommark vorbei sind, wollen wir intensiv nach dem Übernachtungsplatz Ausschau halten. Jörg hat ja die Shelter-App und die zeigt ihm verlässlich, wie weit wir noch von unserem Ziel entfernt sind. Ja - wenn eben Empfang da ist. Ist aber nicht. Das beschäftigt ihn eine Weile. Insbesondere macht ihm zu schaffen, dass er keine Erklärung für die Empfangsverweigerung seines Gerätes hat. Nach einem kompletten Neustart, der das Problem schließlich behebt, bleibt für ihn als Grund für die Fehlfunktion nur die Erkenntnis: "Diese Geräte tun so etwas!"

Der Übernachtungsplatz liegt an einer Steilküste, aber der Weg nach oben ist nicht kompliziert. Oben erwartet uns ein idyllischer Lagerplatz mit wunderbarer Aussicht. Es ist unglaublich warm - auch ohne ein Lagerfeuer, um dessen Stelle wir uns versammelt haben, um jeder für sich das Abendessen  zu zelebrieren. Ich hatte Jörg missverstanden und dachte, dass er auch Essen für heute organisieren wollte und nicht nur für Samstag. Aber zum Glück habe ich ja eine Extra-Portion "Peking-Ente" eingepackt - für Notfälle!

Wir sitzen noch eine ganze Weile und sinnieren in die nicht vorhandenen Flammen, lassen das eine oder andere gemeinsam überstandene Abenteuer noch einmal aufleben. Nur vereinzelte Mücken stören die Idylle. Um Punkt 23 Uhr wird ein imaginärer Schalter umgelegt und die Flaute gründlich weggeweht. Das ist der Wetterwechsel! Die Baumkronen wiegen sich mächtig rauschend im Schwarz der Nacht.

Die ist übrigens entsetzlich warm. Ich habe meinen Schlafsack zwar ausgepackt, aber eigentlich nur, weil ich glaube, dass er sich außerhalb des ihn arg beengenden Packsack deutlich wohler fühlt. Zur Bedeckung reicht vollkommen das dünne Seideninlet, in das ich auch erst spät in der Nacht schlüpfe.

Am Morgen hat der Wind etwas nachgelassen - was nicht heißt. das keiner mehr wehen würde. Der Kleine Belt ist draußen voller weißer Schaumkronen - das sind immer noch satte fünf Beaufort. Leider wehen die genau aus der Richtung, in die wir wollen. Da ist es perfekt passend, dass Ulrich frische Eier mitgenommen hat und reichlich Pfannkuchen für uns alle zum Frühstück produziert. Die sind oberlecker und finden reißenden Absatz.

Da das Wasser am Ufer durch den Wind recht unruhig ist, ist es keine gute Idee, wenn jeder einzeln mit seinem vollbeladenen Boot versucht, den steinigen Uferstreifen zu überwinden. Wir überlegen uns eine ausgefeilte Taktik: als erstes tragen wir Sabines Boot gemeinsam ins Wasser und postieren sie daneben. Danach tragen wir die übrigen Boote zu viert ins Wasser und lassen sie dort von Sabine festhalten. Dann steigt einer nach dem anderen in sein Boot, wobei die anderen es festhalten - bis nur noch einer bis über die Hüften im Wasser steht. Als letztes versuche ich dann, so gut es geht, ebenfalls in mein Boot zu klettern, ohne allzu viel Ostsee mit hineinzunehmen. Wie schön, dass das Wasser hier um die 22° hat, da ist es kein Problem, ein Weilchen im Wasser zu stehen.

Die Lage an der Elektronik-Front stellt sich heute nicht sehr erfreulich dar: Jörgs Handy ist leer, Sabines GPS-Uhr hat über Nacht nicht geladen und die Knöpfe an Ulrichs GPS-Gerät sind nicht für die rauhe Behandlung ausgelegt, dass sie immer mittels Daumennagel betätigt werden müssen. Sie haben den Klügeren gespielt und nachgegeben - mit der Konsequenz, dass nun durch ein Loch Wasser ins Innere der Elektronik dringen könnte. Also müssen wir versuchen, unseren Weg heute alleine zu finden. Bei einer Inselumrundung sollte das zu machen sein: wir müssen nur darauf achten, dass links Land, vorne Wasser und rechts Ozean ist!

An der Hafeneinfahrt von Fynshav halten wir kurz inne und lassen einen Kormoran passieren - und die Fähre gleich mit, weil sie auch gerade kommt.

Wenig später sehe ich etwas grünes im grünen Wasser dümpeln und fahre hin. Es ist eine Flaschenpost, deren Inhalt noch halbwegs intakt aussieht. Ich rette sie in mein Boot und werde sie in aller Ruhe und Sorgfalt zu Hause öffnen und dann den darin beschriebenen Schatz heben - oder die Schiffbrüchigen, deren Hilferuf es ist, von ihrer Insel retten - oder die Prinzessin befreien, die hier von ihrer Gefangenschaft berichtet - und sie dann heiraten und ihre Stiefmutter ins Gefängnis stecken! Das hat sie dann davon! Jedenfalls bin ich gespannt.

Hinter Fynyhav erstreckt sich eine flache Bucht, die wir in gerader Linie queren. Wir peilen den Leuchtturm an, der an ihrem Ende schon von weitem erkennbar ist - wie sich das für gute Leuchttürme gehört - und wovon sich das Bülker Exemplar mal eine Scheibe abschneiden sollte!

Eigentlich wollten wir gerne direkt am Leuchtturm Pause machen, aber offensichtlich verspürt Sabine, die meistens weit vorne fährt, einen solchen Druck in der Blase, dass sie einige hundert Meter vorher an Land geht und umgehend im Buschwerk verschwindet. Wie wir feststellen müssen, ist der Ort optimal gewählt, denn ab hier bis zum Leuchtturm ist alles Schutzgebiet, in dem man nicht anlanden darf. Außerdem gibt es hier eine Tisch-Bank-Kombination, mehrere Abfalleimer - und in einiger Entfernung sogar eine komfortable Toilette! Wir stärken uns ausgiebig und vernichten dabei auch die vom Frühstück übrig gebliebenen Eierlappen.

Bis hierhin haben wir 15 Kilometer auf der Uhr - und wir sind gute drei Stunden unterwegs. Diese auf den ersten Blick wenig beeindruckende Performance ist schlicht Ausdruck der Tatsache, dass wir uns die gesamte Zeit gegen einen Wind voran kämpfen, der uns mit vier bis fünf Beaufort entgegenbläst. Dafür ist unsere Geschwindigkeit sehr solide.

Vom Geschwindigkeitsdiagramm des heutigen Tages kann man sich praktisch die gesamte Tour erzählen lassen: bis zur ersten, kurzen Pause in Fynshav, bei der wir den Kormoran passieren lassen, wirkt die Küstenlinie noch etwas als Windschutz, danach knickt die Landschaft deutlich nach Westen ab und liefert uns damit dem Wind ungeschützt aus. Man sieht auch, dass mit zunehmender Dauer die Geschwindigkeit nachlässt.

Nach der Pause am Leuchtturm (km 15) geht es mit frischer Energie weiter. Der deutlich erhöhte Block zwischen km 20 und 24 spiegelt die halbe Stunde wieder, in der ich "mein Boot mal laufen lassen" habe. Der kleine, noch höhere Peak ist die kurze Phase, in der ich mit dem Wind zur Gruppe zurück paddle. Ab da mühen wir uns wieder mit nachlassender Spritzigkeit bis zur nächsten Pause kurz hinter der äußersten Nordspitze der Insel. Auch diese Pause wirkt belebend, und wir sind danach über einen Stundenkilometer flotter unterwegs als die letzte dreiviertel Stunde davor. Als wir schließlich in den Alsenfjord einbiegen, haben wir den Wind endlich von hinten, und wir surfen entspannt dem anvisierten Übernachtungsplatz zu. Schon toll, was man aus so einem GPS-Diagramm alles heraus lesen kann!

Direkt vor dem Nordkapp von Alsen liegt ein ziemlich ausgedehntes Flach. Das erzeugt natürlich spritzende Wellen, die einem aber nix tun, weil sie einfach zu klein sind. Aber es tummeln sich zahlreiche Kite-Surfer hier, für die das natürlich ein ideales Revier ist.

Die Navigation im Alsenfjord ist nicht mehr so trivial wie vorher - weil wir jetzt links und rechts Land haben! Und dann zweigt auch noch der Augustenborgfjord nach links ab und bietet damit eine prima Möglichkeit, sich grandios zu verfahren. Aber bei der Versammlung gewiefter Navigatoren bewältigen wir die Herausforderung, ohne Umwege in den Alsensund einzubiegen, ohne Probleme. Einen Umweg machen aber Sabine und Jörg noch - sie sind sich nicht sicher, ob wir mit unserem Trinkwasser über die Runden kommen und holen noch Nachschub vom Zeltplatz auf der anderen Sundseite.

Am Übernachtungsplatz Arnkill hat außer uns nur noch ein dänisches Pärchen sein Zelt aufgeschlagen. Die beiden sind mit Fahrrädern unterwegs und wollen morgen eine ordentliche Strecke zurücklegen. Aber anders als wir, wollen sie morgen gegen den Wind fahren! Der Platz hat sich nicht großartig verändert, seitdem ich das letzte Mal hier war - allerdings existiert das Plumpsklo im Wald nicht mehr. Dafür gibt es jetzt Bremsen hier!

Am nächsten Morgen muss ich wieder feststellen, das der Platz immer ausgesprochen feucht ist. Und die Morgensonne erreicht die Zelte erst sehr spät. Aber bis zum Einpacken ist unsere Ausrüstung gut durchgetrocknet. Es ist deutlich kühler geworden. Als wir in die Boote steigen, haben alle an der Bekleidung zugelegt. Ich habe eine langärmlige Paddeljacke an und überlege bald, sie wieder auszuziehen, weil es so kalt dann doch nicht ist. Ich warte damit bis zur Pause in Sonderburg.

Es sind zwar nur gute sieben Kilometer bis zum Strand an der Bucht Vemmingbund am südlichen Ausgang des Alsensunds, aber hier ist die letzte Möglichkeit, eine Pause an Land zu machen, bevor wir die 18 Kilometer weite Querung zurück nach Wackerballig angehen. Hier am Strand ist es sehr windgeschützt und man kann kaum glauben, dass draußen ernst zu nehmende Wellen auf uns warten. Aber ich sehe mir lange und ausgiebig den Horizont an und die Segelboote, die weit draußen gefährlich schief durch die Landschaft stampfen. Die Kimm ist leidlich ausgefranst - ein untrügliches Zeichen für eine rauhe See. 

In einer kurzen Lagebesprechung einigen wir uns auf den zu steuernden Kurs. Die gegenüberliegende Küste ist zwar eindeutig zu erkennen, aber natürlich sind auf die Entfernung keine Einzelheiten auszumachen. Ulrich hat eine grobe, vom Bildschirm abgepauste, handgemalte Seekarte dabei und zudem ein Fernglas. Ich habe Kopien der einzelnen Routenabschnitte mit allen Peilungen und Entfernungen im vorderen Schott und in der Tagesluke ein Tablet mit einer Fully-Featured-Navigations-App, bei der ich die Route schon einprogrammiert habe. Nichts davon benutzen wir. Ich weiß im Nachhinein nicht wirklich, warum wir uns lediglich auf eine grobe, optische Daumenpeilung beschränken. Es kann natürlich unter diesen Verhältnissen nichts wirklich schief gehen, aber irgendwie wäre es professioneller gewesen, wenigstens eines der anerkannten Navigationsmittel zu benutzen. So schätze ich die Richtung zu unserem Ziel auf deutlich mehr als 45 Grad südlich von Ost. Unter Berücksichtigung der Winddrift und der kajakspezifisch möglichen Präzision beim Ablesen der Kompasswerte gebe ich zwischen 150 und 180 Grad als zu steuernden Kurs vor (der in meiner Routenplanung angegebene Kurs wäre 161 Grad gewesen).

Eine dreiviertel Stunde gönnen wir uns, um Kräfte zu sammeln, die Toilette zu nutzen und - nach meiner eindringlichen Beschreibung der uns erwartenden Verhältnisse - nochmals die Kleidung anzupassen, bevor wir wieder in See stechen. Anfangs ist der Seegang noch recht moderat, aber sehr bald steigert er sich beträchtlich - und es ist absehbar, dass es noch deutlich anspruchsvoller werden wird. Obwohl ich weiß, dass alle meine Begleiter solche Bedingungen sicher handhaben können, bin ich anfangs deutlich angespannt. Es ist keinesfalls aus Sorge, dass mir die Verhältnisse selbst Probleme bereiten würden. Es ist eine Sorge, die sich allein aus der Verantwortung ergibt: diese Tour ist keine, für die Peter, Jörg und ich uns zusammengefunden haben und sie gemeinsam unternehmen - es ist eine, die ich angeboten habe und für die sich Peter, Jörg und die beiden anderen angemeldet haben. Es ist von außen betrachtet eigentlich kein Unterschied - aber es fühlt sich innen deutlich anders an!

Es dauert zum Glück nicht übermäßig lange, bis ich mich wieder entspanne. Komischer Weise nimmt die Entspannung mit zunehmender Wellenhöhe immer weiter zu! Anfangs beträgt die Wellenhöhe einen guten halben Meter - mit vereinzelten Kavenzfrauen dazwischen, die auf einen dreiviertel Meter kommen. Aber nach zwei Dritteln der Strecke sind die meisten Wellen im dreiviertel Meter-Bereich und ziemlich viele einen Meter hoch. Auch diese gestiegene Herausforderung kann man am Geschwindigkeitsdiagramm ablesen: Wir werden im Verlaufe der Querung kontinuierlich langsamer - obwohl der Rückenwind immer weiter zunimmt! Das liegt bestimmt nicht an zunehmender Erschöpfung!

Wir fahren die ganze Zeit einen konstanten Kurs - eine Gruppe von Windrädern an Land im Visier, die so schön passend postiert ist, dass wir nie unter 150 Grad steuern. Gemäß meiner Ansage vor Beginn der Überfahrt bleiben wir auch dicht beieinander, so dass jederzeit eine koordinierte Rettungsaktion möglich wäre, sollte einer einen Krebs fangen.

Ich versuche die gesamte Zeit über, die mehr oder minder unstrukturierte Küstenlinie daraufhin abzusuchen, wo der westliche Eingang der Geltinger Bucht liegt. Erst sehr spät meine ich etwas passendes gefunden zu haben, dass überraschender Weise genau in unserem Vorauskurs liegt. Ich hatte damit gerechnet, dass wir eigentlich weiter östlich gesteuert hätten. Nur wenig nach meiner Erkenntnis macht mich Sabine auf seltsame Strukturen aufmerksam, die in genau südlicher Richtung liegen. Sie erinnern etwas an Hochhäuser, aber wir wissen, dass es in dieser Richtung keine gibt. Erst mit Näherkommen lösen sich die einzelnen Blöcke auf und man erkennt, dass es dicht zusammen stehende Segelmasten sind, die auf die Entfernung in Gruppen wie durchgehende Blöcke erscheinen. Das kann nur der Segelhafen von Gelting sein! Damit steht fest, dass wir ganz gehörig zu weit nach Osten gesteuert haben!

Was wir für die östliche Begrenzung der Geltinger Bucht gehalten haben, ist lediglich der Eingang in ein klitzekleines Noor innerhalb der Geltinger Birk. Die Begrenzungen der Bucht selbst sind mit dem bloßen Auge an der Horizontlinie überhaupt nicht als solche auszumachen! Wenn man sich die Seekarte ansieht, ist das auch nicht weiter verwunderlich: unser Kurs verläuft eigentlich die gesamte Zeit über parallel zur westlichen Uferlinie der Geltinger Bucht! Die Küstenlinie hat also praktisch überall denselben Abstand von uns - nirgends ein Punkt, ab wo die Linie nach hinten wegspringt! Für die letzten paar Minuten legen wir den Kurs deutlich nach Süden und haben den Wind damit genau von der Seite. Unsere Geschwindigkeit geht dadurch nicht merklich zurück.

Das Wasser vor Wackerballig ist immer noch so flach, wie bei unserer Abfahrt und nicht sehr viel kühler. Aber heute sind deutlich mehr Kite-Surfer unterwegs, durch die wir uns den Weg bahnen müssen. Selbst an Land rauscht der Wind immer noch so gewaltig, dass man den Eindruck hat, die Blätter wollen unbedingt nach Osten und bleiben nur, weil sie ihren Baum nicht mitbekommen. Beim Entladen der Boote muss Sabine feststellen, dass ihre vordere Gepäckluke randvoll mit Wasser gefüllt ist!

Heute ist die Parksituation hier nicht so entspannt wie am Freitag. Wir wollen noch ein kleines Eis essen gehen, machen aber vorher noch ein kleines Umpark-Manöver, damit jemand anderes schon mal unsere demnächst freiwerdende Parklücke nutzen kann. Es ist ein Kite-Surfer, der auch erfahrener Segler ist und gar nicht glauben kann, dass wir unter den Bedingungen mit so kleinen Booten von Sonderburg herüber gekommen sind. Wir sagen, dass die Boote schon sehr gut dafür geeignet sind - dass man es aber vorher üben sollte, wenn man es nachmachen möchte. Leider gibt es in ganz Downtown-Wackerballig keine einzige Möglichkeit, ein Eis zu essen :-|

Sonntag, 25. April 2021

Schwentine eiskalt

Es ist kaum zu glauben: fast ein halbes Jahr ist vergangen, seitdem ich meine letzte Tour gemacht habe! Nicht, dass ich in der Zwischenzeit nicht gepaddelt wäre - ganz im Gegenteil! Mit stoischer Regelmäßigkeit haben Jörg und ich in diesem Winter unsere Furchen in die Förde gepflügt. Nur ein einziges Wochenende mussten wir an Land bleiben und spazieren gehen, weil das Wasser gefroren war. Aber es war eine zwar segensreiche aber auf die Dauer doch ermüdende Routine, in der wir auf das Sinken der Inzidenzzahlen gewartet haben, und dass wir mal wieder eine Unternehmung mit mehreren machen können.

Um dem ewigen Einerlei wenigstens etwas zu entkommen, haben wir uns für dieses Wochenende vorgenommen, die Schwentine ein längeres Stück abzupaddeln. Die Umstände zeigen sich günstig: die Bäume pressen allenthalben das Grün aus ihren Knospen, der ins Auge gefasste Tag soll sonnig, warm und windstill werden! Und meine Tochter Merle hat sich bereit erklärt, uns bis nach Niederkleveez zu fahren. Auf dem Weg dorthin stellen wir Jörgs Bulli am Rosensee ab, so dass wir nachher nicht mehr zu unserem Startpunkt zurückfahren müssen, weil Merle das Auto ja wieder mit zurück genommen hat.

Die Einsetzstelle am Badestrand des örtlichen Hotels präsentiert sich genau so sonnig wie im letzen Jahr. Allerdings sind von den damals 20 Grad heute nicht einmal mehr die Hälfte anzutreffen - und das, obwohl wir die Tour in diesem Jahr drei Wochen später unternehmen! Zudem sind da überall weiße Bäckermützen auf dem Dieksee, die es bei der vorhergesagten Flaute eigentlich nicht geben sollte.

Ich hatte im Vorfeld lange überlegt, was ich anziehen sollte. Im vergangenen Jahr bin ich im Neo ohne Paddeljacke gefahren - aber da waren es eben auch schon Tage vorher nahe 20 Grad. Unterm Strich habe ich dann doch meinen alten Dry-Fashion-Trockenanzug mit mitteldickem Unterfutter gewählt. Vor allem sind wir beide froh, dass wir unsere Handschuhe und Mützen dabei haben!

An der Umsetzstelle der Ölmühle muss Jörg allerdings doch seinen dicken Wollpulli ablegen, denn beim Paddeln gegen den Wind wird ihm dann doch zu warm. Der Wind entspricht weder der Wettervorhersage noch unseren Erwartungen. Schließlich war die vorhergesagte Flaute einer der vier Gründe, warum wir die Tour auf den heutigen Tag gelegt haben. Wenigstens die Passage über den Großen Plöner See unterstützt er uns, so dass wir ganz gemütlich mit den Miniwellen surfen können.

Ab der Südspitze von Spitzenort müssen wir aber stetig nach Norden - und von dort kommt der eiskalte Wind. Das war der zweite Grund, warum wir nicht schon gestern gefahren sind: heute sollten die Temperaturen deutlich angenehmer sein. Aber die hat offensichtlich der nicht angekündigte Wind verweht. 

Die Rohrdommelbucht ist wie letzten Jahr voller Haubentaucher, eine Rohrdommel habe ich hier noch nie gesehen, und dass ich eine gehört habe, ist mehr als 20 Jahre her. Jörg macht den Vorschlag, sie in "Karpfen- und Haubentaucherbucht" umzubenennen. Bei der Annäherung an den Bürstenpass hinter dem Campingplatz bringe ich auch schon meine Kamera in Stellung, um die Hundertschaften von fetten Karpfen zu filmen, die uns hier im letzten Jahr entgegen gekommen sind. Aber heute lässt sich nicht mal ein magerer Stichling blicken. Also nur "Haubentaucherbucht".

Spätestens auf dem Kleinen Plöner See vermissen wir auch den dritten Grund, der uns heute rausgetrieben hat: der angekündigte ungetrübte blaue Himmel ist übersät mit wunderbar weichen Wattewolken, von denen sich mindestens eine immer genau auf der Linie zwischen der Sonne und uns aufhält. Zusammen mit dem Gegenwind kommt so keine rechte Gemütlichkeit auf.

Um etwas Windabdeckung zu finden, steuern wir die Landnase direkt vor uns an und schmiegen uns dicht an sie. Dahinter fahren wir wieder in direkter Linie auf die nächste Landnase zu, um auch dort schnell wieder in den Windschutz zu gelangen. Gewiefte Navigatoren machen das so. Das ist auch gut und sinnvoll - allerdings nur, wenn der Windschutz wenigstens grob in der beabsichtigten Fahrtrichtung liegt. Diese Bedingung ist in unserem Fall leider nicht gegeben und wir müssen knappe zwei Kilometer wieder zurückpaddeln. Immerhin haben wir dabei keinen Gegenwind!

Die Pause machen wir an einer geschützen Stelle, wo die Schwentine das erste Mal richtig strömt und man etwas arbeiten muss, um an Land zu kommen. Hier können wir ausgiebig den vierten Grund vermissen, weswegen wir unbedingt auf die Schwentine wollten: das ersehnte Grün der Bäume steckt hier noch tief in fest verschlossenen Knospen!

Es ist nicht wirklich viel Betrieb auf dem Wasser, nur ab und zu begegnet uns der eine oder die andere Paddlerin. Erst als wir uns Preetz nähern wird es spürbar mehr. Zwar sind Menschen an der Badestelle, als wir sie passieren, aber im Gegensatz zum letzten Jahr badet hier keiner!

Nach meiner Erinnerung sollte der Fluss nach dem Ort geschützt durch dichtes Gehölz verlaufen. Aber leider hat mir meine Erinnerung da wieder einen Streich gespielt! Es ist leider relativ offenes Gelände und der Wind sucht sich genau das Bett des Flusses, um sich dort auszutoben. Nur an einigen Stellen herrscht vollkommen unmotiviert Windstille. Hier tummeln sich hunderte von Rauchschwalben, die möglicherweise Insekten jagen. Allerdings kann ich keine entdecken, und müsste wohl verhungern, wenn ich davon leben sollte. Aber ich bin ja zum Glück nicht als Schwalbe konzipiert.

Wenn man dann schließlich den Teil erreicht hat, wo tatsächlich dichtes Gehölz den Wind abhält, ist es auch gar nicht mehr weit bis zum Rosensee. Hier ziehen wir uns kurz um und verladen unsere Ausrüstung, bevor wir Tisch und Klappstühle aufstellen und genüsslich den mitgeführten Kuchen verzehren.

Auch wenn keiner der vier Gründe zutraf, um derentwegen wir uns auf die Tour gefreut haben - es ist einfach schön, mal wieder eine andere Tour zu machen, als sonst jedes Wochenende. Ich hoffe allerdings, dass sich das nächste Jahr nicht wieder so alternativlos darstellt und wir vielleicht mal eine andere Tour möglicher Weise auch mit mehr Teilnehmern machen können!

GPS-Track hier.