Schleimünde hat keine Windräder - aber einen Flaggenmast, der einem die Windrichtung verrät. Nördlich sagt der. Fast fühlen wir uns verwöhnt, wir hätten es nicht besser planen können; drei Tage ausgesetzte Touren auf dem Wasser und keine widrigen Winde, einmal fast Flaute und zweimal Rückenwind - was will man mehr.
Zusammen mit einer beträchtlichen Horde Segelyachten zwängen wir uns durch das Nadelöhr Schleimünde. Wir müssen sogar etwas zickzack fahren, um nicht mit einem der vielen weißen Rümpfe in Konflikt zu geraten. Einmal draußen nehmen wir geraden Kurs auf Bülk: 156 Grad. Aber genau genommen muss man gar nicht auf den Kompass schauen, sondern einfach nur dem Pulk der zahllosen Segler folgen, dann kann nichts schief gehen. Allerdings ist das mit dem Folgen insofern schwierig, als wir einen klitzekleinen Tuck schneller sind als unsere windabhängigen Gefährten. So lassen wir eine Yacht nach der anderen hinter uns, ernten von respektvollem, freundlichem Gruß bis hin zu demonstrativer Ignoranz das gesamte Spektrum möglicher Grußreaktionen.
Wir wollten ausdrücklich keine Rücksicht auf das Schießgebiet nehmen, das weit draußen vor Schwansen liegt. An Pfingsten wird schon nicht geschossen werden, war unser Ansatz. Aber unser direkter Kurs bringt uns exakt zur südwestlichen Begrenzungstonne des Sperrgebietes, so dass wir uns problemlos regelkonform verhalten können. Zu unserer Verwunderung kreuzt auch kein einziges Segelboot das gekennzeichnete Areal. Das habe ich auch schon anders erlebt.
Mit zunehmender Strecke dreht der Wind immer mehr auf Ost und er nimmt auch etwas zu. Das führt dazu, dass uns nach und nach alle bislang überholten Yachten wieder einholen und davonziehen. Als wir eine etwa zehnminütige Pause einlegen, können wir sehen, wie weit ein Segelboot in so einer vermeintlich kurzen Zeit kommt. Die Bedingungen sind vollkommen harmlos, fast lieblich, aber das schützt nicht vor Überraschungen. Bei irgendeinem harmlosen Manöver verhake ich mich mit dem Paddel im Wasser, so dass ich nur knapp einer Kenterung entgehe. Ich denke, ich hätte es überlebt, aber peinlich wär's schon gewesen.
Wir sind seit drei Tagen druckvoll auf langen Schlägen unterwegs. Auch heute liegt unser Pensum nur knapp unter dreißig Kilometern. Trotzdem sind wir nicht am Ende mit unseren Reserven und halten eine konstante Geschwindigkeit über die gesamte Zeit. Genau vier Stunden nach der Abfahrt in Schleimünde schlagen wir an derselben Stelle an, an der wir am Samstag morgen gestartet sind.
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