Samstag, 9. Januar 2010

Totensamstag

Heute ist der Tag, an dem die Republik zeigen muss, ob sie genug Streusalz gebunkert hat! Es ist für das ganze Land heftiger und ergiebiger Schneefall angesagt. Für das ganze Land? Nein, ganz im Norden ragt ein  Zipfelchen aus der Republik, das vom Schneefall verschont bleibt. Hier wird nur der reichlich vorhandene Schnee neu umverteilt: Es herrscht Windstärke sieben, am Leuchtturm acht!



Jörg und ich haben etwas gezuckt bei Betrachtung der Vorhersage, aber wir wollten gerne aufs Wasser und es würde schon etwas gehen, da waren wir uns sicher. Als ich am Hindenburgufer entlang fuhr, war ich mir nicht mehr so sicher, denn hier tobte ein Chaos wild clapotierender Wellen, die nach Belieben über die Kaimauer schwappten. Auch die vorsorgliche Begutachtung unseres Steges war nicht gerade vielversprechend: Neben der Tatsache, dass der feste Mittelteil mal wieder vollkommen unter Wasser lag, bereitete uns die etwa fünf Zentimeter dicke Eisschicht am Rand etwas Kopfzerbrechen. Aber wir lassen und nicht so leicht entmutigen und so kam es, dass wir erst mal mit zwei soliden Spaten bewaffnet zum Steg schritten, um ihn gängig zu machen..



Der Weg zum Steg war etwa knietief mit Schnee verweht. Das erwies sich als ungemein praktisch, denn so braucht man sein Boot nicht zu tragen sondern kann es vollkommen problemlos hinter sich her ziehen - oder vor sich her schieben, wie Jörg es bevorzugt!

 

Auf der Förde herrschte wie erwartet ziemlicher Wind. Die Wellen hielten sich in recht erträglichen Grenzen, die Richtung war halt mit Nordost dafür nicht optimal. Trotzdem empfand ich es unangenehm anstrengend, denn meine Muskulatur war natürlich ziemlich kalt und entsprechend widerwillig. Erst am Eingang der Schwentinemündung war ich einigermaßen eingepaddelt.

Das Umsetzen in Neumühlen ging recht problemlos. Zwar stand der untere Teil des Steges komplett unter Wasser, aber wir sind einfach drüber gepaddelt und haben die Boote nicht durch den Schwall nach oben gezogen, sondern direkt auf dem dick mit Schnee bedecktem Steg.



Unsere Befürchtungen, dass wir vielleicht wegen Eisganges gar nicht in die Schwentine einsetzen können würden, erwiesen sich als knapp unbegründet. Das Eis war dünn genug, dass wir es noch problemlos brechen konnten.

Bald danach trafen wir auf Olaf und Andrea vom TSV Klausdorf und begrüßten sie frohgemut. Es war gleich zu sehen, dass sie nicht in der Stimmung waren, diese freundliche Kontaktaufnahme zu erwidern. Der Gesichtsausdruck der beiden ließ auf ein unangenehmes Erlebnis schließen.



Und so war es dann auch. Noch sichtlich bewegt erzählten sie uns, dass sie vor ein paar Minuten einen toten Menschen im Wasser entdeckt haben. Das möchte ich lieber nicht erleben und fast bin ich dankbar, dass die beiden vor uns dort vorbeigekommen sind. Als wir die Stelle passieren, liegt die Leiche noch auf dem kleinen Holzsteg und mehrere Polizisten halten Wache.



Die Landschaft ist wunderbar verschneit, aber an einigen Stellen pfeift der Wind stramm durchs schüttere Gehölz und erzeugt eine unwirkliche Stimmung (die sich leider nicht fotografieren ließ :-( ). Auf dem oberen Teil der Schwentine herrscht ein erheblicher Wasserdruck und wir müssen uns schon durch die Kehrwasser entlanghangeln, um nicht allzu sehr in Schweiß zu kommen. Es wimmelt hier von Vögeln. Fischreiher, Blesshühner, Gänsesäger, Reiher- und Tafelenten, aber auch jede Menge Greifvögel, wie Bussarde und mindestens ein Habicht.

Im Schutz eines toten Seitenarmes, der zum größten Teil zugefroren ist und auf dem eine Unzahl alter Brötchen und eine eingeschneite Entenattrappe liegen, machen wir unsere Pause, in der wir unsere Stullen und heißen Tee genießen. Einige dick eingepummelte Spaziergänger, die die nahe Brücke passieren, sehen teils mitleidig, teils respektvoll zu uns herunter.




Die Schwentine bergab geht erheblich schneller, die Leiche ist immer noch nicht abtransportiert und bevor wir auf die Förde hinausfahren, verfeinern wir nochmals unsere Kopfbedeckung. Windstärke, Wellen und Wasserstand sind gestiegen und machen die Rückfahrt interessant. Ich genieße es, mit einem Partner zu fahren, um den ich mir keine Sorgen machen muss.

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