Dienstag, 4. Mai 2010

Anglesey Seakayak Symposium, Dienstag

Nachdem ich gestern Nacht noch bis nach ein Uhr geschrieben habe, schaffe ich es heute Morgen sogar bis um zwanzig nach sieben im Bett zu bleiben. Das Briefing ist erst um 9:30 Uhr - also bleibt jede Menge Zeit. Trenk macht sich bereits um 9:00 Uhr auf die Socken, seinem Schicksal noch eine positive Wendung zu geben. Im großen Saal werden die Interessensgruppen in jeweils separate Räume gewiesen. Ich folge der Vier-Sterne-Training-Gruppe. Die erste Frage des Coaches ist wieder: "Ist hier jemand im Raum, der kein Drei-Sterne-Siegel besitzt?" Ich gebe mich als Guinea-Pig zu erkennen. "Guinea-Pigs gehören zum Vier-Sterne-Assessment! Das ist zwei Räume weiter." Ich gehe zwei Räume weiter. Hier kämpft Trenk zusammen mit Tatjana aus Italien und Henne aus Dänemark immer noch um seine Aufnahme in die BCU. "Guinea-Pigs werden erst morgen benötigt! Heute nicht." Ich gehe wieder zurück - nicht über LOS und ich ziehe auch keine 4000 Mark ein. Ich erkläre Phil, dass mir die Sterne schnuppe sind und ich einfach etwas lernen möchte. "Kein Problem!" Ich will gar nicht wissen, was vor fünf Minuten noch das Problem war.

Wir wollen in Church Bay starten. Das liegt nördlich, etwa eine halbe Stunde mit dem Auto entfernt auf dem britischen Kontinent. Jochen nimmt mich in seinem Auto mit. Geschickter Weise verfahren wir uns gleich am Anfang gründlich, bügeln diese Scharte aber schnell aus.

Die Church Bay hat einen wunderschönen, breiten Sandstrand, der bald mit über zwanzig Kajaks bevölkert ist. Die Teilnehmer werden in drei Gruppen eingeteilt. Ich bin mit den beiden Deutschen Jochen und Herbert, den beiden Däninnen Merete und Inga und den  Briten Mörla, Jane und Dan in der Gruppe von Axel aus Holland und Peter aus Wales (der furchtbar nuschelt!).

Zuerst spielen wir in der gutmütigen Brandung. Unsere Coaches wollen sehen, wie wir mit den Booten umgehen und welche Techniken wir können. Eigentlich ist der gesamte Vormittag dieser Forschungsarbeit gewidmet. Es geht atemberaubend dicht an und zwischen Felsen vorbei und hindurch, durch turbulentes Wasser und blindlinks in eine sich verengende Höhle, aus der wir rückwärts wieder heraus müssen. Wir müssen eine 180-Grad-Wende im rauen Wasser dicht an einem Vorsprung und rückwärts um einen großen Felsen fahren.

Etwas weiter nördlich ist bereits ein ansehnliches Race zu sehen, auf das wir zusteuern. Axel erklärt, dass das Race zu befahren jenseits des Bereiches liegt, wozu das Vier-Sterne-Fahrtenleiter-Zertifikat berechtigt, dass wir aber trotzdem darin spielen wollen. Als wir uns ihm hinreichend angenähert haben, erklärt Axel, dass eine Gruppe von vier Paddlern mit ihm dort hinein gehen und die anderen vier mit Peter folgen.

Mit allen Teilnehmern gleichzeitig in dieses ansehnliche Race zu gehen, halte ich für keine gute Idee! Ich brauche meine Bedenken aber gar nicht zu äußern, denn zum Glück regt Peter an, noch einmal über mögliche Konsequenzen und Alternativen nachzudenken, was letztlich dazu führt, dass wir nicht in den brodelnden Schaum gehen, sondern uns eine Stelle für unsere Pause suchen.

Wir sitzen anfangs in der Sonne, aber die bedeckt sich bald und es wird ungemütlich frisch. Bevor wir wieder aufs Wasser gehen, gibt es eine ausführliche Erläuterung zu Schleppleinen und Schlepptechniken. Wieder auf dem Wasser werden diese Dinge in der Praxis geübt. Ich schleppe Merete zuerst ein ordentliches Stück - und bin ganz froh darüber, denn danach bin ich wieder vollständig aufgewärmt.

Der nasse Teil beginnt mit der Aufgabe, zuerst eine Rolle zu zeigen, dann einen Wiedereinstieg eigener Wahl und danach eine Partnerrettung. Das ist schnell abgehakt und ich erlebe ein weiteres Mal, wie gut ausgebildet und taff die skandinavischen Paddlerinnen sind: da ist nicht einmal der Ansatz eine Zuckens zu sehen, wenn sie ins Wasser sollen, und die Rolle oder der Unterwassereinstieg klappen wie selbstverständlich!

Ich mag es kaum glauben, aber das war es für heute auf dem Wasser!

Die Rückfahrt mit Jochen verfransen wir abermals in den kleinen walisischen Straßen, aber ich habe keine Ahnung, wo wir denn falsch abgebogen sind, obwohl ich die Karte auf dem Schoß habe.

Matthias hat eine Halbtagspaddeltour gemacht und ist schon angefangen, das Essen zuzubereiten. Das kommt uns gut zu Pass, denn Trenk und ich müssen um 19:00 Uhr schon wieder im Versammlungsraum sein. Trenk hatte zwar Glück mit dem Wenden seines Schicksals, aber einen stressigen Tag erlebt. Nach seinen Erzählungen und meinen heutigen Erlebnissen tut sich hier eine ziemliche Diskrepanz auf zwischen Inhalt und Anspruch des Trainings verglichen mit der dazugehörigen Prüfung!

Während unser heutiges Training schwerpunktmäßig den persönlichen Fertigkeiten gewidmet war, soll der morgige Tag sich im Wesentlichen auf die Führungssaspekte konzentrieren. Dazu sollen wir eine beliebige Tour in der Gegend aussuchen und planen, die wir unter den morgigen Bedingungen mit einer Gruppe von Drei-Sterne-Paddlern durchführen könnten. Ich schließe mich für diese Aufgabe mit Mörla, Merete und Inga zusammen. Mörla stammt aus dieser Gegend und hat detaillierte Kenntnisse über die lokalen Verhältnisse sowie die notwendigen navigatorischen Techniken. Das ist sogar für mich ausgesprochen lehrreich, denn die britischen Navigationsunterlagen unterscheiden sich deutlich von unseren.

Wir sind nach einer guten Stunde fertig mit unseren Planungen und Überlegungen - Trenk, für den es morgen um die Wurst geht, arbeitet noch bis spät in die Nacht hinein.

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