Im vergangenen Herbst hatte Trenk es nicht geschafft, Zeit für eine gemeinsame Tour mit uns zu erübrigen. Damit das dieses Jahr nicht wieder schief geht, haben wir bereits im Frühjahr das letzte Wochenende im Oktober als gemeinsamen Tourtermin festgenagelt. Eine knappe Woche vorher haben wir mit ebenso knappen Worten die letzten Details geklärt: wann und von wo los und wo hin? Alles war geregelt und alle voller Vorfreude. Am Mittwoch vor der Abfahrt muss Trenk die Reißleine ziehen: Er hat sich eine Rüsselseuche aufgehalst! Sie hat ihn so erwischt, dass er trotz des großen Drangs nicht mitkommen kann! Wir sind alle deutlich geknickt.
Aber verzichten wollen wir nicht. Jörg ist Rentner und ich habe genug Zeitguthaben aufgebaut, dass wir am Freitag bereits mittags in Kiel losfahren können. Wir wollen in Mommark starten, das sollten wir in guten anderthalb Stunden erreichen. Aber irgendwie dauert es doch etwas länger als die optimale Berechnung hergeben wollte, und als wir da sind, ist nicht nur 15 Uhr, sondern der Ort heißt auch noch Fynshav statt Mommark! Verdammt! Wir haben beide konstant Ausschau gehalten nach dem Schild, das uns zum Abbiegen auffordern sollte. Aber das Schild ist offensichtlich einkassiert worden - und nun stehen wir halt 10 Kilometer weiter nördlich auf Alsen! Wir überlegen kurz, ob wir noch nach Mommark umsetzen, weil es von dort aus deutlich kürzer bis zur Nordspitze von Ärö ist. Aber wenn ich mir die Landkarte und die Windrichtung so ansehe, ist Fynshav die weitaus bessere Wahl, und ich frage mich im Stillen, warum wir das nicht von Anfang an so geplant haben!
Wir machen eine kurze Begehung des Hafens und der angrenzenden Badestelle und entscheiden uns, statt des nahen aber garstigen Slips im Hafen den fernen aber weichen Strand der Badestelle zum Ablegen zu wählen. Zu unserem Glück stehen einige Transportkarren bereit, mit denen die Segler normalerweise ihre umfangreiche Ausrüstung von und zu ihren Booten transportieren. Leider sind sie angekettet und sie lassen sich genau nur durch eine Ein-Euro-Münze befreien. Davon haben wir nur ein einziges Exemplar, aber die Karre ist uns trotzdem eine wertvolle Hilfe.
Es ist viertel nach vier als wir ablegen, die Nordspitze von Ärö ist gute 14 Kilometer entfernt, der Wind bläst mit satten fünf bis sechs Beaufort aus Nordwest - in bummelig zwei Stunden sollte die Überfahrt gemeistert sein. Danach wären wir immer in Landnähe, so dass die dann einsetzende Dunkelheit keine Probleme bereiten sollte, ein Punkt, der Jörg bei der Vorbereitung sehr am Herzen lag. Je mehr wir aus der Landabdeckung und auf den offenen Belt hinaus fahren, desto größer werden die Wellen. Die aktuelle Windrichtung ist nicht geeignet, hier rekordverdächtige Wellen entstehen zu lassen, aber sie gehen doch solide an die Ein-Meter-Grenze. Es ist für uns beide das erste Mal, dass wir dieses Gewässer mit massivem Rückenwind queren. Sonst haben wir uns immer vorankämpfen müssen, heute werden wir so kräftig geschoben, dass wir uns hurtig und rauschend unserem Zielort nähern.
Nach nur eindreiviertel Stunden haben wir den Leuchtturm von Skjoldnäs querab. Er hat nur wenig vorher sein Licht angeschaltet, das er nun - wie immer mit einer beeindruckenden Langsamkeit - in die umliegende Landschaft verteilt. Die Sonne hat sich bereits hinter den Horizont verzogen und die Dämmerung setzt ein. Aufgrund unserer gewachsenen Erfahrung und Reife holen wir hier unsere Lichter heraus. Mein Rundumlicht habe ich vor ein paar Wochen extra noch einmal auf Gängigkeit überprüft, nur um jetzt festzustellen, dass es nicht mehr funktioniert! Möglicherweise ist es beim Brandungspaddeln neulich allzu arg mit Wasser in Kontakt gekommen, so dass es sein letztes Lebenslicht ausgehaucht hat. Doof - und peinlich, wenn man unerlässliche Ausrüstung nicht wirklich direkt vor ihrem Einsatz noch einmal kontrolliert! So benzele ich mir lediglich ein Knicklicht an die Mütze - das sollte reichen, damit Jörg mich erkennen kann. Sollte!
Bis zu unserem Ziel, dem Übernachtungsplatz Skaaret, haben wir hier erst gut die Hälfte der Strecke zurückgelegt. Das Licht versickert ziemlich zügig, so dass wir bald durch völlige Dunkelheit rauschen. Schiffsverkehr gibt es hier eher nicht, nur irgendwo weit hinter uns ist eine Segelsyacht auszumachen. Am Ufer ist nichts zu erkennen, so dass das Paddeln einen sehr meditativen Charakter hat. Jörg hat sein Rundumlicht auf dem Kopf, und anfangs ist das auch kein Problem. Je dunkler es allerdings wird, desto mehr blendet es mich, so dass ich absichtlich etwas Abstand zu ihm halte. Da wir an Land absolut keinen Anhaltspunkt haben, wo unser Ziel sein könnte, schalte ich irgendwann mein GPS ein und lasse mir Kurs und Entfernung angeben. Auch das Display blendet enorm, solange es eingeschaltet ist, so dass ich es nur in größeren Abständen zu Rate ziehe.
Als wir unserem Ziel schon recht nahe sind, schalte ich das GPS wieder ein und fahre genau in die von ihm vorgegebene Richtung auf das Ufer zu - in der sicheren Gewissheit, dass Jörg sich schon an mir orientieren wird, denn ich habe ja das GPS. Irgendwann meine ich etwas zu hören und blicke mich um. Ich bin alleine - etwa 500 Meter von mir entfernt irgendwo im Dunkeln glimmt ein Glühwürmchen, das Jörg heißt. Auf diese Entfernung kann er mein armseliges Knicklicht vermutlich nur schwer sehen! Ich paddle ein kleines Stück auf ihn zu, bis ich mir sicher bin, dass auch er in meine Richtung paddelt. Das war knapp und letztlich haben wir es nur Jörgs elend blendender Lampe zu verdanken, dass wir uns wiedergefunden haben! Nur mit Knicklichtern geschmückt, hätten wir uns vielleicht endgültig aus den Augen verloren!
Zum Glück steht keine brechende Brandung auf dem Strand, an dem wir an Land wollen. Vorsichtig tasten wir uns ans Ufer. Zwar besteht es hauptsächlich aus Sand, aber es sind genug dicke Steine eingebettet, dass man hier leicht ein echtes Problem haben kann. Die erste Inspektion der Umgebung ist schon sehr ermutigend - da gibt es ein überdachtes Esszimmer und ein Plumpsklo. Daneben ist ein Holzschuppen, den wir für den versprochenen Shelter halten. Aber der ist verriegelt. Erst beim Ziehen weiterer Kreise entdecken wir am Rande des Geländes einen der typischen neuen Shelter: solide gebaut und einladend! Es gibt eine Ober- und eine Unteretage. Für die Verteilung bemühen wir abermals unser Ein-Euro-Stück, das Jörg die untere Abteilung zuweist.
Wir kommen also in den Genuss, unsere Zelte nicht aufbauen zu müssen. Das beschleunigt auch die Zeremonie, die wir absolvieren müssen, bis wir uns endlich in die Daunenschlafsäcke kuscheln können: Umziehen, Ausrüstung aus den Booten laden, Essen kochen, essen und schnacken. Für das Essen zu sorgen, hat Jörg sich wieder bereit erklärt. Dafür stelle ich Kocher und Küchenausrüstung. Es soll Kohleintopf geben - mit Fleischeinlage. Oder war es Fleisch mit Kohlbeilage? Jedenfalls reicht die Menge optisch mindestens für eine mittlere Schulklasse. Mein großer Topf fasst mit Mühe die Hälfte davon. Eine harte Prüfung ist es, mit knurrendem Magen auf den dampfenden Topf zu starren und darauf zu warten, dass das Zeug endlich warm wird. Gar werden muss es nicht, denn Jörg hat es vorgekocht - und für heiß reicht unsere Geduld nicht! Die erste Portion schaffen wir ohne große Mühe, währenddessen mein großer Topf ein zweites Mal bis zum Rand gefüllt auf dem Brenner bruzzelt. Zu meiner Überraschung verschwindet auch diese Portion problemlos in unseren Bäuchen.
Zwar ist mir in der Nacht anfangs etwas zu warm, aber gegen Morgen lege ich mir doch die erstmals mitgeführte Fliesdecke über den Schlafsack. So halten wir in der gemütlichen Holzhütte durch bis halb neun. Dann lacht die Sonne die Welt so ungehemmt an, dass wir als erstes aus den Bullaugen nach draußen blicken. Sofort wenden wir uns mit Erschaudern ab: da steigen dänische Frauen zum Baden in die Ostsee! Unglaublich, bei den Temperaturen! Der Platz scheint insgesamt sehr beliebt zu sein. Während wir frühstücken und dann unsere Ausrüstung klar machen, kommen immer wieder Leute zum Angeln, noch welche zum Baden, oder nur zum Gucken.
Seit gestern Abend ist Jörgs Mütze verschwunden. Bei jedem Gang, den wir heute Morgen machen, halten wir immer wieder Ausschau nach ihr. Unsere Ausrüstung wird mehrfach umgegraben, und wir starten sogar etliche Sucheinsätze, die Mütze bleibt verschwunden. Allerdings kann Jörg sich auch nicht mit letzter Sicherheit daran erinnern, ob er sie überhaupt mitgehabt hat!
Das Wasser zwischen hier und Dreyö ist ziemlich weiß, mal mehr und mal sehr! Das legt die Stirn bei Jörg wieder in Falten und er sinniert schon über einen Plan B. Ich kenne das schon, wenn wir dann draußen sind, weiß er selbst nicht mehr, was ihn da eigentlich besorgt hat. Gegen halb zwölf sind wir auf dem Wasser und nehmen Peilung auf die Westspitze von Dreyö. Der Wind weht immer noch aus Nordwest und da wir etwa die Inselmitte treffen wollen, sollte das als Vorhaltewinkel reichen. Wir hatten gestern Abend kurz über unsere Optionen gesprochen und uns letztlich entschieden, auf Lyö zu übernachten. Würden wir auf Dreyö bleiben und der Wind nicht wie vorhergesagt deutlich abnehmen, hätten wir am Sonntag eine elend lange und knüppelharte Keulerei vor uns, zu der es keine Alternative gäbe.
Zwar hatten wir Lyö als Endpunkt festgelegt, den Besuch auf dem Shelterplatz von Dreyö aber weiterhin als zu erledigenden Auftrag aufgefasst. Erst nach einiger Zeit auf dem Wasser kommt es uns seltsam vor, dass wir einen Kurs fahren wollen, der uns weiter vom Endziel entfernt und uns damit eine noch längere Strecke gegen den Wind beschert. Wir schalten kurz unsere Vernunft ein und ändern die Peilung so, dass wir die Ostspitze von Avernakö erreichen. Es sind vom Punkt unserer Kursänderung gute neun Kilometer bis dahin, und wir haben den Wind schräg von vorne, so dass er uns deutlich versetzt. Aber nach dem Ausmessen unserer GPS-Spur sind wir nur maximal 200 Meter von der geraden Verbindungslinie abgetrieben worden. Das finde ich eine sehr solide Navigation!
Die Windvorhersage hatte für heute gegenüber gestern nachlassende Winde versprochen. Aber da hat nix nachgelassen - es sind immer noch fünf bis sechs Beaufort! Ich bin überrascht, dass sich in diesem doch relativ geschützten Gebiet überhaupt so große Wellen aufbauen. Sie sind nicht ganz so groß wie gestern und in keiner Weise bedrohlich, aber man muss schon sicher im Boot sitzen, um hier entspannt paddeln zu können. Wobei das mit dem "entspannt" nicht wirklich stimmt, weil es einfach mörderanstrengend ist, gegen so einen Wind anzupaddeln. Mehrmals klatschen uns brechende Wellen gegen die Brust, so dass wir kurzzeitig komplett in ihrer Gischt verschwinden. Ich habe nur ein einziges Foto während unserer Überfahrt gemacht! Trotzdem schaffen wir die gut 10 Kilometer in genau zwei Stunden - das ist jetzt keine Rekordgeschwindigkeit, aber eben auch solide!
In der Nähe des Übernachtungsplatzes auf Korshavn, wie der östliche Teil von Avernakö heißt, gehen wir in der windgeschützten Bucht an Land und ruhen die müden Knochen und Gelenke aus. Das Wetter meint es überaus gut mit uns, denn der Himmel ist blau und die Sonne scheint. Trotzdem ist es etwas zugig hier, was keine ungetrübte Gemütlichkeit aufkommen lässt. Mit etwas gebeuteltem Gebälk überlegen wir, wie wir weiter vorgehen. Wir könnten den lieben Gott einen gutem Mann sein lassen und direkt hier unser Lager aufschlagen. Dafür ist der Tag aber noch etwas zu jung, und dann hätten wir morgen eine recht lange Strecke vor uns, was wir mit dem Plan "Lyö" doch eigentlich vermeiden wollten. Wir könnten uns an der Südseite von Avernakö nach Westen entlanghangeln, um etwas Windschutz zu erheischen. Wenn die Küstenlinie dann nach Norden abbiegt, könnten wir entscheiden, ob wir tatsächlich nach Lyö fahren, oder im Segelhafen von Avernakö übernachten. Den habe ich zwar als nicht besonders attraktiv in Erinnerung, weil er keinen Windschutz bietet, aber wenn man nur hinreichend porös ist, wird so etwas schnell relativ.
Also hangeln wir uns im nicht wirklich existierenden Windschutz von Avernakö Richtung Westen. Als auch das letzte bisschen Abschirmung der westlichen Teilinsel verloren geht, muss auch der Wind unbedingt noch einmal eine Stärke zulegen! Dieses Auffrischen dauert genau bis wir den westlichsten Punkt der Insel erreicht haben und uns entscheiden müssen, wohin die weitere Reise gehen soll: noch mal vier Kilometer weiterhin gegen diesen Wind bis zur Nachbarinsel - oder zwei Kilometer mit seitlichem Wind in den Segelhafen? Wenn man sich unsere Geschwindigkeit auf dem letzten Teilstück ansieht (3,7 km/h im Durchschnitt), weiß man, dass wir nicht lange überlegen müssen. Direkt mit unserer Entscheidung flaut der Wind wieder auf fünf Beaufort ab. Zusammen mit der fälligen Kursänderung geht das Paddeln fast von alleine! Aber nur fast!
Die Küste ist hier nicht besonders abwechslungsreich und um wenigstens die Illusion des Vorankommens zu haben, suche ich mir immer einen nicht zu weit entfernten, markanten Punkt am Ufer, um zu sehen, wie er erst näher kommt, dann querab liegt und schließlich nach hinten verschwindet. So eine dunkle Struktur, die am Strand in den Blick kommt, eignet sich sehr gut für dieses Spielchen. Ich kann sie am Anfang nicht recht einordnen. Irgendwann erscheint sie mir wie ein toter Seehund, der ans Ufer gespült wurde. Ich versuche, sie fest mit den Augen zu fixieren, um sie besser identifizieren zu können. Irgendwann erkenne ich, dass es sich um einen großen Treckerreifen handelt, der halb unter Steinen begraben ist. Ich wende meinen Blick wieder nach vorne und schrecke zusammen, weil ich gerade mit meinem Paddel auf einen toten Seehund stoße und mit dem Boot drüber fahre.
Um fünf Uhr schrammen wir auf den Strand neben dem Fähranleger. Eine knappe Stunde vor Sonnenuntergang, es bleibt uns also noch genug Tageslicht für die notwendigen Verrichtungen. Als erstes müssen wir ein windgeschütztes Plätzchen finden, was wie erwartet nicht ganz einfach ist. Wir entscheiden uns, unsere Zelte direkt hinter dem Cafe-Kiosk aufzuschlagen, in dem jetzt laut Schild im Fenster eh "Stille" herrscht. Auf dessen Holzveranda gibt es einen Camping-Tisch und -Stühle, so dass wir hier gemütlich und bequem zu Abend essen können. Überhaupt bietet die Infrastruktur hier überraschend viel Komfort: da gibt es Toiletten mit Wasserspülung, eine Dusche (für die man aber dänische Kronenmünzen benötigt) und - als Krönung des Ganzen - fließend heißes Wasser!
Da ich auf den Touren der letzten Vergangenheit immer nur mein kleines Zelt mit hatte, wundere ich mich heute, wie gigantisch viel Platz in meiner großen Hütte ist. Ich mümmele mich unter Schlafsack und Fliesdecke und dämmere zufrieden hinweg.
Als ich wieder zu mir komme, blicke ich auf mein Handy, um die Uhrzeit zu erfahren. Halb acht. Aber es ist taghell. Irgendwie verstehe ich das nicht, denn wenn ich normalerweise um diese Zeit mit dem Fahrrad zur Arbeit fahre, ist es immer deutlich dunkler. Auch mein Versuch, die Sache mit der hier deutlich nördlicheren Lage zu erklären, befriedigt mich nicht, also vertage ich die Untersuchung dieses Problems.
Es ist nicht nur taghell - die Sonne scheint auch! Und der Wind, obwohl er in der Nacht noch lange gewütet hat, ist auf eine liebliche Luftbewegung zusammengeschnurrt! Das Leben kann so schön sein! In aller Ausgiebigkeit frühstücken wir und machen uns für den letzten Teil unserer Reise bereit. Zelt und Paddelsachen sind trocken und als wir fertig in den Booten sitzen, zeigt meine Borduhr zwölf an. Auch das finde ich merkwürdig, denn obwohl wir sehr gemütlich gemacht haben, hätte ich nicht gedacht, dass wir so lange gebraucht haben.
Es ist nicht weit bis Lyö und der Gegenwind ist nicht wirklich fordernd, so dass wir problemlos direkt bis Alsen durchfahren könnten. Aber wir haben uns Stullen geschmiert, die gegessen werden wollen, und schließlich wollen wir ja nicht möglichst schnell hier weg kommen. Also fahren wir an der Westseite von Lyö noch einmal an Land und machen eine Pause in der Sonne. Auch das letzte Teilstück zurück bis Fynshavn ist problemlos - und nachdem ich mir die Sache mit der Umstellung von Sommer- auf Winterzeit, die heute Nacht stattgefunden hat, einmal genau überlegt habe, bin ich auch wieder mit den zurückgestellten Problemen ausgesöhnt: mein Handy hat sich natürlich automatisch umgestellt, deswegen war es trotz der frühen Zeit schon hell, meine Borduhr hingegen zeigte weiterhin die Sommerzeit an, deswegen haben wir scheinbar so lange gebraucht! Das Leben kann nicht nur schön, es kann auch ganz schön kompliziert sein!
Auf dem Weg zurück nach Deutschland warten wir immer auf die Abzweigung nach Krusaa - aber ehe wir uns versehen, sind wir auf der Autobahn! Auch dieses zweite Verfahren erweist sich als Segen, denn die Strecke ist deutlich kürzer als unser Hinweg! Manchmal ist der Zufall eben der deutlich bessere Navigator!
Sonntag, 30. Oktober 2016
Samstag, 3. September 2016
Nasse Grenzüberschreitung
Dieses Jahr deckt sich meine Intention mit der Realität: die Teilnehmer meiner Tour auf der Flensburger Förde sind tatsächlich alles Neulinge - bis auf Elke, aber auch die kennt die Tour noch nicht. Wir sind etwas spät dran, weil wir durch unsere verzögerte Abfahrt in den Rush-Hour-Stau in Eckernförde gekommen sind und daher nicht mehr rechtzeitig über die Klappbrücke in Kappeln kamen. So konnten wir den Segeljachten zusehen, wie sie in erstaunlicher Zahl die senkrecht gestellt Straße in beiden Richtungen passierten.
Am Strand in Habernis geht es darum, all die Ausrüstung, von der man denkt, dass sie unerlässlich sei, in die Boot zu bekommen. Das treibt manche Falte auf die Stirn meiner Mitpaddler, aber letztlich meistern alle diese Puzzleaufgabe erfolgreich. Was partout nicht passt, wird in den Laderaum meines nur mäßig befüllten Schiffes ausgelagert. Schließlich ist es halb acht, als wir erwartungsfroh in den Booten sitzen. Sonnenuntergang ist um kurz nach acht, vorher werden wir keinen Landfall mehr schaffen. Obwohl wir mit gutem Tempo unterwegs sind, ist es halb neun, als wir unsere Boote jeweils zu viert über die glibschigen Steine ans Ufer tragen. Leider sind nicht nur die Steine glibschig - auch der Hang lässt sehnüchtige Erinnerungen an den Treppenbaum hochkommen. Zum Glück habe ich ja meine Schleppleine dabei, die wir geschickt an zwei Bäumen auf dem Steilufer befestigen, so dass sie uns sehr beim Erklimmen der Steilwand hilft.
Der Zeltaufbau findet mit dem letzten Büchsenlicht statt, das anschließende Abendessen in völliger Dunkelheit beim schummrigen Schein zweier Kerzenlaternen. Zu allem Überfluss setzt auch noch leichter Regen ein, der aber zum Glück größtenteils durch das Blätterdach der Bäume abgefangen wird. Nur Felix, der am äußerten Ende der Bank sitzt, wo keine Blätter mehr hinreichen, hat nicht ganz so viel Glück.
In der Nacht wächst sich der Regen aus. Das hört sich im Zelt sitzend sehr gemütlich an. Vorausgesetzt, das Zelt ist dicht. Delbrin ist mit einem Iglu-Zelt aufgelaufen, bei dem im Firstbereich eine große Lüftungsgaze angebracht ist. Leider weiß niemand, wo die Abdeckung dafür geblieben ist. So muss er feststellen, dass Lüftungsgaze für Regentropfen keine wirkliche Hürde darstellt und dass eine Nacht Dauerregen beeindruckende Seen in einem Zelt entstehen lässt. Als ich am Morgen einen Blick nach draußen riskiere, sehe ich, dass es nur noch aus den Bäumen nachtröpfelt und mache mich fertig für den Tag. Als ich soweit bin, das Zelt zu verlassen, setzt erneut ergiebiger Regen ein. Ich ziehe mich in meinen warmen und trockenen Schlafsack zurück. Delbrin schaut vermutlich den Seen in seinem Zelt beim Wachsen zu.
Als ich nicht mehr länger liegen kann und auch das Tröpfeln deutlich nachgelassen hat, verlasse ich doch mein Zelt und sehe an der glatten Oberfläche der Förde, dass es außerhalb des Waldes gar nicht mehr regnet. Man kann sogar mit einigem Optimismus eine Aufhellung der Gesamtsituation erkennen. Na also! Die klatschnasse Bank wird mit allerlei Schutzunterlagen abgedeckt, so dass wir beim Frühstücken nicht gleich einen nassen Hintern bekommen. Ich hatte nach meinem Rückzug vorhin die Wettersituation geprüft, und die sah für unsere nahe Zukunft alles andere als verlockend aus: Den ganzen Sonntag soll es heftig regnen und der Wind vormittags aus Osten wehen. Auch ohne das Wissen um die Delbrin'sche Seenplatte hatte ich bereits den Entschluss gefasst, die Tour um einen Tag zu verkürzen. So müssen wir auch nicht die Ochseninseln erreichen und können den Tag entspannt und gelassen angehen. Entsprechend dehnen wir das Frühstück aus. Je länger wir am Tisch sitzen, desto freundlicher und strahlender wird der Himmel!
Im Übrigen haben wir heute eine zusätzliche Herausforderung zu meistern: Der Hang ist durch den reichlichen Regen dermaßen rutschig, dass es eigentlich nicht mehr möglich ist, ihn zu besteigen, geschweige denn, große und schwere Gepäckstücke an ihm herunter zu bringen! Aber wir sind ja pfiffige KerlchInnen und lassen uns von solch Widernissen nicht die Laune oder gar die Tour verderben. An den Stellen im Hang, an denen man halbwegs stehen kann, wird je eine Person postiert. Das Gepäck wird in Ikea-Tüten oder liebevoll zusammengeknoteten Bündeln in den Karabinerhaken meiner Schleppleine geklinkt und zur ersten Person abgeseilt. Die reicht es dann weiter und schließlich erreicht so alles unversehrt und fast unverdreckt den Strand!
In der Abdeckung der Steilküste heizt uns der Sonnenschein noch mächtig ein. Das lässt nach, als wir um die Nase der Halbinsel Broager nach Westen in die offene Flensburger Förde biegen. Hier werden die Wellen allmählich etwas größer und der Wind etwas bissiger, so dass es sich eher wie Seekajak-Fahren anfühlt, was wir hier machen. Aber alle haben einen großen Spaß mit den Umständen, niemand wirkt auch nur ansatzweise ängstlich oder überfordert. Aber lang sind die Arme schon, als wir in Brunsnäs zur Pause an Land gehen. Dort sitzt bereits ein nettes dänisches Paar auf der Bank im Windschatten. Sie sind etwas verwundert, dass wir gestern auf direktem Wege über die Förde gefahren sind, weil sie denken, man solle nur maximal 300 Meter vom Ufer entfernt paddeln. Ich antworte: "300 Meter stimmt, aber nicht maximal, sondern minimal!"
Mittlerweile hat sich der Himmel fast vollständig bewölkt und es ist einiges Dunkel zu sehen. Aber es regnet nicht. Die Rückfahrt legen wir so, dass wir den Wind zuerst schräge von vorne nehmen. Ich will meinen Mitpaddlern Gelegenheit geben, sich an die Bedingungen zu gewöhnen, bevor ich den schwierigeren, direkten Kurs auf Langballigau nehme. Niemand hat auch nur die geringsten Probleme auch genau querab ankommende Wellen abzureiten, so dass wir schließlich in wildem Ritt direkt auf LA zurauschen. Hier liegt ein Stahlschiff am Anleger, an dem offensichtlich noch gewerkelt wird, und das allerlei Abwehrmaßnahmen gegen das besonders bei Möwen so beliebte Zielkacken ergriffen hat: drei Viertel des Schiffes sind unter einer wenig attraktiven Plastikplane versteckt, der Rest ist mit rot-weißem Band zur Baustellenmarkierung verziert und über allem ziehen zwei an etwa zehn Meter hohen Peitschenmasten montierte Greifvögel-artige Plastikdrachen ihre Kreise. Respekt!
Die Jannis-Eisbude in LA heißt nicht mehr Jannis - aber das Eis ist immer noch lecker! Manche bevorzugen coffeinhaltige Warmgetränke - jeder wie er mag! Und bei der Gelegenheit werde ich mir auch noch mit Elke über den Verkauf meines Zweitkochgeschirrs einig. Der Rückweg nach Habernis ist nicht mehr schwierig - der Wind bläst uns genau dorthin und die Wellen sind harmlos. Um halb sechs legen wir an, die meisten haben ihre erste ernsthafte Seekajak-Tour gemeistert und gezeigt, dass sie bereit sind für weitere Herausforderungen. Vielleicht bei besseren Wetterbedingung - oder mit regendichten Zelten!
Während ich diese Zeilen schreibe ist es Sonntag geworden. Die Temperaturen sind lausig und immer wieder fällt Regen auf die Welt. Jedesmal, wenn ich nach draußen sehe, freue ich mich! Wie ärgerlich, wenn wir die Tour abgebrochen hätten - und dann wäre doch schönes Wetter gewesen!
Am Strand in Habernis geht es darum, all die Ausrüstung, von der man denkt, dass sie unerlässlich sei, in die Boot zu bekommen. Das treibt manche Falte auf die Stirn meiner Mitpaddler, aber letztlich meistern alle diese Puzzleaufgabe erfolgreich. Was partout nicht passt, wird in den Laderaum meines nur mäßig befüllten Schiffes ausgelagert. Schließlich ist es halb acht, als wir erwartungsfroh in den Booten sitzen. Sonnenuntergang ist um kurz nach acht, vorher werden wir keinen Landfall mehr schaffen. Obwohl wir mit gutem Tempo unterwegs sind, ist es halb neun, als wir unsere Boote jeweils zu viert über die glibschigen Steine ans Ufer tragen. Leider sind nicht nur die Steine glibschig - auch der Hang lässt sehnüchtige Erinnerungen an den Treppenbaum hochkommen. Zum Glück habe ich ja meine Schleppleine dabei, die wir geschickt an zwei Bäumen auf dem Steilufer befestigen, so dass sie uns sehr beim Erklimmen der Steilwand hilft.
Der Zeltaufbau findet mit dem letzten Büchsenlicht statt, das anschließende Abendessen in völliger Dunkelheit beim schummrigen Schein zweier Kerzenlaternen. Zu allem Überfluss setzt auch noch leichter Regen ein, der aber zum Glück größtenteils durch das Blätterdach der Bäume abgefangen wird. Nur Felix, der am äußerten Ende der Bank sitzt, wo keine Blätter mehr hinreichen, hat nicht ganz so viel Glück.
In der Nacht wächst sich der Regen aus. Das hört sich im Zelt sitzend sehr gemütlich an. Vorausgesetzt, das Zelt ist dicht. Delbrin ist mit einem Iglu-Zelt aufgelaufen, bei dem im Firstbereich eine große Lüftungsgaze angebracht ist. Leider weiß niemand, wo die Abdeckung dafür geblieben ist. So muss er feststellen, dass Lüftungsgaze für Regentropfen keine wirkliche Hürde darstellt und dass eine Nacht Dauerregen beeindruckende Seen in einem Zelt entstehen lässt. Als ich am Morgen einen Blick nach draußen riskiere, sehe ich, dass es nur noch aus den Bäumen nachtröpfelt und mache mich fertig für den Tag. Als ich soweit bin, das Zelt zu verlassen, setzt erneut ergiebiger Regen ein. Ich ziehe mich in meinen warmen und trockenen Schlafsack zurück. Delbrin schaut vermutlich den Seen in seinem Zelt beim Wachsen zu.
Als ich nicht mehr länger liegen kann und auch das Tröpfeln deutlich nachgelassen hat, verlasse ich doch mein Zelt und sehe an der glatten Oberfläche der Förde, dass es außerhalb des Waldes gar nicht mehr regnet. Man kann sogar mit einigem Optimismus eine Aufhellung der Gesamtsituation erkennen. Na also! Die klatschnasse Bank wird mit allerlei Schutzunterlagen abgedeckt, so dass wir beim Frühstücken nicht gleich einen nassen Hintern bekommen. Ich hatte nach meinem Rückzug vorhin die Wettersituation geprüft, und die sah für unsere nahe Zukunft alles andere als verlockend aus: Den ganzen Sonntag soll es heftig regnen und der Wind vormittags aus Osten wehen. Auch ohne das Wissen um die Delbrin'sche Seenplatte hatte ich bereits den Entschluss gefasst, die Tour um einen Tag zu verkürzen. So müssen wir auch nicht die Ochseninseln erreichen und können den Tag entspannt und gelassen angehen. Entsprechend dehnen wir das Frühstück aus. Je länger wir am Tisch sitzen, desto freundlicher und strahlender wird der Himmel!
Im Übrigen haben wir heute eine zusätzliche Herausforderung zu meistern: Der Hang ist durch den reichlichen Regen dermaßen rutschig, dass es eigentlich nicht mehr möglich ist, ihn zu besteigen, geschweige denn, große und schwere Gepäckstücke an ihm herunter zu bringen! Aber wir sind ja pfiffige KerlchInnen und lassen uns von solch Widernissen nicht die Laune oder gar die Tour verderben. An den Stellen im Hang, an denen man halbwegs stehen kann, wird je eine Person postiert. Das Gepäck wird in Ikea-Tüten oder liebevoll zusammengeknoteten Bündeln in den Karabinerhaken meiner Schleppleine geklinkt und zur ersten Person abgeseilt. Die reicht es dann weiter und schließlich erreicht so alles unversehrt und fast unverdreckt den Strand!
In der Abdeckung der Steilküste heizt uns der Sonnenschein noch mächtig ein. Das lässt nach, als wir um die Nase der Halbinsel Broager nach Westen in die offene Flensburger Förde biegen. Hier werden die Wellen allmählich etwas größer und der Wind etwas bissiger, so dass es sich eher wie Seekajak-Fahren anfühlt, was wir hier machen. Aber alle haben einen großen Spaß mit den Umständen, niemand wirkt auch nur ansatzweise ängstlich oder überfordert. Aber lang sind die Arme schon, als wir in Brunsnäs zur Pause an Land gehen. Dort sitzt bereits ein nettes dänisches Paar auf der Bank im Windschatten. Sie sind etwas verwundert, dass wir gestern auf direktem Wege über die Förde gefahren sind, weil sie denken, man solle nur maximal 300 Meter vom Ufer entfernt paddeln. Ich antworte: "300 Meter stimmt, aber nicht maximal, sondern minimal!"
Mittlerweile hat sich der Himmel fast vollständig bewölkt und es ist einiges Dunkel zu sehen. Aber es regnet nicht. Die Rückfahrt legen wir so, dass wir den Wind zuerst schräge von vorne nehmen. Ich will meinen Mitpaddlern Gelegenheit geben, sich an die Bedingungen zu gewöhnen, bevor ich den schwierigeren, direkten Kurs auf Langballigau nehme. Niemand hat auch nur die geringsten Probleme auch genau querab ankommende Wellen abzureiten, so dass wir schließlich in wildem Ritt direkt auf LA zurauschen. Hier liegt ein Stahlschiff am Anleger, an dem offensichtlich noch gewerkelt wird, und das allerlei Abwehrmaßnahmen gegen das besonders bei Möwen so beliebte Zielkacken ergriffen hat: drei Viertel des Schiffes sind unter einer wenig attraktiven Plastikplane versteckt, der Rest ist mit rot-weißem Band zur Baustellenmarkierung verziert und über allem ziehen zwei an etwa zehn Meter hohen Peitschenmasten montierte Greifvögel-artige Plastikdrachen ihre Kreise. Respekt!
Die Jannis-Eisbude in LA heißt nicht mehr Jannis - aber das Eis ist immer noch lecker! Manche bevorzugen coffeinhaltige Warmgetränke - jeder wie er mag! Und bei der Gelegenheit werde ich mir auch noch mit Elke über den Verkauf meines Zweitkochgeschirrs einig. Der Rückweg nach Habernis ist nicht mehr schwierig - der Wind bläst uns genau dorthin und die Wellen sind harmlos. Um halb sechs legen wir an, die meisten haben ihre erste ernsthafte Seekajak-Tour gemeistert und gezeigt, dass sie bereit sind für weitere Herausforderungen. Vielleicht bei besseren Wetterbedingung - oder mit regendichten Zelten!
Während ich diese Zeilen schreibe ist es Sonntag geworden. Die Temperaturen sind lausig und immer wieder fällt Regen auf die Welt. Jedesmal, wenn ich nach draußen sehe, freue ich mich! Wie ärgerlich, wenn wir die Tour abgebrochen hätten - und dann wäre doch schönes Wetter gewesen!
Labels:
Broager,
Flensburger Förde,
Langballigau,
Regen
Standort:
6310 Broager, Dänemark
Sonntag, 21. August 2016
Endlich Pallas!
Statt meine traditionelle Tour "Nordsee für Neulinge" anzubieten, habe ich mich dieses Jahr entschieden, einfach "privat" zur Seekajakwoche (SKW) der Salzwasser-Union (SaU) nach Hooge zu fahren und zur Mitfahrt einzuladen. Die Resonanz war erwartungsgemäß verhalten. Mein Plan war, mich einfach irgendeiner reizvollen Tour anzuschließen und in die gemütliche Lage des Konsumenten zu begeben. Leider stand da nur eine aus meiner Sicht eher reizarme Tour nach Amrum auf dem Programm, die so gar keine Anziehung auf mich ausübte. Zudem standen die Tidenzeiten günstig, so dass eine Tour zur Pallas in einem äußerst bequemen Rahmen möglich sein sollte. Also entschloss ich mich, im Vorfeld bei den Organisatoren ein solches Unternehmen anzuregen und nach einem "bescheinigten" Fahrtenleiter zu fragen, der dem ganzen einen Sau-mäßigen Anstrich und Segen geben könnte. Das war leider nicht möglich und ich solle bedenken, dass gerade eine Fahrt zur Pallas ein sehr gewagtes Unternehmen darstelle. Um die SaU nicht weiter zu kompromittieren, entschied ich mich, das Ganze nicht weiter publik zu machen. Ich war mir sicher, dass die Hansels (genauer drei Hansels und eine Gretel), die sich bei mir zur Mitfahrt angemeldet hatten, keine eigenen Pläne schmieden sondern sich mir frohgemut anschließen würden.
Es gab noch einige Irritationen bei der Organisation der Hinfahrt, weil Hanno seinen Wagen verliehen hatte, der Joker Nopa dann doch lieber in der Dänischen Südsee plantschen wollte und Stan schließlich doch nicht extra von der Nordsee zurück nach Kiel kommen wollte, um gleich wieder zur Nordsee zu fahren. Am Ende bin ich also nur mit Johanna und Steffen gemütlich von Kiel nach Schlüttsiel gefahren, wo wir mit Stan und Olli - äh - Hanno zusammentrafen.
Ich hätte hier eigentlich noch mehr Paddler erwartet, die auch das Wochenende zur SKW fahren würden. Aber wir bleiben allein an der Rampe, die noch gut mit Wasser bedeckt ist. Es ist 16 Uhr und damit nur eine Stunde nach Hochwasser, so früh war ich noch nie hier! Das Packen geht zügig, und als wir unsere beladenen Boote näher zum Wasser tragen wollen, ist die Kaimauerkante immer noch tief unter brauner Flüssigkeit versteckt. Hanno tastet sich mit dem Boot am langen Arm durch das trübe Nass und fragt, wo denn die Kante genau verlaufe. Ich trage zusammen mit Johanna ihr Boot nach vorne und sage: "Die Kante verläuft direkt vor den Pollern. Wenn Johanna gleich verschwindet, dann war da die Kante!" Plupp! macht es, und Johanna verschwindet bis zum Hals in der Nordsee!
Da wir so früh sind, das Wetter so fantastisch ist und wir alle Zeit der Welt haben, gebe ich die Devise aus, östlich um Gröde herum zu fahren. Ein kleiner Umweg zwar, aber wir sind ja nicht hier, um Hooge auf dem schnellstmöglichen Weg zu erreichen. Außer strahlendem Sonnenschein, spiegelglattem Wasser, auf dem große Placken Wattwurmkacke wabern, und aus dem hin und wieder ein Seehundskopf auftaucht, gibt es wenig zu vermelden.
Wir kommen noch bei Sonnenschein am Hooger Segelhafen an, wo die Zeltwiese rappelvoll belegt ist. Es laufen auch allerhand SäUe in der Gegend herum, doch nur der alte Recke Manfred B. fühlt sich berufen, uns beim Anlanden und Boote-Hochschleppen zu unterstützen. Da auch die Flächen um das Stelzenheim komplett und dicht belegt sind, müssen wir zunächst einmal ein paar Kajaks umbetten, um überhaupt Platz für unsere Stoffhütten zu finden. Es tobt gerade das Tauziehen und Matthias, bei dem ich mich angemeldet hatte, kann ich im Wuhling nicht so schnell finden, um unsere Ankunft kund zu tun. Da die Veranstaltungswoche schon im Ausklingen begriffen ist, und man das mit der Bürokratie nicht mehr so eng sieht, drücke ich einfach dem Vorsitzenden Gero unser Übernachtungsgeld in die Hand und betrachte die Angelegenheit damit als erledigt.
Zum Abschluss des Tages setzen wir uns auf die warmen Steine am Deich und genießen gemeinsam unser Abendbrot. Hanno und Stan wollen morgen schon wieder zurück fahren, die beiden anderen wollen es wagen, mit mir den Versuch zu unternehmen, die Pallas zu erreichen. Es soll den gesamten Tag kräftig mit um die neun Meter pro Sekunde aus südlichen Richtungen pusten. Das könnte spannend werden. Als Abfahrtzeit habe ich sieben Uhr ausgegeben. Das ist zwar ziemlich früh, schreckt aber keinen der beiden endgültig ab,
Ich tratsche noch bis spät in die Nacht mit dem Matthias, den ich immer treffe, wenn ich auf der Nordsee unterwegs bin und kann auch danach noch nicht gleich Schlaf finden, weil im großen Mannschaftszelt die Abschlussparty tobt - "Smoke on the water..."
Um 5:20 Uhr blicke ich auf die Uhr und befinde, dass es nicht lohnt, weiter zu schlafen. Stattdessen schaffe ich mein gesamtes Frühstücksgerödel über den Steg auf die andere Seite des Hafenbeckens und mache mir in aller Ruhe einen Tee und mein Müsli. Um sechs Uhr checke ich, ob die beiden anderen sich noch an ihr Vorhaben vom vergangenen Tag erinnern. Das Erinnern gestaltet sich etwas mühsam, aber es funktioniert. So sitzen wir tatsächlich um viertel nach sieben in unseren Booten, der Himmel griesgrämig grau bewölkt, die Temperaturen ähnlich niedrig wie unsere Spritzigkeit und der Wind hält, was die Vorhersage gestern versprochen hat.
Bis zur Nordspitze von Jappsand bekommt man die Strecke noch geschenkt, danach muss man sie sich erarbeiten. Es geht zwar eine ordentliche Strömung in Richtung unseres Ziels aber es weht auch ein heftiger Wind gegenan. Ich bin mir nicht sicher, ob wir es unter den gegebenen Bedingungen tatsächlich bis zum Wrack schaffen werden. Die Peilung nach meiner selbstgebastelten Seekarte beträgt 250 Grad, die Entfernung 14 Kilometer. Um 10 Uhr müssen wir unser Ziel erreicht haben, denn dann kippt dort die Strömung. Für den Hinweg haben wir also etwa zwei Stunden Zeit. Ich gebe 240 Grad als zu steuernden Kurs aus. Damit landen wir etwas zu weit südlich und haben noch eine bessere Chance, unser Ziel zu erreichen, auch wenn wir zu langsam sind und der Strom schon wieder nach Norden drückt.
Bei sehr guter Sicht könnte man die Pallas schon vom Jappsand aus sehen, aber wir haben keine gute Sicht. Es ist trüb und hin und wieder nieselt es. Es dauert eine gute Stunde und damit die Hälfte des Weges, bis ich die Silhouette im fernen Dunst erkenne. Die beiden anderen müssen mir das glauben, weil sie keinen Schimmer haben, was es zu erwarten gibt. Ich bin rechtschaffen überrascht, dass wir unser Ziel direkt vor unserer Nase sehen. Ich hätte mit einem deutlicheren Versatz gerechnet. Die See ist trotz des recht heftigen Windes eigentlich erstaunlich ruhig - allerdings sehr unregelmäßig. Auf manchen Strecken ist die Wellenhöhe unter einem halben Meter, dann folgen immer wieder Phasen, wo sie sich bis auf zwei Meter aufsteilen und teilweise brechen. Alle halbe Stunde schalte ich mein GPS an und überprüfe unser Vorankommen. Waren wir anfangs noch recht flott, verlieren wir mit nachlassender Strömung immer mehr an Schwung. Letztlich bin ich mir erst fünf Kilometer vor dem Ziel wirklich sicher, dass alles passt, wie geplant. Am Ende wird eine Punktlandung draus: Um 10 Minuten vor zehn sehen wir die Wellen aus nächster Nähe wütend gegen den rostigen Stahl des einstigen Holzfrachter klatschen. Eine ganze Schar Seevögel nutzt diesen Punkt im nassen Nichts als Treffpunkt. Uns hält es nicht wirklich hier und wir drehen bei.
Die neue Kursangabe lautet mit Seekajak gemäßer Genauigkeit: "Eher 90 als 60 Grad". Bei der Geschwindigkeit hatte ich eher daran gedacht, dass wir uns gemütlich von Wind und Strom nach Hause tragen lassen würden, Aber da habe ich die Rechnung ohne Johanna gemacht. Die hat nämlich keine Paddeljacke an (Anfängerin!), und daher ist ihr kalt. Also bleibt uns nichts anderes übrig, als doch etwas Druck zu machen und viel zu früh im Hooger Hafen anzukommen. Damit es nicht allzu arg wird, machen wir doch noch eine Pause auf dem Jappsand, wo ich meinen neuen Notfallshelter ausprobieren kann. Da die Sonne mittlerweile schon wieder schüchtern durch die dünner werdenden Wolken lugt, ist es muckelig warm in der Bude, obwohl draußen immer noch ein scharfer Wind pustet. Aber zu dritt ist es doch etwas arg beengt.
Der Tag ist noch nicht einmal halb rum, als wir von Hanno und Stan, die sich gerade auf den Nachhauseweg gemacht haben, an der Mole begrüßt werden. Es ist auch schon genug Wasser da, so dass das Aussteigen recht komfortabel möglich ist. Während wir durch die grimmige Nordsee gepflügt sind, haben etliche Teilnehmer bereits ihre Zelte abgebrochen und die Heimreise mit der Fähre oder auf eigenem Kiel angetreten. Die Belegung der Wiese hat sich entsprechend entspannt. Da genau mit unserer Ankunft auch eine grundlegende Wetterbesserung einsetzt, haben wir einen kompletten Urlaubstag im Sonnenschein gewonnen. Zum Glück haben wir bereits gestern Abend einen Tisch für drei Personen im Friesenpesel reservieren lassen, so dass wir uns jetzt ganz der Entspannung widmen können. Ich nutze sie unter anderem, um mich mit bekannten Gesichtern zu unterhalten und neue kennen zu lernen.
Als sich am späten Nachmittag am fernen Horizont deutliche Gewitterneigung entwickelt, gehen wir etwas früher als geplant zur Peselwarft, um noch vor Einsetzen des Regens dort anzukommen. Die Sache mit der Reservierung war eine ausgesprochen pfiffige Idee, denn als kurz nach uns Olaf und Björn nach einem Platz suchen, ist kein Tisch mehr frei, Wir bitten sie kurzerhand an unseren in der Annahme, dass sie im Gegenzug das Begleichen der Rechnung übernehmen werden. Es entspinnen sich angeregte Gespräche, bei denen unter anderem jeder ausführen muss, wie er (oder sie) denn zum Paddeln gefunden hat. Besonders der "Paddeltest", mit dem Olav die Beziehungstauglichkeit neuer Bekanntschaften ergründet, stößt bei Johanna auf ungebremste Begeisterung. Irgendwie hat das mit der Übernahme der Rechnung dann doch nicht geklappt, aber wir haben unsere Adressen ausgetauscht.
Angeblich soll es während unseres Pesel-Aufenthaltes geregnet haben, wie Johanna steif und fest behauptet, was aber niemand sonst bestätigen kann. Jedenfalls kommen wir auch wieder trocken zum Segelhafen zurück. Irgendjemand muss mit einer Gießkanne große Mengen Wasser über mein Zelt gekippt haben.
Am Sonntag ist das Hochwasser in Schlüttsiel erst um 16:50 Uhr. Das bedeutet nochmal einen guten Vormittag ohne Vorhaben, ohne Pflichten - und bei gutem Wetter. Wir lassen alles sehr mit Bedacht angehen, denn vor 12 Uhr besteht wegen fehlenden Wassers gar keine Möglichkeit, Hooge zu verlassen. Ich werde von Paddlern anderer Gruppen mehrmals gefragt, wann wir denn losfahren wollen. Dass ich nie eine Uhrzeit nenne, sondern nur "Sobald genug Wasser da ist!", wird so richtig wohl nur von Willi aus Mainz verstanden. Er ist Seekajak-Neuling, hat aber profunde Kenntnisse und Erfahrungen im Wildwasser. Auch er kann die nervöse Thermik, die sich frühzeitig auf der Zeltwiese entfaltet, nicht recht verstehen. Einige tragen schon Stunden vor einer möglichen Abfahrt ihre leeren Boote aufs Watt und beladen sie dort. Möglicherweise spart das zehn Minuten gegenüber einem Start von der Rampe - um den Preis einer Schlickpackung für Boot und Paddler.
Auch dieser Vormittag beschert mir wieder bereichernde Gespräche mit bisher fremden und altbekannten Paddlern. Sogar Eckehard taucht auf und erzählt mir seine Sicht der Welt. Eigentlich würde ich gerne auch mal eine Seekajak-Woche von Anfang bis Ende mitmachen. Vielleicht habe ich irgendwann einmal die Zeit dafür.
Zu meiner Überraschung ist um zwölf Uhr tatsächlich schon so viel Wasser aufgelaufen, dass wir ziemlich problemlos einsetzen können. Der Wind weht wie gestern mit fünf Windstärken auf südsüdsüdwestlicher Richtung. Anfangs fahre ich noch neben Erich S. und deutlich langsamer, als Johanna möchte. Kurz nach der Abbiegung an Tonne SA22 lasse ich das ungeduldig drängende Hündchen von der Leine und gebe ihr vor: "Immer links von den roten Tonnen halten!" - und weg ist sie! Eine zeitlang habe ich noch die Chance, mit ihr mithalten zu können, muss dann aber einsehen, dass sie mit ihrem Boot in diesen Bedingungen einfach schneller ist. Als sie irgendwann die etwa eine dreiviertel Stunde vor uns aus dem Watt gestartete Gruppe überholt, hat sie wegen der vielen Paddler um sie herum kurz die Orientierung verloren. Unbekümmert, wie es nur Johanna kann, fragt sie einen der Überholten: "Wo ist denn hier die nächste rote Tonne?" Vermutlich hat der Gefragte sie für ein paddelndes Irrlicht gehalten.
In Schlüttsiel hat das Wasser gerade die Kante erreicht, über die sich Johanna vor zwei Tagen in die Nordsee gestürzt hat. Mit Strom und Wind im Rücken haben wir die knappen 20 Kilometer in deutlich weniger als zwei Stunden zurückgelegt. Wir gönnen uns einen Kakao (mit Sahne) und Kuchen (mit Sahne) und freuen uns, nach vier Jahren vergeblicher Anläufe, endlich erfolgreich die Pallas erreicht zu haben - bei Bedingungen, die deutlich rauer waren als bei all den Versuchen zuvor.
Es gab noch einige Irritationen bei der Organisation der Hinfahrt, weil Hanno seinen Wagen verliehen hatte, der Joker Nopa dann doch lieber in der Dänischen Südsee plantschen wollte und Stan schließlich doch nicht extra von der Nordsee zurück nach Kiel kommen wollte, um gleich wieder zur Nordsee zu fahren. Am Ende bin ich also nur mit Johanna und Steffen gemütlich von Kiel nach Schlüttsiel gefahren, wo wir mit Stan und Olli - äh - Hanno zusammentrafen.
Ich hätte hier eigentlich noch mehr Paddler erwartet, die auch das Wochenende zur SKW fahren würden. Aber wir bleiben allein an der Rampe, die noch gut mit Wasser bedeckt ist. Es ist 16 Uhr und damit nur eine Stunde nach Hochwasser, so früh war ich noch nie hier! Das Packen geht zügig, und als wir unsere beladenen Boote näher zum Wasser tragen wollen, ist die Kaimauerkante immer noch tief unter brauner Flüssigkeit versteckt. Hanno tastet sich mit dem Boot am langen Arm durch das trübe Nass und fragt, wo denn die Kante genau verlaufe. Ich trage zusammen mit Johanna ihr Boot nach vorne und sage: "Die Kante verläuft direkt vor den Pollern. Wenn Johanna gleich verschwindet, dann war da die Kante!" Plupp! macht es, und Johanna verschwindet bis zum Hals in der Nordsee!
Da wir so früh sind, das Wetter so fantastisch ist und wir alle Zeit der Welt haben, gebe ich die Devise aus, östlich um Gröde herum zu fahren. Ein kleiner Umweg zwar, aber wir sind ja nicht hier, um Hooge auf dem schnellstmöglichen Weg zu erreichen. Außer strahlendem Sonnenschein, spiegelglattem Wasser, auf dem große Placken Wattwurmkacke wabern, und aus dem hin und wieder ein Seehundskopf auftaucht, gibt es wenig zu vermelden.
Wir kommen noch bei Sonnenschein am Hooger Segelhafen an, wo die Zeltwiese rappelvoll belegt ist. Es laufen auch allerhand SäUe in der Gegend herum, doch nur der alte Recke Manfred B. fühlt sich berufen, uns beim Anlanden und Boote-Hochschleppen zu unterstützen. Da auch die Flächen um das Stelzenheim komplett und dicht belegt sind, müssen wir zunächst einmal ein paar Kajaks umbetten, um überhaupt Platz für unsere Stoffhütten zu finden. Es tobt gerade das Tauziehen und Matthias, bei dem ich mich angemeldet hatte, kann ich im Wuhling nicht so schnell finden, um unsere Ankunft kund zu tun. Da die Veranstaltungswoche schon im Ausklingen begriffen ist, und man das mit der Bürokratie nicht mehr so eng sieht, drücke ich einfach dem Vorsitzenden Gero unser Übernachtungsgeld in die Hand und betrachte die Angelegenheit damit als erledigt.
Zum Abschluss des Tages setzen wir uns auf die warmen Steine am Deich und genießen gemeinsam unser Abendbrot. Hanno und Stan wollen morgen schon wieder zurück fahren, die beiden anderen wollen es wagen, mit mir den Versuch zu unternehmen, die Pallas zu erreichen. Es soll den gesamten Tag kräftig mit um die neun Meter pro Sekunde aus südlichen Richtungen pusten. Das könnte spannend werden. Als Abfahrtzeit habe ich sieben Uhr ausgegeben. Das ist zwar ziemlich früh, schreckt aber keinen der beiden endgültig ab,
Ich tratsche noch bis spät in die Nacht mit dem Matthias, den ich immer treffe, wenn ich auf der Nordsee unterwegs bin und kann auch danach noch nicht gleich Schlaf finden, weil im großen Mannschaftszelt die Abschlussparty tobt - "Smoke on the water..."
Um 5:20 Uhr blicke ich auf die Uhr und befinde, dass es nicht lohnt, weiter zu schlafen. Stattdessen schaffe ich mein gesamtes Frühstücksgerödel über den Steg auf die andere Seite des Hafenbeckens und mache mir in aller Ruhe einen Tee und mein Müsli. Um sechs Uhr checke ich, ob die beiden anderen sich noch an ihr Vorhaben vom vergangenen Tag erinnern. Das Erinnern gestaltet sich etwas mühsam, aber es funktioniert. So sitzen wir tatsächlich um viertel nach sieben in unseren Booten, der Himmel griesgrämig grau bewölkt, die Temperaturen ähnlich niedrig wie unsere Spritzigkeit und der Wind hält, was die Vorhersage gestern versprochen hat.
Bis zur Nordspitze von Jappsand bekommt man die Strecke noch geschenkt, danach muss man sie sich erarbeiten. Es geht zwar eine ordentliche Strömung in Richtung unseres Ziels aber es weht auch ein heftiger Wind gegenan. Ich bin mir nicht sicher, ob wir es unter den gegebenen Bedingungen tatsächlich bis zum Wrack schaffen werden. Die Peilung nach meiner selbstgebastelten Seekarte beträgt 250 Grad, die Entfernung 14 Kilometer. Um 10 Uhr müssen wir unser Ziel erreicht haben, denn dann kippt dort die Strömung. Für den Hinweg haben wir also etwa zwei Stunden Zeit. Ich gebe 240 Grad als zu steuernden Kurs aus. Damit landen wir etwas zu weit südlich und haben noch eine bessere Chance, unser Ziel zu erreichen, auch wenn wir zu langsam sind und der Strom schon wieder nach Norden drückt.
Bei sehr guter Sicht könnte man die Pallas schon vom Jappsand aus sehen, aber wir haben keine gute Sicht. Es ist trüb und hin und wieder nieselt es. Es dauert eine gute Stunde und damit die Hälfte des Weges, bis ich die Silhouette im fernen Dunst erkenne. Die beiden anderen müssen mir das glauben, weil sie keinen Schimmer haben, was es zu erwarten gibt. Ich bin rechtschaffen überrascht, dass wir unser Ziel direkt vor unserer Nase sehen. Ich hätte mit einem deutlicheren Versatz gerechnet. Die See ist trotz des recht heftigen Windes eigentlich erstaunlich ruhig - allerdings sehr unregelmäßig. Auf manchen Strecken ist die Wellenhöhe unter einem halben Meter, dann folgen immer wieder Phasen, wo sie sich bis auf zwei Meter aufsteilen und teilweise brechen. Alle halbe Stunde schalte ich mein GPS an und überprüfe unser Vorankommen. Waren wir anfangs noch recht flott, verlieren wir mit nachlassender Strömung immer mehr an Schwung. Letztlich bin ich mir erst fünf Kilometer vor dem Ziel wirklich sicher, dass alles passt, wie geplant. Am Ende wird eine Punktlandung draus: Um 10 Minuten vor zehn sehen wir die Wellen aus nächster Nähe wütend gegen den rostigen Stahl des einstigen Holzfrachter klatschen. Eine ganze Schar Seevögel nutzt diesen Punkt im nassen Nichts als Treffpunkt. Uns hält es nicht wirklich hier und wir drehen bei.
Die neue Kursangabe lautet mit Seekajak gemäßer Genauigkeit: "Eher 90 als 60 Grad". Bei der Geschwindigkeit hatte ich eher daran gedacht, dass wir uns gemütlich von Wind und Strom nach Hause tragen lassen würden, Aber da habe ich die Rechnung ohne Johanna gemacht. Die hat nämlich keine Paddeljacke an (Anfängerin!), und daher ist ihr kalt. Also bleibt uns nichts anderes übrig, als doch etwas Druck zu machen und viel zu früh im Hooger Hafen anzukommen. Damit es nicht allzu arg wird, machen wir doch noch eine Pause auf dem Jappsand, wo ich meinen neuen Notfallshelter ausprobieren kann. Da die Sonne mittlerweile schon wieder schüchtern durch die dünner werdenden Wolken lugt, ist es muckelig warm in der Bude, obwohl draußen immer noch ein scharfer Wind pustet. Aber zu dritt ist es doch etwas arg beengt.
Der Tag ist noch nicht einmal halb rum, als wir von Hanno und Stan, die sich gerade auf den Nachhauseweg gemacht haben, an der Mole begrüßt werden. Es ist auch schon genug Wasser da, so dass das Aussteigen recht komfortabel möglich ist. Während wir durch die grimmige Nordsee gepflügt sind, haben etliche Teilnehmer bereits ihre Zelte abgebrochen und die Heimreise mit der Fähre oder auf eigenem Kiel angetreten. Die Belegung der Wiese hat sich entsprechend entspannt. Da genau mit unserer Ankunft auch eine grundlegende Wetterbesserung einsetzt, haben wir einen kompletten Urlaubstag im Sonnenschein gewonnen. Zum Glück haben wir bereits gestern Abend einen Tisch für drei Personen im Friesenpesel reservieren lassen, so dass wir uns jetzt ganz der Entspannung widmen können. Ich nutze sie unter anderem, um mich mit bekannten Gesichtern zu unterhalten und neue kennen zu lernen.
Als sich am späten Nachmittag am fernen Horizont deutliche Gewitterneigung entwickelt, gehen wir etwas früher als geplant zur Peselwarft, um noch vor Einsetzen des Regens dort anzukommen. Die Sache mit der Reservierung war eine ausgesprochen pfiffige Idee, denn als kurz nach uns Olaf und Björn nach einem Platz suchen, ist kein Tisch mehr frei, Wir bitten sie kurzerhand an unseren in der Annahme, dass sie im Gegenzug das Begleichen der Rechnung übernehmen werden. Es entspinnen sich angeregte Gespräche, bei denen unter anderem jeder ausführen muss, wie er (oder sie) denn zum Paddeln gefunden hat. Besonders der "Paddeltest", mit dem Olav die Beziehungstauglichkeit neuer Bekanntschaften ergründet, stößt bei Johanna auf ungebremste Begeisterung. Irgendwie hat das mit der Übernahme der Rechnung dann doch nicht geklappt, aber wir haben unsere Adressen ausgetauscht.
Angeblich soll es während unseres Pesel-Aufenthaltes geregnet haben, wie Johanna steif und fest behauptet, was aber niemand sonst bestätigen kann. Jedenfalls kommen wir auch wieder trocken zum Segelhafen zurück. Irgendjemand muss mit einer Gießkanne große Mengen Wasser über mein Zelt gekippt haben.
Am Sonntag ist das Hochwasser in Schlüttsiel erst um 16:50 Uhr. Das bedeutet nochmal einen guten Vormittag ohne Vorhaben, ohne Pflichten - und bei gutem Wetter. Wir lassen alles sehr mit Bedacht angehen, denn vor 12 Uhr besteht wegen fehlenden Wassers gar keine Möglichkeit, Hooge zu verlassen. Ich werde von Paddlern anderer Gruppen mehrmals gefragt, wann wir denn losfahren wollen. Dass ich nie eine Uhrzeit nenne, sondern nur "Sobald genug Wasser da ist!", wird so richtig wohl nur von Willi aus Mainz verstanden. Er ist Seekajak-Neuling, hat aber profunde Kenntnisse und Erfahrungen im Wildwasser. Auch er kann die nervöse Thermik, die sich frühzeitig auf der Zeltwiese entfaltet, nicht recht verstehen. Einige tragen schon Stunden vor einer möglichen Abfahrt ihre leeren Boote aufs Watt und beladen sie dort. Möglicherweise spart das zehn Minuten gegenüber einem Start von der Rampe - um den Preis einer Schlickpackung für Boot und Paddler.
Auch dieser Vormittag beschert mir wieder bereichernde Gespräche mit bisher fremden und altbekannten Paddlern. Sogar Eckehard taucht auf und erzählt mir seine Sicht der Welt. Eigentlich würde ich gerne auch mal eine Seekajak-Woche von Anfang bis Ende mitmachen. Vielleicht habe ich irgendwann einmal die Zeit dafür.
Zu meiner Überraschung ist um zwölf Uhr tatsächlich schon so viel Wasser aufgelaufen, dass wir ziemlich problemlos einsetzen können. Der Wind weht wie gestern mit fünf Windstärken auf südsüdsüdwestlicher Richtung. Anfangs fahre ich noch neben Erich S. und deutlich langsamer, als Johanna möchte. Kurz nach der Abbiegung an Tonne SA22 lasse ich das ungeduldig drängende Hündchen von der Leine und gebe ihr vor: "Immer links von den roten Tonnen halten!" - und weg ist sie! Eine zeitlang habe ich noch die Chance, mit ihr mithalten zu können, muss dann aber einsehen, dass sie mit ihrem Boot in diesen Bedingungen einfach schneller ist. Als sie irgendwann die etwa eine dreiviertel Stunde vor uns aus dem Watt gestartete Gruppe überholt, hat sie wegen der vielen Paddler um sie herum kurz die Orientierung verloren. Unbekümmert, wie es nur Johanna kann, fragt sie einen der Überholten: "Wo ist denn hier die nächste rote Tonne?" Vermutlich hat der Gefragte sie für ein paddelndes Irrlicht gehalten.
In Schlüttsiel hat das Wasser gerade die Kante erreicht, über die sich Johanna vor zwei Tagen in die Nordsee gestürzt hat. Mit Strom und Wind im Rücken haben wir die knappen 20 Kilometer in deutlich weniger als zwei Stunden zurückgelegt. Wir gönnen uns einen Kakao (mit Sahne) und Kuchen (mit Sahne) und freuen uns, nach vier Jahren vergeblicher Anläufe, endlich erfolgreich die Pallas erreicht zu haben - bei Bedingungen, die deutlich rauer waren als bei all den Versuchen zuvor.
Alle Bilder hier.
Standort:
25859 Hooge, Deutschland
Donnerstag, 9. Juni 2016
Südsee unter Segeln (5/5)
Gestern Abend zeigten sich noch einige Segler durchaus näher interessiert an unseren Booten und unserer Unternehmung. Ein Folkebootfahrer aus Kiel war regelrecht fasziniert, was man mit so kleinen Booten unternehmen kann und wie seemännisch sie ausgerüstet sind. Auch für den eingewehten Paddler aus Schleswig lagen unsere Teilstrecken eher außerhalb seiner Vorstellungskraft. Allerdings fuhr er auch ein für seine Verhältnisse viel zu großes Boot. Damit würde auch ich weggeweht werden. Ob wir denn bei unserem Weg zurück nach Kiel die Eckernförder Bucht queren würden? Nun, nicht wirklich, war meine Entgegnung, denn beim direkten Weg nach Bülk sieht man die Eckernförder Bucht eigentlich nur aus der Ferne.
Da wir uns die Option offen halten wollen, nicht schon in Bülk unsere Reise für beendet zu erklären, sondern bei Bedarf und entsprechendem Befinden bis zum Klub durchzufahren, sind wir heute etwas früher auf den Beinen. Aber obwohl wir bereits um sieben Uhr aus den Zelten kommen, braucht es bis kurz vor zehn, bis man uns auf dem Wasser schwimmen sieht. Das lag vielleicht mit an meiner strikten Weigerung, beim Frühstück schnell zu machen, aber es hat nicht viel Energie gekostet, Jörg davon zu überzeugen, dass wir weiter auf Urlaub machen und der Tag auch so lang genug ist.
Es herrscht wie vorhergesagt ein leichter Wind aus Ostsüdost. Das kann man zwar nicht wirklich als Gegenwind bezeichnen, aber wir sind froh, dass er so lustlos bläst, dass kaum ein Segler allein auf seine weißen Tücher setzt, um sein Fortkommen sicherzustellen. Natürlich sind sie dadurch allesamt schneller als wir. Der Kurs ist nicht so ganz leicht zu bestimmen. Gewiefte Navigatoren hätten ihn vielleicht vorher mittels Seekarte bestimmt. Aber ganz gewiefte Navigatoren fahren erst einmal los und überlegen dann! Nach einigem Gepeile und Geschätze einigen wir uns auf 150 Grad. Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass ich beim letzten Mal den exakten Kurs im Voraus vermessen hatte und dabei auf 156 Grad gekommen bin! Sagte ich schon, dass wir ganz gewiefte Navigatoren sind?
Zwar ist die Küste des Dänischen Wohlds von Anfang an zu sehen, aber das ist leider nur die Steilküste bei Dänisch-Nienhof, die am weitesten nach Norden ragt. Bülk liegt viel weiter östlich und ist noch längst nicht zu sehen. Ich weiß aber, dass wir die südwestliche Begrenzungstonne des Schießgebietes quasi touchieren müssen, um den korrekten Kurs zu halten. Wir tun genau das und wundern uns über eine Segelyacht, die ungeniert quer durchs Sperrgebiet fährt, obwohl mitten drin ein Marineschiff seine Runden dreht. Als wir knapp am Schießgebiet vorbei sind, nähert sich aus Richtung Damp die "Falshöft" der Wasserschutzpolizei. In einiger Entfernung von und setzen sie ein Schlauchboot auf, das auf uns zufährt. Naja, dann müssen wir ihnen eben freundlich erklären, dass wir sehr wohl wissen, was wir als Paddler hier so weit draußen tun. Aber das Boot prescht an uns vorbei auf eine weitere Segelyacht zu, die sich nicht um die gelben Sperrtonnen gekümmert hat. Eine kurze Lautsprecherdurchsage - und schon sieht man beide Boote eine Weile nebeneinander den Sachverhalt aushandeln.
Nach nicht allzu langer Zeit zeigt sich über dem Horizont ein erstaunlich langer und dünner Pinökel. Wir rätseln eine geraume Weile herum, was das sein kann, stellen verschiedene Theorien auf und finden lange keine Erklärung. Schließlich einigen wir uns darauf, dass das das Marineehrenmal in Laboe sein muss, das aus diesem Winkel betrachtet eben viel schmaler aussieht, als wir es normaler Weise gewohnt sind. Letztlich ist die Erklärung die, dass es sich tatsächlich um das Ehrenmal handelt, das durch die Sichtverhältnisse enorm über den Horizont gehoben und damit gestreckt worden ist. Dasselbe erleben wir auch noch mit dem Kieler Leuchtturm, der irgendwann quasi dreimal so lang ist, wie er gehört. Mit zunehmender Annäherung geht die Streckung zurück und die Objekte erlangen wieder ihre natürlichen Proportionen.
Zwar ist der Gegenwind nicht gewaltig, aber er ist immerhin noch geeignet, dass zwischen Bülk und dem Kieler Leuchtturm eine größere Regatta tobt. Als wir nach guten dreieinhalb Stunden Fahrt an Land gehen, sind wir stolz über unsere Geschwindigkeit bei diesen Gegebenheiten: 7,3 km/h über eine Strecke von fast dreißig Kilometern! Man gewöhnt sich eben doch recht schnell wieder an lange Paddelstrecken. Auch fühlen wir uns nicht ausgelaugt oder geschafft, eher noch nicht ganz gesättigt, was den Bewegungsdrang angeht. Also ist klar, dass wir den Rest der Strecke bis zum Klub auch noch auf eigenem Kiel zurücklegen werden - zumal wir in der Förde wieder unsere Segel zur Hilfe nehmen können. Es nötigt uns knappe zwei Stunden ab, das heimische Gewässer zu durchqueren. In der Heikendorfer Bucht ist der Wind soweit eingeschlafen, dass wir die Segel bergen und auf eigenen Antrieb bauen müssen. Es machen sich schon die ersten Vorbereitungen für die Kieler Woche bemerkbar - etliche Großsegler bevölkern bereits die Liegeplätze.
Nachdem wir unsere Boote vors Bootshaus geschafft und abgespült haben, trudeln einzelne Teilnehmer des donnerstäglichen Einsteigertrainings ein. Ich wünsche mir, dass der eine oder die andere aus diesem Kreise auch einmal soweit kommt, das er Spaß an einer solchen Unternehmung hat, wie wir sie gerade hinter uns haben.
Da wir uns die Option offen halten wollen, nicht schon in Bülk unsere Reise für beendet zu erklären, sondern bei Bedarf und entsprechendem Befinden bis zum Klub durchzufahren, sind wir heute etwas früher auf den Beinen. Aber obwohl wir bereits um sieben Uhr aus den Zelten kommen, braucht es bis kurz vor zehn, bis man uns auf dem Wasser schwimmen sieht. Das lag vielleicht mit an meiner strikten Weigerung, beim Frühstück schnell zu machen, aber es hat nicht viel Energie gekostet, Jörg davon zu überzeugen, dass wir weiter auf Urlaub machen und der Tag auch so lang genug ist.
Es herrscht wie vorhergesagt ein leichter Wind aus Ostsüdost. Das kann man zwar nicht wirklich als Gegenwind bezeichnen, aber wir sind froh, dass er so lustlos bläst, dass kaum ein Segler allein auf seine weißen Tücher setzt, um sein Fortkommen sicherzustellen. Natürlich sind sie dadurch allesamt schneller als wir. Der Kurs ist nicht so ganz leicht zu bestimmen. Gewiefte Navigatoren hätten ihn vielleicht vorher mittels Seekarte bestimmt. Aber ganz gewiefte Navigatoren fahren erst einmal los und überlegen dann! Nach einigem Gepeile und Geschätze einigen wir uns auf 150 Grad. Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass ich beim letzten Mal den exakten Kurs im Voraus vermessen hatte und dabei auf 156 Grad gekommen bin! Sagte ich schon, dass wir ganz gewiefte Navigatoren sind?
Zwar ist die Küste des Dänischen Wohlds von Anfang an zu sehen, aber das ist leider nur die Steilküste bei Dänisch-Nienhof, die am weitesten nach Norden ragt. Bülk liegt viel weiter östlich und ist noch längst nicht zu sehen. Ich weiß aber, dass wir die südwestliche Begrenzungstonne des Schießgebietes quasi touchieren müssen, um den korrekten Kurs zu halten. Wir tun genau das und wundern uns über eine Segelyacht, die ungeniert quer durchs Sperrgebiet fährt, obwohl mitten drin ein Marineschiff seine Runden dreht. Als wir knapp am Schießgebiet vorbei sind, nähert sich aus Richtung Damp die "Falshöft" der Wasserschutzpolizei. In einiger Entfernung von und setzen sie ein Schlauchboot auf, das auf uns zufährt. Naja, dann müssen wir ihnen eben freundlich erklären, dass wir sehr wohl wissen, was wir als Paddler hier so weit draußen tun. Aber das Boot prescht an uns vorbei auf eine weitere Segelyacht zu, die sich nicht um die gelben Sperrtonnen gekümmert hat. Eine kurze Lautsprecherdurchsage - und schon sieht man beide Boote eine Weile nebeneinander den Sachverhalt aushandeln.
Nach nicht allzu langer Zeit zeigt sich über dem Horizont ein erstaunlich langer und dünner Pinökel. Wir rätseln eine geraume Weile herum, was das sein kann, stellen verschiedene Theorien auf und finden lange keine Erklärung. Schließlich einigen wir uns darauf, dass das das Marineehrenmal in Laboe sein muss, das aus diesem Winkel betrachtet eben viel schmaler aussieht, als wir es normaler Weise gewohnt sind. Letztlich ist die Erklärung die, dass es sich tatsächlich um das Ehrenmal handelt, das durch die Sichtverhältnisse enorm über den Horizont gehoben und damit gestreckt worden ist. Dasselbe erleben wir auch noch mit dem Kieler Leuchtturm, der irgendwann quasi dreimal so lang ist, wie er gehört. Mit zunehmender Annäherung geht die Streckung zurück und die Objekte erlangen wieder ihre natürlichen Proportionen.
Zwar ist der Gegenwind nicht gewaltig, aber er ist immerhin noch geeignet, dass zwischen Bülk und dem Kieler Leuchtturm eine größere Regatta tobt. Als wir nach guten dreieinhalb Stunden Fahrt an Land gehen, sind wir stolz über unsere Geschwindigkeit bei diesen Gegebenheiten: 7,3 km/h über eine Strecke von fast dreißig Kilometern! Man gewöhnt sich eben doch recht schnell wieder an lange Paddelstrecken. Auch fühlen wir uns nicht ausgelaugt oder geschafft, eher noch nicht ganz gesättigt, was den Bewegungsdrang angeht. Also ist klar, dass wir den Rest der Strecke bis zum Klub auch noch auf eigenem Kiel zurücklegen werden - zumal wir in der Förde wieder unsere Segel zur Hilfe nehmen können. Es nötigt uns knappe zwei Stunden ab, das heimische Gewässer zu durchqueren. In der Heikendorfer Bucht ist der Wind soweit eingeschlafen, dass wir die Segel bergen und auf eigenen Antrieb bauen müssen. Es machen sich schon die ersten Vorbereitungen für die Kieler Woche bemerkbar - etliche Großsegler bevölkern bereits die Liegeplätze.
Nachdem wir unsere Boote vors Bootshaus geschafft und abgespült haben, trudeln einzelne Teilnehmer des donnerstäglichen Einsteigertrainings ein. Ich wünsche mir, dass der eine oder die andere aus diesem Kreise auch einmal soweit kommt, das er Spaß an einer solchen Unternehmung hat, wie wir sie gerade hinter uns haben.
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Bülk,
Dänische Südsee,
Langstrecke,
Schleimünde,
Tour2016-06
Mittwoch, 8. Juni 2016
Südsee unter Segeln (4/5)
Gestern Abend schwoll die Flaute aus Ost so sehr an, dass schließlich das Wasser spiegelglatt da lag. Wie, als wenn ein Schalter umgelegt worden wäre, setzte urplötzlich ein ganz leichter Wind aus der vorhergesagten Richtung ein: um 180 Grad gegen den vorherigen Wind gedreht! Heute Morgen ist der Himmel das erste Mal bedeckt und es weht ein ordentlicher Westwind. Wie gut, dass wir die Überfahrt gestern bereits erledigt haben!
Bis Pölshuk können wir tatsächlich noch unsere Segel einsetzen, weil ja der Wind von der Küstenlinie herumgebeugt wird. Dadurch sind wir ziemlich schnell. Aber danach bläst es uns direkt ins Gesicht, obwohl wir versuchen, so dicht es geht unter Land zu fahren. Die Flensburger Förde ist voller weißer Schaumkronen und wir steuern erst einmal Kegnäs Fyr an, um dort Pause zu machen und unser weiteres Vorgehen abzustimmen. Dort bewundern wir in der Militärstation direkt am Leuchtturm das dickste Fernrohr, das wir je gesehen haben. Damit kann man das "P" in den Augen der Freizeitkapitäne sehen, wenn sie bei giftigem Wetter den Leuchtturm von Kalkgrund umrunden!
Von hier oben sieht man wunderbar, dass die Förde ziemlich mit weißen Schaumkronen übersät ist und dass der Wind ziemlich genau von Westen her bläst. Wenn wir direkt auf Schleimünde zuhalten würden, könnten wir kaum Nutzen aus unseren Segeln ziehen und auch bei manuellem Paddeln wäre bei der genau quer zu unserem Kurs stehenden Windrichtung wegen des Vorhaltewinkels mit einer leichten Gegenkomponente zu rechnen. Also wollen wir die Steilküste von Kegnäs noch ein Weilchen nutzen, bevor wir uns über das freie Wasser wagen. Das mit dem Windschutz durch die Steilküste funktioniert wie immer nur unbefriedigend, so dass wir nach knappen zwei Kilometern nach Süden abbiegen. Wenn schon Wind, dann wenigstens auf offenem Wasser mit Wellen!
Das anfangs noch türkisgrüne Wasser wechselt bald in tiefes Blau. Mit zunehmender Entfernung von Land wird es lebhafter, das Gefühl von Seekajak-Fahren kommt auf. Zwar sind die Wellen nicht berauschend, dazu weht dann doch zu wenig Wind, aber einige überschreiten durchaus die Halbmetermarke. Genau in unserer Zielrichtung ist ein Objekt platziert, dass wir anfangs als Baukran identifizieren, später aber als Sendemast erkennen. Damit entfällt das unbequeme Schielen auf den Kompass, um den Kurs verlässlich zu halten. Allerdings fahren wir dadurch auch eine ganz leichte Hundekurve, weil wir uns einen feuchten Kehricht um den Vorhalt kümmern.
Als wir hinreichend dicht unter Land sind, werden die Segel gehisst. Zum einen knickt hier unser Kurs deutlich nach Osten ab, zum anderen wird natürlich der Wind der Küstenlinie entlang nach Süden gelenkt. Es zeigt sich schnell, dass das Segel einen spürbaren Zug erzeugt. Wir brauchen das Paddel so gut wie gar nicht einzusetzen, lediglich zur Kurskorrektur ist es manchmal vonnöten. Wir nähern uns Schleimünde mit einer Geschwindigkeit, die man zwar auch mit Paddeln alleine erreichen kann, aber nur, wenn man sich echt anstrengen würde. Wir hingegen lassen uns ausgesprochen entspannt ziehen! So ein Segel kann die Reichweite bei einer Tour enorm erhöhen! Um führ Uhr haben wir den Leuchtturm von Schleimünde direkt neben uns - und vor uns die befremdliche Skyline von Port Olpenitz. Wir freuen uns auf eine warme Dusche, ein kaltes Bier und etwas Schönes zu essen!
Die Zeltwiese ist überraschend dicht bevölkert. Eine Gruppe von fast 25 Schülern aus Lübeck ist mit ihren Lehrern hier aufgelaufen. Schön, dass sich noch Lehrkräfte zu solche Aktionen bereitfinden. Sonst ist nur ein einziger Paddler vom SKC in Schleswig hier. Er ist seit ein paar Tagen regelrecht eingeweht und hofft nun, morgen endlich wieder zurückfahren zu können. Wir suchen uns ein lauschiges Plätzchen etwas abseits vom dichten Gedränge im Windschatten der hohen Mauer Richtung Ostsee. Schnell sind die klitzekleinen Zeltchen aufgebaut und schon geht zur Erkundung in die Giftbude, um schon mal das kühle Bierchen und das Menü für heute Abend klar zu machen.
"Mittwoch Ruhetag" steht da in knappen Worten. Perfekte Planung! Leicht angeknirscht gehen wir zur Hafenmeisterin, um unseren Obulus für die Übernachtung abzudrücken. Es entsteht eine norddeutsche Unterhaltung, bei der von seiten der Hafenmeisterin nicht viel mehr als die Worte "Acht Euro" fallen. Reicht auch völlig hin.
Zum Glück haben wir ja im üppigen Laderaum unserer Schiffe mehr Essbares gebunkert, als wir in diesen Tagen bewältigen können! So haben wir also noch mal Glück gehabt, dass wir nicht Hungers an fremdem Gestaden verrecken müssen, sondern uns eine Spagetti-Pfanne mit Salami und Käse basteln können. Und ich hatte schon befürchtet, dass Jörg mir nun pausenlos in den Ohren liegen würde, dass er 150 Kilometer gefahren ist, nur um ein kühles Bier zu stürzen - und nun ist die Bude dicht wegen so etwas Läppischem wie "Ruhetag"! Nein - er hat diesen Umstand nur ein- zweimal erwähnt - ganz beiläufig. Oder war es elf- zwölfmal?
Bis Pölshuk können wir tatsächlich noch unsere Segel einsetzen, weil ja der Wind von der Küstenlinie herumgebeugt wird. Dadurch sind wir ziemlich schnell. Aber danach bläst es uns direkt ins Gesicht, obwohl wir versuchen, so dicht es geht unter Land zu fahren. Die Flensburger Förde ist voller weißer Schaumkronen und wir steuern erst einmal Kegnäs Fyr an, um dort Pause zu machen und unser weiteres Vorgehen abzustimmen. Dort bewundern wir in der Militärstation direkt am Leuchtturm das dickste Fernrohr, das wir je gesehen haben. Damit kann man das "P" in den Augen der Freizeitkapitäne sehen, wenn sie bei giftigem Wetter den Leuchtturm von Kalkgrund umrunden!
Von hier oben sieht man wunderbar, dass die Förde ziemlich mit weißen Schaumkronen übersät ist und dass der Wind ziemlich genau von Westen her bläst. Wenn wir direkt auf Schleimünde zuhalten würden, könnten wir kaum Nutzen aus unseren Segeln ziehen und auch bei manuellem Paddeln wäre bei der genau quer zu unserem Kurs stehenden Windrichtung wegen des Vorhaltewinkels mit einer leichten Gegenkomponente zu rechnen. Also wollen wir die Steilküste von Kegnäs noch ein Weilchen nutzen, bevor wir uns über das freie Wasser wagen. Das mit dem Windschutz durch die Steilküste funktioniert wie immer nur unbefriedigend, so dass wir nach knappen zwei Kilometern nach Süden abbiegen. Wenn schon Wind, dann wenigstens auf offenem Wasser mit Wellen!
Das anfangs noch türkisgrüne Wasser wechselt bald in tiefes Blau. Mit zunehmender Entfernung von Land wird es lebhafter, das Gefühl von Seekajak-Fahren kommt auf. Zwar sind die Wellen nicht berauschend, dazu weht dann doch zu wenig Wind, aber einige überschreiten durchaus die Halbmetermarke. Genau in unserer Zielrichtung ist ein Objekt platziert, dass wir anfangs als Baukran identifizieren, später aber als Sendemast erkennen. Damit entfällt das unbequeme Schielen auf den Kompass, um den Kurs verlässlich zu halten. Allerdings fahren wir dadurch auch eine ganz leichte Hundekurve, weil wir uns einen feuchten Kehricht um den Vorhalt kümmern.
Als wir hinreichend dicht unter Land sind, werden die Segel gehisst. Zum einen knickt hier unser Kurs deutlich nach Osten ab, zum anderen wird natürlich der Wind der Küstenlinie entlang nach Süden gelenkt. Es zeigt sich schnell, dass das Segel einen spürbaren Zug erzeugt. Wir brauchen das Paddel so gut wie gar nicht einzusetzen, lediglich zur Kurskorrektur ist es manchmal vonnöten. Wir nähern uns Schleimünde mit einer Geschwindigkeit, die man zwar auch mit Paddeln alleine erreichen kann, aber nur, wenn man sich echt anstrengen würde. Wir hingegen lassen uns ausgesprochen entspannt ziehen! So ein Segel kann die Reichweite bei einer Tour enorm erhöhen! Um führ Uhr haben wir den Leuchtturm von Schleimünde direkt neben uns - und vor uns die befremdliche Skyline von Port Olpenitz. Wir freuen uns auf eine warme Dusche, ein kaltes Bier und etwas Schönes zu essen!
Die Zeltwiese ist überraschend dicht bevölkert. Eine Gruppe von fast 25 Schülern aus Lübeck ist mit ihren Lehrern hier aufgelaufen. Schön, dass sich noch Lehrkräfte zu solche Aktionen bereitfinden. Sonst ist nur ein einziger Paddler vom SKC in Schleswig hier. Er ist seit ein paar Tagen regelrecht eingeweht und hofft nun, morgen endlich wieder zurückfahren zu können. Wir suchen uns ein lauschiges Plätzchen etwas abseits vom dichten Gedränge im Windschatten der hohen Mauer Richtung Ostsee. Schnell sind die klitzekleinen Zeltchen aufgebaut und schon geht zur Erkundung in die Giftbude, um schon mal das kühle Bierchen und das Menü für heute Abend klar zu machen.
"Mittwoch Ruhetag" steht da in knappen Worten. Perfekte Planung! Leicht angeknirscht gehen wir zur Hafenmeisterin, um unseren Obulus für die Übernachtung abzudrücken. Es entsteht eine norddeutsche Unterhaltung, bei der von seiten der Hafenmeisterin nicht viel mehr als die Worte "Acht Euro" fallen. Reicht auch völlig hin.
Zum Glück haben wir ja im üppigen Laderaum unserer Schiffe mehr Essbares gebunkert, als wir in diesen Tagen bewältigen können! So haben wir also noch mal Glück gehabt, dass wir nicht Hungers an fremdem Gestaden verrecken müssen, sondern uns eine Spagetti-Pfanne mit Salami und Käse basteln können. Und ich hatte schon befürchtet, dass Jörg mir nun pausenlos in den Ohren liegen würde, dass er 150 Kilometer gefahren ist, nur um ein kühles Bier zu stürzen - und nun ist die Bude dicht wegen so etwas Läppischem wie "Ruhetag"! Nein - er hat diesen Umstand nur ein- zweimal erwähnt - ganz beiläufig. Oder war es elf- zwölfmal?
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Dienstag, 7. Juni 2016
Südsee unter Segeln (3/5)
Der Duschraum der Gemeinde auf Skarö ist nicht mehr in Betrieb. Wenn man duschen will, soll man im Meer baden gehen, oder die Duschgelegenheiten im Segelhafen nutzen, steht auf einem Schild im Toilettenwagen des Zeltplatzes. Wir verschieben das Duschen auf Schleimünde.
Zum zweiten Mal auf unserer Tour haben wir die Möglichkeit, unsere verderblichen Waren zu kühlen. Ziemlicher Luxus bei so einer Unternehmung. Wir genießen es. Wir genießen auch den Umstand, Zeit zu haben. Wir haben heute schon mal lange geschlafen und dehnen unser Frühstück gemütlich in die Länge. Es ist fast halb eins, als wir den Strand von Skarö verlassen. Aber wir wollen heute nur bis zur Spritze von Ärö, das ist nicht allzu weit.
Als erstes müssen wir die extrem schmale und flache Hale umfahren. Da macht man leicht den Fehler, viel zu früh nach Westen abzudrehen, weil man meint, schon an ihr vorbei zu kommen. Aber dann muss man doch wieder nach Norden abdrehen, weil man das Ende wegen seiner Flachheit nicht gesehen hat. Bevor wir nach Ärö fahren, möchte ich noch einen weiteren Shelter-Platz auf der Südseite von Drejö inspizieren. Wir können fast die gesamte Zeit die Segel nutzen, der Wind kommt immer noch aus Südost. Und wir können weiter darüber rätseln, ob das Ärö, Alsen oder Avernakö ist - und wo denn nun verdammt noch mal Lyö liegt!
Auch der Shelter-Platz auf Drejö wäre ideal für Winter-Unternehmungen, und auch er ist leider viel zu weit entfernt, um ihn an einem Wochenende zu erreichen. Während unserer Pause beobachten wir eine seltsame Wolkenformation am Himmel. Eine mit bauchiger Auswölbung nach unten, eine die normalerweise ergiebigen Regen garantiert. Es ist aber kein Regen vorhergesagt! Es handelt sich auch nur um ein recht schmales Band, das uns schon überquert hat, als wir wieder aufs Wasser gehen.
Nach einer guten Viertelstunde Fahrt grummelt es vernehmlich vom Himmel und es setzt Regen ein. Wir sind etwas verwirrt, da doch die Front bereits an uns vorüber gezogen ist. Sicherheitshalber machen wir aber einen Gewitterschwenk um 90 Grad auf das einen knappen Kilometer entfernte Nordende von Drejö zu. Zwar wird der Regen kurzzeitig richtig heftig und es grummelt ein zweites Mal, aber nach ein paar Minuten lichtet sich der Himmel deutlich und wir nehmen wieder unseren alten Kurs auf.
Der Wind lässt zwar spürbar nach, aber bis zur Nordspitze von Ärö können wir die Segel nutzen. Hier hat sich endlich auch die Frage nach dem Verbleib von Lyö geklärt: es ist die meiste Zeit, die man sich in der Dänischen Südsee aufhält, von Avernakö verdeckt! Zwar war unser Plan, heute Nacht auf Ärö zu verbringen und dann morgen den großen Sprung nach Schleimünde zu machen. Aber die aktuelle Situation sagt, dass momentan ein schwacher Ostwind herrscht, während morgen ein frischer Westwind wehen soll. In solchen Fällen neigen gewiefte Navigatoren dazu, ihre Pläne umzuwerfen und neue zu schmieden. Erwähnte ich schon, dass wir gewiefte Navigatoren sind?
Alsen ist zwar zweifelsfrei am anderen Ende des Kleinen Belts zu erkennnen, aber man kann keine Einzelheiten ausmachen. Wir wollen versuchen, den Übernachtungsplatz zu finden, den ich vor Jahren mal genutzt hatte, nachdem ich mich gegen einen Westwind über den Belt gekämpft hatte, der im Seewetterbericht so beschrieben war: "Fünf bis sechs - in Schauerböen sieben". Das einzige, was ich von dem Platz noch weiß, ist, dass er südlich von Mommark lag.
Also fahren wir in Richtung Mommark über den Belt und biegen dann nach Süden ab. Dort, wo keine Steilküste mehr ist, kommen zwei Stellen in Betracht. Da bei der einen Stelle ein Haus in unmittelbarer Nähe liegt, kommt eigentlich nur noch eine Stelle in Betracht - und tatsächlich: das ist der Ort, an dem ich vor Jahren übernachtet habe. Der "offizielle" Übernachtungsplatz verfügt zwar über einen Shelter, aber er liegt sehr zwischen Bäumen ohne Blick aufs Wasser. Also schlagen wir unsere kleinen Zeltchen direkt am Wegesrand auf, von wo aus wir einen wunderschönen Blick über den Belt haben.
Zum zweiten Mal auf unserer Tour haben wir die Möglichkeit, unsere verderblichen Waren zu kühlen. Ziemlicher Luxus bei so einer Unternehmung. Wir genießen es. Wir genießen auch den Umstand, Zeit zu haben. Wir haben heute schon mal lange geschlafen und dehnen unser Frühstück gemütlich in die Länge. Es ist fast halb eins, als wir den Strand von Skarö verlassen. Aber wir wollen heute nur bis zur Spritze von Ärö, das ist nicht allzu weit.
Als erstes müssen wir die extrem schmale und flache Hale umfahren. Da macht man leicht den Fehler, viel zu früh nach Westen abzudrehen, weil man meint, schon an ihr vorbei zu kommen. Aber dann muss man doch wieder nach Norden abdrehen, weil man das Ende wegen seiner Flachheit nicht gesehen hat. Bevor wir nach Ärö fahren, möchte ich noch einen weiteren Shelter-Platz auf der Südseite von Drejö inspizieren. Wir können fast die gesamte Zeit die Segel nutzen, der Wind kommt immer noch aus Südost. Und wir können weiter darüber rätseln, ob das Ärö, Alsen oder Avernakö ist - und wo denn nun verdammt noch mal Lyö liegt!
Auch der Shelter-Platz auf Drejö wäre ideal für Winter-Unternehmungen, und auch er ist leider viel zu weit entfernt, um ihn an einem Wochenende zu erreichen. Während unserer Pause beobachten wir eine seltsame Wolkenformation am Himmel. Eine mit bauchiger Auswölbung nach unten, eine die normalerweise ergiebigen Regen garantiert. Es ist aber kein Regen vorhergesagt! Es handelt sich auch nur um ein recht schmales Band, das uns schon überquert hat, als wir wieder aufs Wasser gehen.
Nach einer guten Viertelstunde Fahrt grummelt es vernehmlich vom Himmel und es setzt Regen ein. Wir sind etwas verwirrt, da doch die Front bereits an uns vorüber gezogen ist. Sicherheitshalber machen wir aber einen Gewitterschwenk um 90 Grad auf das einen knappen Kilometer entfernte Nordende von Drejö zu. Zwar wird der Regen kurzzeitig richtig heftig und es grummelt ein zweites Mal, aber nach ein paar Minuten lichtet sich der Himmel deutlich und wir nehmen wieder unseren alten Kurs auf.
Der Wind lässt zwar spürbar nach, aber bis zur Nordspitze von Ärö können wir die Segel nutzen. Hier hat sich endlich auch die Frage nach dem Verbleib von Lyö geklärt: es ist die meiste Zeit, die man sich in der Dänischen Südsee aufhält, von Avernakö verdeckt! Zwar war unser Plan, heute Nacht auf Ärö zu verbringen und dann morgen den großen Sprung nach Schleimünde zu machen. Aber die aktuelle Situation sagt, dass momentan ein schwacher Ostwind herrscht, während morgen ein frischer Westwind wehen soll. In solchen Fällen neigen gewiefte Navigatoren dazu, ihre Pläne umzuwerfen und neue zu schmieden. Erwähnte ich schon, dass wir gewiefte Navigatoren sind?
Alsen ist zwar zweifelsfrei am anderen Ende des Kleinen Belts zu erkennnen, aber man kann keine Einzelheiten ausmachen. Wir wollen versuchen, den Übernachtungsplatz zu finden, den ich vor Jahren mal genutzt hatte, nachdem ich mich gegen einen Westwind über den Belt gekämpft hatte, der im Seewetterbericht so beschrieben war: "Fünf bis sechs - in Schauerböen sieben". Das einzige, was ich von dem Platz noch weiß, ist, dass er südlich von Mommark lag.
Also fahren wir in Richtung Mommark über den Belt und biegen dann nach Süden ab. Dort, wo keine Steilküste mehr ist, kommen zwei Stellen in Betracht. Da bei der einen Stelle ein Haus in unmittelbarer Nähe liegt, kommt eigentlich nur noch eine Stelle in Betracht - und tatsächlich: das ist der Ort, an dem ich vor Jahren übernachtet habe. Der "offizielle" Übernachtungsplatz verfügt zwar über einen Shelter, aber er liegt sehr zwischen Bäumen ohne Blick aufs Wasser. Also schlagen wir unsere kleinen Zeltchen direkt am Wegesrand auf, von wo aus wir einen wunderschönen Blick über den Belt haben.
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Montag, 6. Juni 2016
Südsee unter Segeln (2/5)
Wir haben uns entschlossen, nur unsere kleinen Zelte mitzunehmen. Zusammen mit den Tarps bieten sie bei den vorhergesagten Wetterbedingungen hinreichend Komfort und Schutz. Ich liebe diese kleinen Zelte, bei denen alles so schön einfach geht und man so viel Platz im Boot hat, den sie gar nicht brauchen! Auf einen Bootswagen haben wir auch verzichtet und an Signalmitteln haben wir nur jeder ein Nico-Gerät mitgenommen. Zusammen mit dem Beschluss, nur einen Kocher einzupacken, macht das ziemlich viel Raum für Essbares! Leider fehlen in diesem Raum Zwiebeln und Knoblauch, was beides noch auf Jörgs Küchentisch liegt. So fehlte unserem Abendessen gestern der sonst übliche Pepp.
Wie es aussieht, hat am Vortag unserer Ankunft eine größere Festivität auf diesem Platz stattgefunden. Man erkennt es unschwer am halben Kubikmeter Dosenmüll, der in großen Tüten neben der Abfalltonne der Abfuhr harrt. Und an einem riesigen Berg Eiskrümel, der im Knick der allmählichen Schmelze übergeben wurde. Wir haben dieses Glück genutzt und all unsere verderbliche Ware, wie Milch, Joghurt und Butter, über Nacht auf ihm drapiert. So haben wir zum Frühstück den Luxus von kühler Milch und harter Butter! Und noch eine Hinterlassenschaft der Partygäste kommt uns sehr zu Pass: da liegt ein 1A Fahrrad mitten auf der Wiese, das wir nutzen, um die doch recht erhebliche Strecke zwischen unseren Zelten und den am anderen Ende der Wiese liegenden Booten zurückzulegen. Leider wird das Fahrrad früh am Morgen vom inzwischen ausgenüchterten Eigner wieder abgeholt.
Die beiden Shelter auf diesem Platz sind wirklich solide und durchdacht konstruiert. Einer ist als Esszimmer gestaltet, der andere als Schlafzimmer. Sie wären ideal für eine Winterunternehmung, wenn sie nur nicht so weit von allem entfernt wären, was man Kajak-technisch an einem Wochenende erreichen kann.
Der Wind ist gestern Abend noch wie vorhergesagt deutlich aufgefrischt und auf Nord gedreht. Was für ein Segen, dass er uns auf der Überfahrt verschont hat! Heute ist er auf Ost gedreht und weht etwa mit Stärke fünf. Da wir um die Ostspitze von Ärö herum nach Norden wollen, bedeutet das erst einmal zehn Kilometer gegen an. Durch meine intensive Mineraldeponie-Auffrischkur sind alle Krampfanfälle verscheucht und wir rauschen frohgemut durch das lebhafte Wasser.
Am Ende der Hale von Marstall angekommen, knickt unser Kurs nach Norden ab. Das ist das Signal, endlich das bislang nutzlos mitgeführte Segel zu setzen! Voll gespannter Erwartung mache ich es los und will es hissen, als ich plötzlich die dafür zuständige Schot lose in der Hand halte! Der Knoten, mit dem sie am Gummiband befestigt war, das letztlich den Mast hochzieht, hat sich unerlaubt gelöst! Jörg versucht, mit einem neuen Knoten das Malheur zu beheben, während wir beide ungehemmt über die Frechheit fluchen, ein Segelsystem mit einem nicht funktionierenden Knoten auszuliefern! Und das zu dem Preis! Nachdem wir das hier extrem schmale Fahrwasser passiert haben, will auch Jörg sein Segel setzen. Obwohl ich mir extra noch den Knoten an seinem Mast angesehen und für solide befunden hatte, als er meinen wieder herzustellen versuchte, hält auch Jörg nun plötzlich seine Schot lose in der Hand. Überdies ist bei ihm das Gummi verschütt gegangen, so dass wir zwangsweise an Land gehen müssen, um das zu reparieren. Auf dem kurzen Weg bis zur nächsten Mikroinsel hallen derbe Flüche über mangelnde Qualität des Flat-Earth-Sailing-Riggs über die Dänische Südsee!
Mit einem Stück Gummi aus der Paddelleine geht es weiter in schnurgerader Linie und geschwinder Fahrt durch eine unglaubliche Landschaft mit gelb, türkis, grün und blau leuchtendem Wasser an weißen Stränden vorbei unter strahlendem Sonnenschein nach Birkholm. Dort machen wir Pause.
Eine Gruppe deutscher Segelurlauber erkundigt sich danach, wo wir herkommen und haben erst etwas Schwierigkeiten zu glauben, dass wir die Überfahrt direkt von Kiel gemacht haben. Auch den weiteren Plänen zollen sie ehrfürchtigen Respekt - das hätten sie solchen Booten nie zugetraut.
Der Wind verbleibt für den Rest des Tages in seiner leicht südöstlichen Richtung und wir können die Segel bis zu unserem Ziel Skarö nutzen. Dort ist mein Lieblingszeltplatz der Dänischen Südsee - mit großzügigem Gemeinschaftsraum mit Gasherd und Kühlschrank. Auf der Fahrt dahin rätseln wir ständig darüber, welche Insel da gerade zu sehen ist, wo Lyö liegt und warum man diese verdammten Fahrwassertonnen nicht sieht, die hier eigentlich sein müssten. Wenn man sich etwas länger mit der Seekarte auseinandersetzt, findet alles seinen Platz, und auch die Fahrwassertonnen sind da - nur auf der anderen Seite unseres Kurses, weil wir eben doch viel weiter westlich fahren als gedacht! Zur zusätzlichen Verwirrung sind extrem flache Inselchen in die Dänische Südsee eingestreut, die man eigentlich erst sieht, wenn man auf sie aufläuft. Auf der Seekarte sehen sie allerdings nicht anders aus als die anderen, ihre gut sichtbaren Geschwister.
Skarö bietet auch den Luxus, dass man sein vollbeladenes Kajak mit einem Bootstrailer bequem bis auf den Zeltplatz ziehen kann. Das elende Hin- und Herlaufen mit vollen Ikea-Taschen zwischen Zelt und Boot entfällt hier komplett! Wir finden einen schnuckeligen Platz für unsere Zelte, der sie vor dem immer noch frisch wehendem Ostwind abschirmt und auch für die morgen früh zu erwartende Windrichtung Schutz bietet. Unser Erkundungsgang über die Insel führt am mittlerweile "Til Salg" gehörendem Supermarkt vorbei zum verbliebenen Krog, der neben ein paar Lebensmitteln auch das weltberühmte Skarö-Eis verkauft. Er soll bis 22 Uhr geöffnet haben, was uns veranlasst, nach Verrichtung unserer Verpflichtungen wie Zeltaufbau und Abendessen noch einmal hierher zurückzukehren. Im Hof sitzen zwei Dänen vor einem gigantischen Grill, der auch vor einem ausgewachsenen Ochsen nicht kapitulieren müsste. Sie haben noch etwa 50 Hot-Dog-Würstchen und -Brötchen übrig, an denen wir uns bedienen dürften. Leider haben wir uns eben erst furchtbar voll gefressen, nehmen aber aus Höflichkeit jeder einen halben Pölser ab.
Es entspannt sich ein sehr nettes Gespräch mit den beiden über unsere Tour, ihre Insel mit den 27 Bewohnern und den Rest des Weltgeschehens.
Wie es aussieht, hat am Vortag unserer Ankunft eine größere Festivität auf diesem Platz stattgefunden. Man erkennt es unschwer am halben Kubikmeter Dosenmüll, der in großen Tüten neben der Abfalltonne der Abfuhr harrt. Und an einem riesigen Berg Eiskrümel, der im Knick der allmählichen Schmelze übergeben wurde. Wir haben dieses Glück genutzt und all unsere verderbliche Ware, wie Milch, Joghurt und Butter, über Nacht auf ihm drapiert. So haben wir zum Frühstück den Luxus von kühler Milch und harter Butter! Und noch eine Hinterlassenschaft der Partygäste kommt uns sehr zu Pass: da liegt ein 1A Fahrrad mitten auf der Wiese, das wir nutzen, um die doch recht erhebliche Strecke zwischen unseren Zelten und den am anderen Ende der Wiese liegenden Booten zurückzulegen. Leider wird das Fahrrad früh am Morgen vom inzwischen ausgenüchterten Eigner wieder abgeholt.
Die beiden Shelter auf diesem Platz sind wirklich solide und durchdacht konstruiert. Einer ist als Esszimmer gestaltet, der andere als Schlafzimmer. Sie wären ideal für eine Winterunternehmung, wenn sie nur nicht so weit von allem entfernt wären, was man Kajak-technisch an einem Wochenende erreichen kann.
Der Wind ist gestern Abend noch wie vorhergesagt deutlich aufgefrischt und auf Nord gedreht. Was für ein Segen, dass er uns auf der Überfahrt verschont hat! Heute ist er auf Ost gedreht und weht etwa mit Stärke fünf. Da wir um die Ostspitze von Ärö herum nach Norden wollen, bedeutet das erst einmal zehn Kilometer gegen an. Durch meine intensive Mineraldeponie-Auffrischkur sind alle Krampfanfälle verscheucht und wir rauschen frohgemut durch das lebhafte Wasser.
Am Ende der Hale von Marstall angekommen, knickt unser Kurs nach Norden ab. Das ist das Signal, endlich das bislang nutzlos mitgeführte Segel zu setzen! Voll gespannter Erwartung mache ich es los und will es hissen, als ich plötzlich die dafür zuständige Schot lose in der Hand halte! Der Knoten, mit dem sie am Gummiband befestigt war, das letztlich den Mast hochzieht, hat sich unerlaubt gelöst! Jörg versucht, mit einem neuen Knoten das Malheur zu beheben, während wir beide ungehemmt über die Frechheit fluchen, ein Segelsystem mit einem nicht funktionierenden Knoten auszuliefern! Und das zu dem Preis! Nachdem wir das hier extrem schmale Fahrwasser passiert haben, will auch Jörg sein Segel setzen. Obwohl ich mir extra noch den Knoten an seinem Mast angesehen und für solide befunden hatte, als er meinen wieder herzustellen versuchte, hält auch Jörg nun plötzlich seine Schot lose in der Hand. Überdies ist bei ihm das Gummi verschütt gegangen, so dass wir zwangsweise an Land gehen müssen, um das zu reparieren. Auf dem kurzen Weg bis zur nächsten Mikroinsel hallen derbe Flüche über mangelnde Qualität des Flat-Earth-Sailing-Riggs über die Dänische Südsee!
Mit einem Stück Gummi aus der Paddelleine geht es weiter in schnurgerader Linie und geschwinder Fahrt durch eine unglaubliche Landschaft mit gelb, türkis, grün und blau leuchtendem Wasser an weißen Stränden vorbei unter strahlendem Sonnenschein nach Birkholm. Dort machen wir Pause.
Eine Gruppe deutscher Segelurlauber erkundigt sich danach, wo wir herkommen und haben erst etwas Schwierigkeiten zu glauben, dass wir die Überfahrt direkt von Kiel gemacht haben. Auch den weiteren Plänen zollen sie ehrfürchtigen Respekt - das hätten sie solchen Booten nie zugetraut.
Der Wind verbleibt für den Rest des Tages in seiner leicht südöstlichen Richtung und wir können die Segel bis zu unserem Ziel Skarö nutzen. Dort ist mein Lieblingszeltplatz der Dänischen Südsee - mit großzügigem Gemeinschaftsraum mit Gasherd und Kühlschrank. Auf der Fahrt dahin rätseln wir ständig darüber, welche Insel da gerade zu sehen ist, wo Lyö liegt und warum man diese verdammten Fahrwassertonnen nicht sieht, die hier eigentlich sein müssten. Wenn man sich etwas länger mit der Seekarte auseinandersetzt, findet alles seinen Platz, und auch die Fahrwassertonnen sind da - nur auf der anderen Seite unseres Kurses, weil wir eben doch viel weiter westlich fahren als gedacht! Zur zusätzlichen Verwirrung sind extrem flache Inselchen in die Dänische Südsee eingestreut, die man eigentlich erst sieht, wenn man auf sie aufläuft. Auf der Seekarte sehen sie allerdings nicht anders aus als die anderen, ihre gut sichtbaren Geschwister.
Skarö bietet auch den Luxus, dass man sein vollbeladenes Kajak mit einem Bootstrailer bequem bis auf den Zeltplatz ziehen kann. Das elende Hin- und Herlaufen mit vollen Ikea-Taschen zwischen Zelt und Boot entfällt hier komplett! Wir finden einen schnuckeligen Platz für unsere Zelte, der sie vor dem immer noch frisch wehendem Ostwind abschirmt und auch für die morgen früh zu erwartende Windrichtung Schutz bietet. Unser Erkundungsgang über die Insel führt am mittlerweile "Til Salg" gehörendem Supermarkt vorbei zum verbliebenen Krog, der neben ein paar Lebensmitteln auch das weltberühmte Skarö-Eis verkauft. Er soll bis 22 Uhr geöffnet haben, was uns veranlasst, nach Verrichtung unserer Verpflichtungen wie Zeltaufbau und Abendessen noch einmal hierher zurückzukehren. Im Hof sitzen zwei Dänen vor einem gigantischen Grill, der auch vor einem ausgewachsenen Ochsen nicht kapitulieren müsste. Sie haben noch etwa 50 Hot-Dog-Würstchen und -Brötchen übrig, an denen wir uns bedienen dürften. Leider haben wir uns eben erst furchtbar voll gefressen, nehmen aber aus Höflichkeit jeder einen halben Pölser ab.
Es entspannt sich ein sehr nettes Gespräch mit den beiden über unsere Tour, ihre Insel mit den 27 Bewohnern und den Rest des Weltgeschehens.
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