Donnerstag, 9. Juni 2016

Südsee unter Segeln (5/5)

Gestern Abend zeigten sich noch einige Segler durchaus näher interessiert an unseren Booten und unserer Unternehmung. Ein Folkebootfahrer aus Kiel war regelrecht fasziniert, was man mit so kleinen Booten unternehmen kann und wie seemännisch sie ausgerüstet sind. Auch für den eingewehten Paddler aus Schleswig lagen unsere Teilstrecken eher außerhalb seiner Vorstellungskraft. Allerdings fuhr er auch ein für seine Verhältnisse viel zu großes Boot. Damit würde auch ich weggeweht werden. Ob wir denn bei unserem Weg zurück nach Kiel die Eckernförder Bucht queren würden? Nun, nicht wirklich, war meine Entgegnung, denn beim direkten Weg nach Bülk sieht man die Eckernförder Bucht eigentlich nur aus der Ferne.

Da wir uns die Option offen halten wollen, nicht schon in Bülk unsere Reise für beendet zu erklären, sondern bei Bedarf und entsprechendem Befinden bis zum Klub durchzufahren, sind wir heute etwas früher auf den Beinen. Aber obwohl wir bereits um sieben Uhr aus den Zelten kommen, braucht es bis kurz vor zehn, bis man uns auf dem Wasser schwimmen sieht. Das lag vielleicht mit an meiner strikten Weigerung, beim Frühstück schnell zu machen, aber es hat nicht viel Energie gekostet, Jörg davon zu überzeugen, dass wir weiter auf Urlaub machen und der Tag auch so lang genug ist.

Es herrscht wie vorhergesagt ein leichter Wind aus Ostsüdost. Das kann man zwar nicht wirklich als Gegenwind bezeichnen, aber wir sind froh, dass er so lustlos bläst, dass kaum ein Segler allein auf seine weißen Tücher setzt, um sein Fortkommen sicherzustellen. Natürlich sind sie dadurch allesamt schneller als wir. Der Kurs ist nicht so ganz leicht zu bestimmen. Gewiefte Navigatoren hätten ihn vielleicht vorher mittels Seekarte bestimmt. Aber ganz gewiefte Navigatoren fahren erst einmal los und überlegen dann! Nach einigem Gepeile und Geschätze einigen wir uns auf 150 Grad. Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass ich beim letzten Mal den exakten Kurs im Voraus vermessen hatte und dabei auf 156 Grad gekommen bin! Sagte ich schon, dass wir ganz gewiefte Navigatoren sind?

Zwar ist die Küste des Dänischen Wohlds von Anfang an zu sehen, aber das ist leider nur die Steilküste bei Dänisch-Nienhof, die am weitesten nach Norden ragt. Bülk liegt viel weiter östlich und ist noch längst nicht zu sehen. Ich weiß aber, dass wir die südwestliche Begrenzungstonne des Schießgebietes quasi touchieren müssen, um den korrekten Kurs zu halten. Wir tun genau das und wundern uns über eine Segelyacht, die ungeniert quer durchs Sperrgebiet fährt, obwohl mitten drin ein Marineschiff seine Runden dreht. Als wir knapp am Schießgebiet vorbei sind, nähert sich aus Richtung Damp die "Falshöft" der Wasserschutzpolizei. In einiger Entfernung von und setzen sie ein Schlauchboot auf, das auf uns zufährt. Naja, dann müssen wir ihnen eben freundlich erklären, dass wir sehr wohl wissen, was wir als Paddler hier so weit draußen tun. Aber das Boot prescht an uns vorbei auf eine weitere Segelyacht zu, die sich nicht um die gelben Sperrtonnen gekümmert hat. Eine kurze Lautsprecherdurchsage - und schon sieht man beide Boote eine Weile nebeneinander den Sachverhalt aushandeln.

Nach nicht allzu langer Zeit zeigt sich über dem Horizont ein erstaunlich langer und dünner Pinökel. Wir rätseln eine geraume Weile herum, was das sein kann, stellen verschiedene Theorien auf und finden lange keine Erklärung. Schließlich einigen wir uns darauf, dass das das Marineehrenmal in Laboe sein muss, das aus diesem Winkel betrachtet eben viel schmaler aussieht, als wir es normaler Weise gewohnt sind. Letztlich ist die Erklärung die, dass es sich tatsächlich um das Ehrenmal handelt, das durch die Sichtverhältnisse enorm über den Horizont gehoben und damit gestreckt worden ist. Dasselbe erleben wir auch noch mit dem Kieler Leuchtturm, der irgendwann quasi dreimal so lang ist, wie er gehört. Mit zunehmender Annäherung geht die Streckung zurück und die Objekte erlangen wieder ihre natürlichen Proportionen.

Zwar ist der Gegenwind nicht gewaltig, aber er ist immerhin noch geeignet, dass zwischen Bülk und dem Kieler Leuchtturm eine größere Regatta tobt. Als wir nach guten dreieinhalb Stunden Fahrt an Land gehen, sind wir stolz über unsere Geschwindigkeit bei diesen Gegebenheiten: 7,3 km/h über eine Strecke von fast dreißig Kilometern! Man gewöhnt sich eben doch recht schnell wieder an lange Paddelstrecken. Auch fühlen wir uns nicht ausgelaugt oder geschafft, eher noch nicht ganz gesättigt, was den Bewegungsdrang angeht. Also ist klar, dass wir den Rest der Strecke bis zum Klub auch noch auf eigenem Kiel zurücklegen werden - zumal wir in der Förde wieder unsere Segel zur Hilfe nehmen können. Es nötigt uns knappe zwei Stunden ab, das heimische Gewässer zu durchqueren. In der Heikendorfer Bucht ist der Wind soweit eingeschlafen, dass wir die Segel bergen und auf eigenen Antrieb bauen müssen. Es machen sich schon die ersten Vorbereitungen für die Kieler Woche bemerkbar - etliche Großsegler bevölkern bereits die Liegeplätze.

Nachdem wir unsere Boote vors Bootshaus geschafft und abgespült haben, trudeln einzelne Teilnehmer des donnerstäglichen Einsteigertrainings ein. Ich wünsche mir, dass der eine oder die andere aus diesem Kreise auch einmal soweit kommt, das er Spaß an einer solchen Unternehmung hat, wie wir sie gerade hinter uns haben.

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