Wie es aussieht, hat am Vortag unserer Ankunft eine größere Festivität auf diesem Platz stattgefunden. Man erkennt es unschwer am halben Kubikmeter Dosenmüll, der in großen Tüten neben der Abfalltonne der Abfuhr harrt. Und an einem riesigen Berg Eiskrümel, der im Knick der allmählichen Schmelze übergeben wurde. Wir haben dieses Glück genutzt und all unsere verderbliche Ware, wie Milch, Joghurt und Butter, über Nacht auf ihm drapiert. So haben wir zum Frühstück den Luxus von kühler Milch und harter Butter! Und noch eine Hinterlassenschaft der Partygäste kommt uns sehr zu Pass: da liegt ein 1A Fahrrad mitten auf der Wiese, das wir nutzen, um die doch recht erhebliche Strecke zwischen unseren Zelten und den am anderen Ende der Wiese liegenden Booten zurückzulegen. Leider wird das Fahrrad früh am Morgen vom inzwischen ausgenüchterten Eigner wieder abgeholt.
Die beiden Shelter auf diesem Platz sind wirklich solide und durchdacht konstruiert. Einer ist als Esszimmer gestaltet, der andere als Schlafzimmer. Sie wären ideal für eine Winterunternehmung, wenn sie nur nicht so weit von allem entfernt wären, was man Kajak-technisch an einem Wochenende erreichen kann.
Der Wind ist gestern Abend noch wie vorhergesagt deutlich aufgefrischt und auf Nord gedreht. Was für ein Segen, dass er uns auf der Überfahrt verschont hat! Heute ist er auf Ost gedreht und weht etwa mit Stärke fünf. Da wir um die Ostspitze von Ärö herum nach Norden wollen, bedeutet das erst einmal zehn Kilometer gegen an. Durch meine intensive Mineraldeponie-Auffrischkur sind alle Krampfanfälle verscheucht und wir rauschen frohgemut durch das lebhafte Wasser.
Mit einem Stück Gummi aus der Paddelleine geht es weiter in schnurgerader Linie und geschwinder Fahrt durch eine unglaubliche Landschaft mit gelb, türkis, grün und blau leuchtendem Wasser an weißen Stränden vorbei unter strahlendem Sonnenschein nach Birkholm. Dort machen wir Pause.
Eine Gruppe deutscher Segelurlauber erkundigt sich danach, wo wir herkommen und haben erst etwas Schwierigkeiten zu glauben, dass wir die Überfahrt direkt von Kiel gemacht haben. Auch den weiteren Plänen zollen sie ehrfürchtigen Respekt - das hätten sie solchen Booten nie zugetraut.
Der Wind verbleibt für den Rest des Tages in seiner leicht südöstlichen Richtung und wir können die Segel bis zu unserem Ziel Skarö nutzen. Dort ist mein Lieblingszeltplatz der Dänischen Südsee - mit großzügigem Gemeinschaftsraum mit Gasherd und Kühlschrank. Auf der Fahrt dahin rätseln wir ständig darüber, welche Insel da gerade zu sehen ist, wo Lyö liegt und warum man diese verdammten Fahrwassertonnen nicht sieht, die hier eigentlich sein müssten. Wenn man sich etwas länger mit der Seekarte auseinandersetzt, findet alles seinen Platz, und auch die Fahrwassertonnen sind da - nur auf der anderen Seite unseres Kurses, weil wir eben doch viel weiter westlich fahren als gedacht! Zur zusätzlichen Verwirrung sind extrem flache Inselchen in die Dänische Südsee eingestreut, die man eigentlich erst sieht, wenn man auf sie aufläuft. Auf der Seekarte sehen sie allerdings nicht anders aus als die anderen, ihre gut sichtbaren Geschwister.
Skarö bietet auch den Luxus, dass man sein vollbeladenes Kajak mit einem Bootstrailer bequem bis auf den Zeltplatz ziehen kann. Das elende Hin- und Herlaufen mit vollen Ikea-Taschen zwischen Zelt und Boot entfällt hier komplett! Wir finden einen schnuckeligen Platz für unsere Zelte, der sie vor dem immer noch frisch wehendem Ostwind abschirmt und auch für die morgen früh zu erwartende Windrichtung Schutz bietet. Unser Erkundungsgang über die Insel führt am mittlerweile "Til Salg" gehörendem Supermarkt vorbei zum verbliebenen Krog, der neben ein paar Lebensmitteln auch das weltberühmte Skarö-Eis verkauft. Er soll bis 22 Uhr geöffnet haben, was uns veranlasst, nach Verrichtung unserer Verpflichtungen wie Zeltaufbau und Abendessen noch einmal hierher zurückzukehren. Im Hof sitzen zwei Dänen vor einem gigantischen Grill, der auch vor einem ausgewachsenen Ochsen nicht kapitulieren müsste. Sie haben noch etwa 50 Hot-Dog-Würstchen und -Brötchen übrig, an denen wir uns bedienen dürften. Leider haben wir uns eben erst furchtbar voll gefressen, nehmen aber aus Höflichkeit jeder einen halben Pölser ab.
Es entspannt sich ein sehr nettes Gespräch mit den beiden über unsere Tour, ihre Insel mit den 27 Bewohnern und den Rest des Weltgeschehens.
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