Nachdem wir die gesamte letzte Woche die Wettervorhersage gespannt verfolgt haben, mussten wir einsehen, dass eine stabile Wetterlage mit wenig Wind anders aussieht. Das Projekt "Helgoland" muss sich damit in die Warteschlange einreihen. Wir werden unsere Zeit an diesem verlängerten Wochenende auch so genussvoll zu nutzen wissen.
Es ist Himmelfahrtstag und gutes Wetter. Zudem liegt der Termin für dieses lange Wochenende extrem spät im Jahr, so dass das Wasser bereits vergleichsweise warm ist. Unsere Befürchtung ist, dass diese für Paddler glückliche Kombination der Umstände dazu führt, dass die Zeltwiese auf Hooge, die wir uns als Ziel ausgesucht haben, überfüllt sein könnte. Wir hatten solche Befürchtungen schon für den Parkplatz in Schlüttsiel gehegt, aber die haben sich erfreulicherweise nicht bestätigt. Wir werden uns nach den Gegebenheiten vor Ort spontan entscheiden, unsere Pläne anzupassen.
Ich fahre nun schon seit anderthalb Jahrzehnten mit meinem Boot auf Tour. Ich bin in vielem sehr gut, in manchem fast professionell, aber in einem bin ich auf dem Niveau eines Anfängers stehen geblieben: Wenn es darum geht zu entscheiden, was alles absolut notwendig ist, auf so eine Tour mitgenommen zu werden, schleppe ich Unmengen von Ballast mit mir herum, weil ich mich nicht durchringen kann, meine Sandalen zu Hause zu lassen, wenn ich schon meine Halbschuhe eingepackt habe. Insbesondere beim Essen treibt mich im Vorfeld immer die Panik um, ich könnte bei so einer Unternehmung verhungern. Da nehme ich dann doch lieber vier Joghurts mit, auch wenn die Tour nur drei Gelegenheiten zum Frühstück bietet, zwei Gläser Marmelade, weil ich gerne zwischen Kirsch und Erdbeer wählen können möchte, oder einen Liter Milch, von dem ich dreiviertel am zweiten Tag wegschütte, weil er sauer geworden ist. Diese Tour ist einen guten Tag länger als eine normale Wochenendtour, also nehme ich sicherheitshalber doppelt so viel Proviant mit. Ein seelischer Defekt, der seine Wurzel vermutlich in den Erzählungen meiner Eltern von Hunger und Entbehrungen im Krieg hat. Begünstigt wird dieses Übel noch durch die Tatsache, dass mein Boot für alles Platz bietet und ich mich nicht bescheiden muss.
Auf dieser Tour soll mein neues GPS-Gerät seinen ersten, ernsthaften Einsatz erfahren. Da wir heute nicht Helgoland ansteuern wollen sondern nur Hooge, kann man selbst ohne Kompass nach Sicht fahren - wenn man Nordstrandischmoor, Hamburger Hallig und Habel in die richtige Reihenfolge gebracht hat! Trotzdem ist es eine gute Übung mit dem Gerät umzugehen und zu sehen, wie mit zunehmender Zeit die Stromunterstützung immer deutlicher wird. Nachdem wir östlich um Gröde herum sind und uns nach Westen wenden, fahren wir fast ständig mit zehn Stundenkilometern. Als wir in den noch gut gefüllten Segelhafen von Hooge einlaufen, sind wir zwar etwas baff aber doch erfreut, dass die Zeltwiese komplett leer ist. Nach einigen Diskussionen, wer denn den besten Platz belegen darf, haben wir unsere Zelte gleichmäßig über das Areal verteilt. Am späteren Nachmittag trudeln noch drei sehr angenehme Holländer ein, die allesamt den gleichen, alten Bootstyp fahren: einen P&H Baidarka Explorer.
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