Sonntag, 5. Juni 2011

Himmelfahrt mit GPS - Sonntag (4/4)

Das Problem an Hooge ist das Niedrigwasser. Wenn man es nicht liebt, hüfttief durch schleimigen Schlick zu waten, besteht keine Möglichkeit, den Hafen nahe Niedrigwasser anzulaufen oder zu verlassen. Unser erster Ansatz, drei Stunden nach Niedrigwasser loszufahren, hatte den Nachteil, dass wir erst sehr spät zu Hause sein würden. Deshalb haben wir gestern abend noch einmal drüber nachgedacht und einen Ansatz gewählt, der abermals ein frühes Aufstehen beinhaltete: Drei Stunden vor  Niedrigwasser los nach Hilligenlei, dort auf den Tidenkipp warten und dann zurück nach Schlüttsiel. Das hatte den unleugbaren Vorteil, dass wir etliche Stunden sparen würden - zum Preis einer kurzen Nacht. Da ab fünf Uhr morgens aber eh die Schar der gefiederten Krachmacher emsig ihrem Gewerbe nachgeht, muss man sich sowieso meist Mühe geben, deutlich länger zu schlafen. Also früh aufstehen und früh ankommen!

Drei Stunden vor Niedrigwasser ist ein guter Kompromiss, was das Einsetzen der Boote angeht. Aber um diese Zeit geht natürlich der volle Strom durch die Süderaue quer zu unserem beabsichtigten Kurs. Wir sind gespannt, wie gut wir damit umgehen können, oder ob es uns an Langeness vorbei Richtung Amrum spült. Ich ziehe wieder mein GPS zu Rate und gebe Hilligenlei als Ziel an. Der Vorhaltewinkel ist mit 30 Grad überraschend moderat, aber die Überprüfung der Peilung bestätigt diese Vorgabe. Es dauert nicht einmal eine Dreiviertelstunde, bis wir nur einige hundert Meter vor unserem Ziel die Boote verlassen müssen, weil das Wasser zu flach ist. Trenk schafft es noch, sein Boot durch simples Ziehen auf die andere Seite der Sandbank zu bringen, aber der Boden bei Jörgs und meinem Boot ist runder und nicht so flach, so dass wir letztlich meinen Bootswagen bemühen, um die kurze Strecke zu bewältigen. Direkt neben dem Anleger in Hilligenley lassen wir unsere Boote auf dem Sand liegen.

Eigentlich hätten wir hier gute zwei Stunden Pause machen können, aber wir sind nach einer knappen Stunde mehr als ausgeruht und aufgefrischt genug und ungeduldig, weiter zu fahren. So paddeln wir die erste Stunde im Langenessfahrwasser noch gegen den Strom, aber dafür durchqueren wir das Wattenmeer auch mal bei totalem Niedrigwasser, was sonst eher selten passiert. Wir haben des öfteren Grundberührung und ziehen eine gehörige Heckwelle hinter uns her, aber ein Kajak ist ein verdammt gut geeignetes Fahrzeug, dieses Labyrinth aus Fahrrinnen und Flachstellen zu befahren. So kommen wir unerwartet früh in Schlüttsiel an - zu früh, denn es besteht nicht die geringste Möglichkeit, die Boote verlassen zu können. So dümpeln wir noch zwanzig Minuten im Hafen herum, bevor wir nahe genug an den kleinen Steg der Segelboote herankommen, um uns aus den Booten zu schlängeln.

Auch wenn die Witterung keine Notwendigkeit erzwungen hat, die Tour war eine gute Gelegenheit, Umgang und Segen eines GPS-Gerätes hautnah zu praktizieren und zu erfahren. Unterm Strich muss ich sagen: eine lohnende Anschaffung, die viele neue Möglichkeiten erschließt. Aber natürlich nimmt einem so ein Gerät nicht die Verantwortung ab, sich mit den Gegebenheiten so vertraut zu machen, dass man mit ihnen auch ohne so ein Gerät umgehen kann. Erst wenn man sich darüber sicher ist, kann ein GPS-Gerät seinen vollen Nutzen entfalten.

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