Freitag, 19. August 2011

Fördetour: Grenzüberschreitung

Ein Anruf um die Mittagszeit signalisiert Bedenken: Da ist viel Wind auf dem Wasser, das wir zu queren gedenken. Es stimmt, aber erstens soll der Wind gegen Abend nachlassen und zweitens ist es nicht dergestalt, dass man sich die Situation nicht vor Ort ansehen sollte und drittens haben wir Alternativen.

Als ich mit Birke in Habernis ankomme, haben Trenk-Ick-bin-all-dor und sein Sohn Ron ihre Boote bereits abgeladen. Die Förde ist voller weißer Schaumkronen - aber die beiden hegen keine Zweifel, dass sie da raus wollen. Ich möchte die Nachfolgenden nicht unter Druck setzen und lasse unsere Boote vorerst auf dem Autodach. Ehrlich gesagt, sind da ziemliche Schaumkronen und es sieht wirklich bedrohlich aus, wenn die Sonne zwischen den Wolken hervorbricht und die Kämme so richtig zum Leuchten bringt. Eigentlich möchte ich schon, dass wir alle zusammen mit dem Boot auf die andere Fördeseite fahren und nicht mit dem Auto. So hoffe ich, dass die anderen noch so lange brauchen, bis sich der Wind tatsächlich etwas gelegt hat oder dass zumindest nicht gerade die Sonne scheint, wenn wir die Situation gemeinsam begutachten.

Und so ist es dann auch: Als Karen, Britta und Klaus-Peter eintreffen, ist es durchgehend bewölkt und es scheint sogar ein kleines bisschen weniger zu wehen. Ich gebe kurz meine Einschätzung wieder: "Es wird spritzen. Ich bin überzeugt, dass es innerhalb eurer Möglichkeiten liegt, aber ich will euch nicht überreden, ihr müsst es wollen." Dann stelle ich die Alternativen dar, wie wir das Wochenende auch verbringen könnten. Nach kurzer Betrachtung der Umstände kommt die Einschätzung: "Ja, das wird spritzen!" Wir brauchen etwas länger als geschätzt für das Packen der Ausrüstung. Aber wir sind erfreulich früh losgekommen, so dass wir noch viel vom Tag haben werden. Fast Punkt sieben Uhr schwimmen wir im vollkommen glatten Wasser vor der Au von Habernis.

Das mit dem glatten Wasser gibt sich nach wenigen hundert Metern, als der Windschutz der Steilküste nachlässt. Es fängt leidlich an zu spritzen, die Wellen werden höher. Es weht ein strammer Fünf-bis-Sechser-Wind genau aus West, unser Ziel liegt im Norden, und  wunderbarer Weise fahren alle einen Vorhaltewinkel, der die Abdrift mehr als kompensiert. Nach kurzer Zeit kommt die Sonne heraus und taucht alles in ein goldenes Gegenlicht. Mit zunehmender Entfernung vom Ufer werden die Wellen immer höher, so dass die Boote der anderen nur noch zu sehen sind, wenn sie die Kämme überqueren. Hin und wieder klatschen uns die brechenden Spitzen gegen die Brust. Ich muss mittlerweile darauf achten, dass mir der Rest der Bande nicht allzu stark nach Westen in den Wind dreht, um keinen unnötigen Umweg zu fahren. Sonst habe ich eher das Problem, eine immer auf das Ziel fixierte Gruppe von meinem Vorhaltewinkel zu überzeugen. Die beeindruckenden Wellen, die bei direktem Anvisieren unseres Ziels genau von querab kämen, lassen die Gruppe deutlich "zur sicheren Seite" tendieren, also mit dem Bug in die Wellen. Aber nach anfänglicher "Konzentriertheit" macht sich zunehmend Entspanntheit breit. Als wir schließlich in die Abdeckung von Broager kommen, zückt Karen sogar ihren Fotoapparat: Ein sicheres Zeichen von Souveränität!

Der Treppenbaum des "Overnattningsplats" bleibt  wohl eine schöne Erinnerung - aber ich habe ja extra meinen Wurfsack mit dem langen Seil mitgenommen, so dass wir diesmal für den steilen Anstieg sogar ein Geländer haben. Oben lagern bereits drei Wanderer, die das Wochenende den Gendarmenstig entlangwandern. Die Schauer des Nachmittages sind Geschichte und wir lassen den Tag  gemütlich am Tisch sitzend ausklingen. Irgendwann kriecht der Mond gelb und unrund hinter dem Horizont hervor.

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