"Holla!" Als wir um die Ecke biegen und der Blick auf das Wasser frei wird, sind wir einigermaßen überrascht vom Geschäum, das sich auf der Förde zeigt. Eigentlich sind die Verhältnisse genau im Einklang mit den Tabellen über Windstärke, Fetch und Wirkdauer, die ich gerade für meinen Navigationsvortrag zusammentrage. Aber irgendwie will man es doch nicht so recht wahrhaben, dass eine laue Windstärke vier solch grimmige Wellen erzeugt. Aber der Ostwind bläst seit vier Tagen aus östlicher Richtung und seit zwei Tagen sogar nordöstlich. Und da sind schäumende Wellen, die auf den Strand brechen, vielleicht unerwünscht oder unangenehm aber eben nicht ungewöhnlich.
Wir tigern etwas unentschlossen am Ufer herum, werfen einen Blick um die Ecke Richtung Stohl, erfreuen uns an der fantastisch guten Sicht, aber das mulmige Gefühl in der Magengegend lässt sich nicht durch Beschwichtigungen aus der Welt schaffen. Hier gibt es keine Gelegenheit zum Einpaddeln, die Wellen sind gleich am Anfang am bissigsten, die Wassertemperatur ist mittlerweile unter drei Grad, da ist kein Spielraum, und Spaß und Entspannung sind nach anderswo verweht.
Wir setzen um zum anderen Leuchtturm: Friedrichsort. Hier ist es viel geschützter und die vier Windstärken können bei den 2 Kilometern Fetch, die ihnen hier zur Verfügung stehen, nichts Schlimmes zusammenschieben. Wir queren in Ruhe das Fahrwasser und sichten zu unserer Überraschung einen weiteren Paddler, der sich von Norden her nähert. Es ist einer der seltenen echten Seekajaker aus dem Nachbarklub. Chapeau! Bei den Verhältnissen alleine hier heraus zu fahren, ist nicht ohne!
Wenige hundert Meter von der Glockentonne entfernt, beginnt die See deutlich höher zu werden. Hier kommen wir in den Bereich, in den noch die um die Ecke gebogenen Wellen von der offenen Ostsee rollen. Es ist wirklich beeindruckend, wie groß der Unterschied nach nur wenigen hundert Metern sein kann. Es soll heute eine betont kleine Tour werden, denn sowohl Jörg als auch ich selbst wollen den Tag noch anderweitig nutzen. So wenden wir uns hier nach Süden, fahren gemütlich mit den Wellen und dem Wind bis kurz hinter die Tonne 10 und wenden uns dann wieder dem anderen Ufer zu. Beim Anlanden am Strand will ich es besonders gut machen, öffne meine Spritzdecke sehr rechtzeitig und lasse ein Bein bereits aus dem Cockpit hängen. Zwar komme ich recht schnell aus dem Boot, aber ein besonders gemeiner Brecher nutzt den kleinen Moment, den ich brauche, um meinen Bug zu fassen und flutet das Cockpit zu drei Vierteln. Das muss ich noch etwas üben!
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