Die Nacht war ausgsprochen ruhig - keine lärmenden Schafe, keine turtelnden Tauben, keine piependen Matze. Aber: am Morgen tröpfelt leise Regen auf unsere Hütten. Ein erster Blick nach draußen bleibt nach wenigen Metern im dichten Nebel stecken. Das wird interessant: auch heute haben wir 15 Kilometer freies Wasser vor uns, aber momentan nur 300 Meter Sicht. Mit GPS würde auch ein Blinder zurück finden - aber das liegt ja daheim in der Teeküche! Was soll's - wofür sind wir gewiefte Navigatoren?
Wir sind heute extra vor dem Aufwachen aufgestanden, um früh in Hov anzukommen, denn wir haben ja noch den gesamten Rückweg nach Kiel vor uns. Außerdem haben wir den meisten Proviant bereits aufgegessen, so dass das Packen mittlerweile recht flott von der Hand geht. Um neun Uhr sitzen wir in unseren Booten und einigen uns auf einen Kurs, den wir vorerst durch die jetzt ca. 500 Meter Sicht steuern wollen.
Wir wollen versuchen, die beiden fast auf dem direkten Kurs liegenden Untiefentonnen zu treffen, damit wir zwischendurch eine Referenz haben, wo wir uns befinden. Es ist einfach unglaublich, wie wenig Sinn man für eine absolute Richtung hat. Wir halten unsere Kompasse fest im Blick und steuern stur den angesagten Kurs, aber wir haben ständig das Gefühl, als würden wir einen recht engen Kreis nach rechts fahren. Ohne Kompass wären wir hier hoffnungslos aufgeschmissen.
Unsere Blicke suchen ständig nach der ersten Tonne, die wir ansteuern wollen. Das Problem ist, dass wir nicht wissen, wie viel wir in welche Richtung versetzt werden. Also müssen wir unseren Erwartungswinkel, innerhalb dessen das ersehnte Objekt auftauchen soll, ständig anpassen. Man muss schon Vertrauen behalten und darf sich nicht verunsichern lassen, denn ständig denkt man: "Nun müsste sie aber doch auftauchen!". Irgendwann erscheint eine Struktur, die sich schüchtern vom Nebel abhebt. Das ist unsere Tonne! Natürlich gar nicht dort, wo wir sie vermutet hätten, sondern deutlich weiter östlich. Also haben uns Strom und Wind viel stärker versetzt, als wir erwartet haben.
Wir fahren erst direkt zur Tonne, einigen uns auf einen deutlicheren Vorhaltewinkel und spielen dann das Spielchen "Tonne, komm raus!" von neuem. Nach Plan und Karte müssten wir uns die gesamte Zeit in recht tiefem Wasser aufhalten. Irgendwann wird die Farbe des Wassers aber immer grünlicher, was uns sagen will, dass wir näher an den Svanegrund heran gekommen sind, als für den richtigen Kurs gut gewesen wäre. Also korrigieren wir unsere Vorgabe nochmals und fahren fortan in direktem Weg auf unser noch lange unsichtbares Ziel zu. Gewiefte Navigatoren eben!
Wir müssen noch eine Pause in der Nähe der flachen Insel vor Hov machen, weil wir sonst viel zu früh ankommen würden und unsere Brote noch gar nicht gegessen hätten: Wir sind die gesamte Zeit mit konstant fast acht Stundenkilometern durch den Nebel geglitten! Als ich meine Sachen vom Boot ins Auto trage und auf die vorgesehenen Behälter verteile, entdecke ich in meiner roten Packtasche mein fertig programmiertes und prall geladenes GPS-Gerät!
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