Früh am Morgen treffen sich eine Handvoll Tauben in den Kiefern über unseren Zelten, um sich ausgiebig über ihre letzten Abenteuer in Bulgarien und Rumänien auszutauschen. Übers Brüten und Gurgeln mit Gurkenwasser, über gutmütige Bullen und Gourmets in gruftigen Grotten. Ansonsten ist der Strandskoven Campingplatz sehr schön gelegen und hat ein Herz für Kajaker. Wir zelten auf einer Rasenfläche direkt am Wasser. Außerdem gibt es hier bemerkenswerte Brötchen: die sind voller Teig statt voller Luftblasen und schmecken ausgesprochen lecker! Heute soll es bis nach Endelave gehen und auch das ist nicht eben um die Ecke, so dass wir unser Frühstück wieder mit großer Sorgfalt gestalten.
Der Himmel ist heute nicht so blau wie gestern, eher verschlafen grau. Aber es ist trocken und nicht kalt. Der Südteil der Insel scheint während der Wikingerzeit als Friedhof gedient zu haben, denn immer wieder treffen wir auf Grabstätten oder merkwürdige Landschaftsformen, die nur durch Grabstätten erklärt werden können, die durch die Landwirtschaft verschont werden. Der leichte Wind weht östlich, so dass er nicht hindert und uns sanft schiebt, nachdem wir die Südostspitze umrundet haben.
Auch die Südspitze der Insel ist dünn besiedelt und hat seichte Strände und Kiefernwälder. Den am Südwestende gelegenen Leuchtturm haben wir bereits nach weniger als zwei Stunden erreicht. Man kann hier zwar wunderbar anlanden, aber alles andere ist ausdrücklich verboten und auch nicht ohne Probleme zu realisieren. Bevor es die 15 Kilometer über das offene Wasser geht, wollen wir eine Pause machen und uns etwas die Beine vertreten. Auf dem Weg zum Leuchtturm kommt uns ein Däne entgegen, der uns anspricht, weil wir in unserem Aufzug etwas merkwürdig aussehen. Er spricht immerhin ein wenig deutsch, so dass wir tatsächlich etwas von dem verstehen, was er zu erzählen hat. Auch er gibt einen erheblichen Teil seiner Lebensgeschichte preis, dass er in Marstall als Fleischer gearbeitet hat und auch zur See gefahren ist. Als er erfährt, dass wir mit unseren Kajaks nach Endelave fahren wollen, lacht er lauthals und tippt sich mit dem Finger an die Stirn. Aber immerhin meint er, dass wir kräftige Körper hätten und es schon schaffen würden.
Man kann den Leuchtturm besteigen und hat von oben einen wunderschönen Blick über die Insel und das Meer. Aber man sollte die Besteigung besser ohne Schwimmweste um den Oberkörper angehen, denn die Wendeltreppe ist dermaßen eng, dass man Gefahr läuft, darin stecken zu bleiben und Probleme bekommt, wenn man nicht panikfest ist. Außerdem sollte das Wetter besser sein, denn der Himmel ist immer noch grau, so dass der Raps auf den Feldern nicht leuchten will. Und Endelave ist auch nicht zu sehen, weil es für den Dunst viel zu weit entfernt liegt.
Wir sind gewiefte Navigatoren. Mit Seekarte und Kompass gewappnet ist es kein Problem für uns, eine Insel anzusteuern, die doppelt so weit entfernt liegt, wie die Sicht zu gucken erlaubt. Außerdem haben wir immer noch einen leichten Hauch von Wind im Rücken, der uns in die richtige Richtung hilft. Mit der beachtlichen Geschwindigkeit von konstant zwischen sieben und acht Stundenkilometern erreichen wir viel früher und müheloser als erwartet nach weniger als zwei Stunden die Insel Endelave. An seiner Nordspitze ist ein von der Meeresströmug aufgespültes Flach, das wir für unsere Übernachtung ausgewählt haben.
Es ist noch eine Gruppe von Spaziergängern am Strand unterwegs, die nach Steinen, Muscheln und anderen seltenen Dingen sucht. Nachdem wir unsere Boote hinter den schützenden Strandwall getragen haben, kommen sie auf uns zu, um ihre Sorge über ein merkwürdiges Gebilde auf der anderen Seite des Flachs auszudrücken. Es handelt sich um eine offensichtlich vertriebene Boje, die so schief im Wasser liegt, dass man sie für einen gestrandeten Surfer halten könnte. Wir versichern, dass wir die Sache mit unserem Fernglas untersuchen und uns gegebenenfalls kümmern werden. Mit dabei ist auch Mathilda, die so fasziniert von den beiden merkwürdigen Gestalten ist, dass sie jeden von uns ausgiebig bei der Hand fassen muss, um zu glauben, dass wir echt sind. Nach einem ausgiebigem Spaziergang durch die nähere, verlassen wirkende Umgebung, brate ich mir zum Abendbrot endlich die zwei im Tuppertresor mitgebrachten Eier mit dem fetten Speck, einer von Jörg beigesteuerten Salami und den beiden Frühlingszwiebeln aus meinem Gewächshaus.
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