Sonntag, 19. Mai 2013

Samsö rund: Lang zum Campingplatz (2/4)

Der Morgen begrüßt uns mit strahlendem Sonnenschein. Wir lassen uns alle Zeit der Welt mit dem Frühstück, denn wir wollen Urlaub machen. Frisch gestärkt machen wir uns auf, einen kleinen Spaziergang das Steilufer entlang zu unternehmen. Die Nord-Westspitze der Insel ist Brutgebiet für Gryllteisten. Das ist eine Lummenart, die sonst nur in arktischen Gefilden vorkommt. Es ist das erste Mal, dass ich solche Viecher zu Gesicht bekomme und sie gefallen mir ausgesprochen gut. Sie sind sehr scharf gezeichnet, haben leuchtend rote Beine und sind im allgemeinen paarweise unterwegs, wobei sich die Partner immer wieder gegenseitig zuschnäbeln. Allerdings können wir keine Brutpaare entdecken. Möglicherweise deutet das intensive Schnäbeln darauf hin, dass sie noch gar nicht mit dem Brüten angefangen haben.

Neben den Lummen schwirren Unmengen von Uferschwalben durch die Luft, die mit ihren Nesthöhlen die komplette Steilküste durchlöchert haben. Wir treffen auf einige Hasen und an den Hängen brütende Möven. Ein Idyll, das eine ruhige, gelassene Stimmung erzeugt.

Während wir unsere Sachen zusammenpacken, kommt der örtliche Bauer in riesigen Gummistiefeln mit seinem Hund auf unseren Lagerplatz zumarschiert. Er spricht uns gleich an - auf Dänisch. Ich kann ihm mit meinen Schwedisch- und Norwegisch-Kenntnissen verständlich machen, dass wir seine Sprache leider so gar nicht verstehen, und dass wir Deutsch und Englisch als Austauschformat anbieten könnten. Deutsch oder Englisch kann er nicht bieten, dafür stört es ihn aber nicht im Geringsten, dass wir kein Dänisch verstehen und er erzählt uns in aller Seelenruhe geduldig seine Lebensgeschichte. Auch wenn ich manchmal einen Brocken verstehe und meinerseits etwas zum Besten gebe - Unterhaltung kann man das zwar nicht nennen, aber herzlich war es trotzdem!

Wir haben den ganzen Tag Zeit und kein ambitioniertes Ziel. Zwar gibt es hier einen Tideneinfluss, aber der klaut einem nicht das gesamte Wasser, und auch das Wetter wirft keine Falten auf unsere Stirn, so dass wir in aller Gemütsruhe unsere Geschäfte erledigen, die Boote startklar machen und dann das im Dunst der Ferne liegende Samsö anpeilen. Nachdem wir in das freie Wasser zwischen den Inseln gekommen sind, peilen wir die äußerste Nord-West-Spitze von Samsö an und steuern konstant 75 Grad. Wind und Strom sorgen dafür, dass wir immerhin um 15 Grad versetzt werden. Auch wenn der Strom hier nicht wirklich ein Problem darstellt, vernachlässigen kann man ihn jedenfalls nicht.


Der Nordteil von Samsö ist kaum besiedelt und wunderschön hügelig. Mit seinen grünen Weideflächen sieht er aus wie ein überdimensionaler Golfplatz. Ganz im Norden wird die Insel von reichlich flachem Wasser eingefasst, auf das die Wellen des offenen Kattegats prallen. Trotz des mäßigen Windes sehen wir schon von weitem schäumende Brecher. Hinter der Spitze, an der zum offenen Wasser gelegenen Ostseite, können wir die Wellen genießen, die der beständige Ostwind auf seinem langen Weg von Schweden her zusammengeschoben hat. Ab hier haben wir auch den Wind im Rücken und wir können die Küste gemütlich nach einem geeigneten Pausenplatz absuchen.

Ein solcher ist auch bald gefunden und im kräftig wärmenden Sonnenschein liegen wir im grünen Gras, blicken auf das blaue Meer und genießen den weiten Himmel. Mit Jörgs Fernglas können wir schon unser nächstes Zwischenziel ausmachen: Die Durchfahrt zwischen der Insel Kyholm und der langen und schmalen Halbinsel Besser Rev.


Die Fahrt dahin ist lang und das Besser Rev ist es ebenfalls und nach unserer Erinnerung müsste kurz danach der Zeltplatz liegen, den wir für heute anlaufen wollen. Hätte ich mein GPS-Gerät dabei, wüssten wir ganz genau, wie weit es ist und wo er liegt. So aber müssen wir unsere geschätzte noch zurückzulegende Strecke ständig verlängern und erreichen ziemlich lustlos den wirklich schön gelegenen Campingplatz von Ballen. Ein kleiner Abendspaziergang führt uns in den zwei Kilometer weiter südlich gelegenen Ort mit dem wunderschön verträumten Hafen. Es ist Pfingsten und die Segelboote haben alle ihre verfügbaren Wimpel in die Wanten gesetzt.

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